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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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sich der Hoffnung hingibt, eine Reform des Hypothekenwesens, und gehe sie
auch noch so weit den heutigen Ansprüchen des Capitals entgegen, um es
anzuziehen, könne direct diese Wirkungen hervorrufen. Eine solche Reform
wird die Hauprursache des Mangels nicht heben, ja nicht einmal berühren.....
Alles, was eine Reform des bestehenden Rechts leisten kann, ist eine Be¬
seitigung formeller Hindernisse und Erschwerungen, um den begründeten oder
vermeintlichen Vorwurf zu vermeiden, daß in dem gesetzlichen Bestehen solcher
Hindernisse der Grund liege, weßhalb das Capital ausbleibe oder sich nur
unter drückenden Bedingungen finden lasse."

Andererseits aber wird doch auch die Gesetzgebung diejenigen Einrich¬
tungen zu treffen haben, welche eine dem Bedürfniß entsprechende Organi¬
sation des Realcreditverkehrs zu ihrer Voraussetzung hat. Nur aus der
Grundlage solcher Einrichtungen werden Institutionen errichtet werden kön¬
nen, welche der Aufgabe vollständig Genüge leisten, wird sich ein Geschäfts¬
gang entwickeln und einleben können, welcher durch die größtmöglichste Rasch¬
heit, Leichtigkeit und Billigkeit den nach allen Richtungen so sehr entwickelten
Verkehrsverhältnissen der Jetztzeit entspricht, insbesondere auch die Ansprüche
des durch die Entwickelung des Effectenverkehrs so bequem gewordenen Capi- '
talistenpublicums befriedigt.

Die bereits angezogenen Motive (S. 21) bezeichnen denn auch den der
Reform der Hypothekengesetzgebung vorgezeichneten Weg dahin:

"Daß es bei der Feststellung der allgemeinen Gesichtspunkte ebenso, wie
bei der speciellen Durchführung wesentlich auf die Befriedigung der prak¬
tischen Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs ankomme."

Sowohl praktische Erfahrungen als theoretische Erwägungen lassen nun
Wohl keinen Zweifel darüber bestehen, daß einer der wesentlichsten und für
den Kapitalisten fühlbarsten Mißstände der hypothekarischen Capitalanlage
gegenüber der Anlage in Staatspapieren und sonstigen Effecten der Mangel
eines bequemen und prompter Zinsbezuges ist. Den Staatspapieren sind
besondere Zinsabschnitte (Coupons) beigegeben, welche Papiere an portsur
sind und mittels deren, von Fällen gänzlicher oder theilweiser Insolvenz des
Schuldners abgesehen, der Capitalist seine Zinsen durch Vermittelung des
Bankgeschäfts ohne jede Unbequemlichkeit und mit voller Sicherheit an dem
Verfalltag, vielfach schon früher, einziehen kann. Er gibt dieselben einfach
seinem Banquier ab, der ihm den betreffenden Betrag je nachdem mit einem
kleinen Provisionsabzug baar ausbezahlt oder gutschreibt.

Bei hypothekarischen Capitalanlagen war bisher an eine ähnliche Ein¬
richtung nicht zu denken. An und für sich widersprach schon der ganze Geist
der bestehenden Hhpothekengesetzgebung jeder derartigen Mobilisirung der
Jmmobiliarwerthe. Die Rechtsformen, auf welche der Hypothekenverkehr that-


Grenzboten I. 1369. 23

sich der Hoffnung hingibt, eine Reform des Hypothekenwesens, und gehe sie
auch noch so weit den heutigen Ansprüchen des Capitals entgegen, um es
anzuziehen, könne direct diese Wirkungen hervorrufen. Eine solche Reform
wird die Hauprursache des Mangels nicht heben, ja nicht einmal berühren.....
Alles, was eine Reform des bestehenden Rechts leisten kann, ist eine Be¬
seitigung formeller Hindernisse und Erschwerungen, um den begründeten oder
vermeintlichen Vorwurf zu vermeiden, daß in dem gesetzlichen Bestehen solcher
Hindernisse der Grund liege, weßhalb das Capital ausbleibe oder sich nur
unter drückenden Bedingungen finden lasse."

Andererseits aber wird doch auch die Gesetzgebung diejenigen Einrich¬
tungen zu treffen haben, welche eine dem Bedürfniß entsprechende Organi¬
sation des Realcreditverkehrs zu ihrer Voraussetzung hat. Nur aus der
Grundlage solcher Einrichtungen werden Institutionen errichtet werden kön¬
nen, welche der Aufgabe vollständig Genüge leisten, wird sich ein Geschäfts¬
gang entwickeln und einleben können, welcher durch die größtmöglichste Rasch¬
heit, Leichtigkeit und Billigkeit den nach allen Richtungen so sehr entwickelten
Verkehrsverhältnissen der Jetztzeit entspricht, insbesondere auch die Ansprüche
des durch die Entwickelung des Effectenverkehrs so bequem gewordenen Capi- '
talistenpublicums befriedigt.

Die bereits angezogenen Motive (S. 21) bezeichnen denn auch den der
Reform der Hypothekengesetzgebung vorgezeichneten Weg dahin:

„Daß es bei der Feststellung der allgemeinen Gesichtspunkte ebenso, wie
bei der speciellen Durchführung wesentlich auf die Befriedigung der prak¬
tischen Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs ankomme."

Sowohl praktische Erfahrungen als theoretische Erwägungen lassen nun
Wohl keinen Zweifel darüber bestehen, daß einer der wesentlichsten und für
den Kapitalisten fühlbarsten Mißstände der hypothekarischen Capitalanlage
gegenüber der Anlage in Staatspapieren und sonstigen Effecten der Mangel
eines bequemen und prompter Zinsbezuges ist. Den Staatspapieren sind
besondere Zinsabschnitte (Coupons) beigegeben, welche Papiere an portsur
sind und mittels deren, von Fällen gänzlicher oder theilweiser Insolvenz des
Schuldners abgesehen, der Capitalist seine Zinsen durch Vermittelung des
Bankgeschäfts ohne jede Unbequemlichkeit und mit voller Sicherheit an dem
Verfalltag, vielfach schon früher, einziehen kann. Er gibt dieselben einfach
seinem Banquier ab, der ihm den betreffenden Betrag je nachdem mit einem
kleinen Provisionsabzug baar ausbezahlt oder gutschreibt.

Bei hypothekarischen Capitalanlagen war bisher an eine ähnliche Ein¬
richtung nicht zu denken. An und für sich widersprach schon der ganze Geist
der bestehenden Hhpothekengesetzgebung jeder derartigen Mobilisirung der
Jmmobiliarwerthe. Die Rechtsformen, auf welche der Hypothekenverkehr that-


Grenzboten I. 1369. 23
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/189>, abgerufen am 28.09.2024.