Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

stand durch Einziehung ihrer Reserven bilden, so geschah dies nur im Interesse
der Uebersichtlichkeit und muß in dem eben erläuterten Sinne aufgefaßt werden.

Soll nun diese Feldarmee in der Stärke von 86,221 Mann für ihren
Zweck intact erhalten, also lediglich gegen den Feind verwendet werden, so
versteht es sich von selbst, daß für eine genügende Anzahl von Depottruppen
gesorgt sein muß. Diesem Bedürfnisse kommt die bairische Wehrverfassung
dadurch nach, daß sie sogleich bet der Aushebung eines jeden Jahrganges,
sobald der Friedensformationsstand gedeckt ist, aus der Zahl der noch Verfüg¬
baren eine bestimmte Quote als Ersatzmannschaft erster Classe ausscheidet mit
der Bestimmung, im Falle der Mobilisirung die nothwendigen Depot¬
abtheilungen zu bilden. Dieselben werden sogleich mit der Ergänzung des
Friedensformationsstandes den einzelnen Heeresabtheilungen zugewiesen. Die
Ltnien-Jnfanterieregimenter bilden hieraus bei der Mobilmachung ihre 4 Ba¬
taillone, und da jedes derselben, die Chargen abgerechnet, 912 Mann zählt und
die Ersatzmannschaften, die in gleicher Eigenschaft auch in die Reserve über¬
gehen, aus allen 6 Jahrgängen des stehenden Heeres zu formiren sind, so
müssen jedem Infanterieregimente jährlich 162 Ersatzleute überwiesen werden.
Wer in die active Armee wirklich eingereiht und wer nur als Ersatzmann
derselben überwiesen wird, darüber entscheidet das Loos.

Was dann an Wehrpflichtigen nach Deckung des Formationsstandes
und der Ersatzmannschaften I. Classe noch übrig ist, bleibt als Ersatzman¬
schaft II. Classe in Listen und unter Controle des betreffenden Landwehrcom-
mandos, ohne selbst bei einer Mobilisirung vorerst in Anspruch genommen
zu werden. Sie haben lediglich den Zweck, diejenigen Lücken seiner Zeit aus¬
zufüllen, welche der Krieg in die Armee reißt, und bilden also eine Reserve
im weitesten Sinne des Wortes.

Nach dieser Betrachtung des stehenden Heeres kann nunmehr zur Land¬
wehr übergegangen werden.

Wie bereits erwähnt, tritt der Mann, der 3 Jahre in der activen Armee
und 3 Jahre in der Reserve gedient hat, unter Beibehaltung der Waffen¬
gattung, der er im stehenden Heere zugetheilt war, in die Landwehr über,
aus der jedoch nur bei der Infanterie selbständige Heerkörper, sog. Landwehr¬
bataillone, gebildet werden. Jedes Infanterieregiment hat von diesen
Landwehrbataillonen je 2, sodaß zu dem stehenden Heere auf diese Weise noch
32 weitere Bataillone als V, und VI. eines jeden Regimentes hinzukommen.

Es ist jedoch in dem Gesetze ausgesprochen, daß im Kriegsfalle aus den¬
selben besondere Landwehrtruppenkörper gebildet werden, welche nur zur Unter¬
stützung und als Reserve des stehenden Heeres verwendet und nicht in er¬
ster Linie an den Feind gebracht werden sollen. Ihre Officiere entnehmen
dieselben aus den einjährigen Freiwilligen und den Landwehrwännern selbst.


stand durch Einziehung ihrer Reserven bilden, so geschah dies nur im Interesse
der Uebersichtlichkeit und muß in dem eben erläuterten Sinne aufgefaßt werden.

Soll nun diese Feldarmee in der Stärke von 86,221 Mann für ihren
Zweck intact erhalten, also lediglich gegen den Feind verwendet werden, so
versteht es sich von selbst, daß für eine genügende Anzahl von Depottruppen
gesorgt sein muß. Diesem Bedürfnisse kommt die bairische Wehrverfassung
dadurch nach, daß sie sogleich bet der Aushebung eines jeden Jahrganges,
sobald der Friedensformationsstand gedeckt ist, aus der Zahl der noch Verfüg¬
baren eine bestimmte Quote als Ersatzmannschaft erster Classe ausscheidet mit
der Bestimmung, im Falle der Mobilisirung die nothwendigen Depot¬
abtheilungen zu bilden. Dieselben werden sogleich mit der Ergänzung des
Friedensformationsstandes den einzelnen Heeresabtheilungen zugewiesen. Die
Ltnien-Jnfanterieregimenter bilden hieraus bei der Mobilmachung ihre 4 Ba¬
taillone, und da jedes derselben, die Chargen abgerechnet, 912 Mann zählt und
die Ersatzmannschaften, die in gleicher Eigenschaft auch in die Reserve über¬
gehen, aus allen 6 Jahrgängen des stehenden Heeres zu formiren sind, so
müssen jedem Infanterieregimente jährlich 162 Ersatzleute überwiesen werden.
Wer in die active Armee wirklich eingereiht und wer nur als Ersatzmann
derselben überwiesen wird, darüber entscheidet das Loos.

Was dann an Wehrpflichtigen nach Deckung des Formationsstandes
und der Ersatzmannschaften I. Classe noch übrig ist, bleibt als Ersatzman¬
schaft II. Classe in Listen und unter Controle des betreffenden Landwehrcom-
mandos, ohne selbst bei einer Mobilisirung vorerst in Anspruch genommen
zu werden. Sie haben lediglich den Zweck, diejenigen Lücken seiner Zeit aus¬
zufüllen, welche der Krieg in die Armee reißt, und bilden also eine Reserve
im weitesten Sinne des Wortes.

Nach dieser Betrachtung des stehenden Heeres kann nunmehr zur Land¬
wehr übergegangen werden.

Wie bereits erwähnt, tritt der Mann, der 3 Jahre in der activen Armee
und 3 Jahre in der Reserve gedient hat, unter Beibehaltung der Waffen¬
gattung, der er im stehenden Heere zugetheilt war, in die Landwehr über,
aus der jedoch nur bei der Infanterie selbständige Heerkörper, sog. Landwehr¬
bataillone, gebildet werden. Jedes Infanterieregiment hat von diesen
Landwehrbataillonen je 2, sodaß zu dem stehenden Heere auf diese Weise noch
32 weitere Bataillone als V, und VI. eines jeden Regimentes hinzukommen.

Es ist jedoch in dem Gesetze ausgesprochen, daß im Kriegsfalle aus den¬
selben besondere Landwehrtruppenkörper gebildet werden, welche nur zur Unter¬
stützung und als Reserve des stehenden Heeres verwendet und nicht in er¬
ster Linie an den Feind gebracht werden sollen. Ihre Officiere entnehmen
dieselben aus den einjährigen Freiwilligen und den Landwehrwännern selbst.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0117" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120306"/>
          <p xml:id="ID_332" prev="#ID_331"> stand durch Einziehung ihrer Reserven bilden, so geschah dies nur im Interesse<lb/>
der Uebersichtlichkeit und muß in dem eben erläuterten Sinne aufgefaßt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_333"> Soll nun diese Feldarmee in der Stärke von 86,221 Mann für ihren<lb/>
Zweck intact erhalten, also lediglich gegen den Feind verwendet werden, so<lb/>
versteht es sich von selbst, daß für eine genügende Anzahl von Depottruppen<lb/>
gesorgt sein muß. Diesem Bedürfnisse kommt die bairische Wehrverfassung<lb/>
dadurch nach, daß sie sogleich bet der Aushebung eines jeden Jahrganges,<lb/>
sobald der Friedensformationsstand gedeckt ist, aus der Zahl der noch Verfüg¬<lb/>
baren eine bestimmte Quote als Ersatzmannschaft erster Classe ausscheidet mit<lb/>
der Bestimmung, im Falle der Mobilisirung die nothwendigen Depot¬<lb/>
abtheilungen zu bilden. Dieselben werden sogleich mit der Ergänzung des<lb/>
Friedensformationsstandes den einzelnen Heeresabtheilungen zugewiesen. Die<lb/>
Ltnien-Jnfanterieregimenter bilden hieraus bei der Mobilmachung ihre 4 Ba¬<lb/>
taillone, und da jedes derselben, die Chargen abgerechnet, 912 Mann zählt und<lb/>
die Ersatzmannschaften, die in gleicher Eigenschaft auch in die Reserve über¬<lb/>
gehen, aus allen 6 Jahrgängen des stehenden Heeres zu formiren sind, so<lb/>
müssen jedem Infanterieregimente jährlich 162 Ersatzleute überwiesen werden.<lb/>
Wer in die active Armee wirklich eingereiht und wer nur als Ersatzmann<lb/>
derselben überwiesen wird, darüber entscheidet das Loos.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_334"> Was dann an Wehrpflichtigen nach Deckung des Formationsstandes<lb/>
und der Ersatzmannschaften I. Classe noch übrig ist, bleibt als Ersatzman¬<lb/>
schaft II. Classe in Listen und unter Controle des betreffenden Landwehrcom-<lb/>
mandos, ohne selbst bei einer Mobilisirung vorerst in Anspruch genommen<lb/>
zu werden. Sie haben lediglich den Zweck, diejenigen Lücken seiner Zeit aus¬<lb/>
zufüllen, welche der Krieg in die Armee reißt, und bilden also eine Reserve<lb/>
im weitesten Sinne des Wortes.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_335"> Nach dieser Betrachtung des stehenden Heeres kann nunmehr zur Land¬<lb/>
wehr übergegangen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_336"> Wie bereits erwähnt, tritt der Mann, der 3 Jahre in der activen Armee<lb/>
und 3 Jahre in der Reserve gedient hat, unter Beibehaltung der Waffen¬<lb/>
gattung, der er im stehenden Heere zugetheilt war, in die Landwehr über,<lb/>
aus der jedoch nur bei der Infanterie selbständige Heerkörper, sog. Landwehr¬<lb/>
bataillone, gebildet werden. Jedes Infanterieregiment hat von diesen<lb/>
Landwehrbataillonen je 2, sodaß zu dem stehenden Heere auf diese Weise noch<lb/>
32 weitere Bataillone als V, und VI. eines jeden Regimentes hinzukommen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_337"> Es ist jedoch in dem Gesetze ausgesprochen, daß im Kriegsfalle aus den¬<lb/>
selben besondere Landwehrtruppenkörper gebildet werden, welche nur zur Unter¬<lb/>
stützung und als Reserve des stehenden Heeres verwendet und nicht in er¬<lb/>
ster Linie an den Feind gebracht werden sollen. Ihre Officiere entnehmen<lb/>
dieselben aus den einjährigen Freiwilligen und den Landwehrwännern selbst.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0117] stand durch Einziehung ihrer Reserven bilden, so geschah dies nur im Interesse der Uebersichtlichkeit und muß in dem eben erläuterten Sinne aufgefaßt werden. Soll nun diese Feldarmee in der Stärke von 86,221 Mann für ihren Zweck intact erhalten, also lediglich gegen den Feind verwendet werden, so versteht es sich von selbst, daß für eine genügende Anzahl von Depottruppen gesorgt sein muß. Diesem Bedürfnisse kommt die bairische Wehrverfassung dadurch nach, daß sie sogleich bet der Aushebung eines jeden Jahrganges, sobald der Friedensformationsstand gedeckt ist, aus der Zahl der noch Verfüg¬ baren eine bestimmte Quote als Ersatzmannschaft erster Classe ausscheidet mit der Bestimmung, im Falle der Mobilisirung die nothwendigen Depot¬ abtheilungen zu bilden. Dieselben werden sogleich mit der Ergänzung des Friedensformationsstandes den einzelnen Heeresabtheilungen zugewiesen. Die Ltnien-Jnfanterieregimenter bilden hieraus bei der Mobilmachung ihre 4 Ba¬ taillone, und da jedes derselben, die Chargen abgerechnet, 912 Mann zählt und die Ersatzmannschaften, die in gleicher Eigenschaft auch in die Reserve über¬ gehen, aus allen 6 Jahrgängen des stehenden Heeres zu formiren sind, so müssen jedem Infanterieregimente jährlich 162 Ersatzleute überwiesen werden. Wer in die active Armee wirklich eingereiht und wer nur als Ersatzmann derselben überwiesen wird, darüber entscheidet das Loos. Was dann an Wehrpflichtigen nach Deckung des Formationsstandes und der Ersatzmannschaften I. Classe noch übrig ist, bleibt als Ersatzman¬ schaft II. Classe in Listen und unter Controle des betreffenden Landwehrcom- mandos, ohne selbst bei einer Mobilisirung vorerst in Anspruch genommen zu werden. Sie haben lediglich den Zweck, diejenigen Lücken seiner Zeit aus¬ zufüllen, welche der Krieg in die Armee reißt, und bilden also eine Reserve im weitesten Sinne des Wortes. Nach dieser Betrachtung des stehenden Heeres kann nunmehr zur Land¬ wehr übergegangen werden. Wie bereits erwähnt, tritt der Mann, der 3 Jahre in der activen Armee und 3 Jahre in der Reserve gedient hat, unter Beibehaltung der Waffen¬ gattung, der er im stehenden Heere zugetheilt war, in die Landwehr über, aus der jedoch nur bei der Infanterie selbständige Heerkörper, sog. Landwehr¬ bataillone, gebildet werden. Jedes Infanterieregiment hat von diesen Landwehrbataillonen je 2, sodaß zu dem stehenden Heere auf diese Weise noch 32 weitere Bataillone als V, und VI. eines jeden Regimentes hinzukommen. Es ist jedoch in dem Gesetze ausgesprochen, daß im Kriegsfalle aus den¬ selben besondere Landwehrtruppenkörper gebildet werden, welche nur zur Unter¬ stützung und als Reserve des stehenden Heeres verwendet und nicht in er¬ ster Linie an den Feind gebracht werden sollen. Ihre Officiere entnehmen dieselben aus den einjährigen Freiwilligen und den Landwehrwännern selbst.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/117
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/117>, abgerufen am 28.09.2024.