Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.Entwurfs über die Verkeilung der geforderten Steuern; aber, besangen von Entwurfs über die Verkeilung der geforderten Steuern; aber, besangen von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0104" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120293"/> <p xml:id="ID_280" prev="#ID_279" next="#ID_281"> Entwurfs über die Verkeilung der geforderten Steuern; aber, besangen von<lb/> dem Nimbus der alten Standesherrlichkeit, der sie ihren Sitz auf dem Land¬<lb/> tage verdanken, erkannten die Bürgermeister als Vertreter der Städte so wenig<lb/> als die Ritter in ihrer Majorität die Unmöglichkeit, moderne Steuern auf<lb/> den modernden Stamm des LGGEV. zu pfropfen. Die Frage der Steuer¬<lb/> vertheilung hatte die Stände entzweit, aber über die Bedürfnißfrage waren<lb/> sie einig; diese wurde auf Grund oberflächlichster Berechnungen anerkannt und<lb/> so den Landesherren eine weitere Berathung mit ihren getreuen Ständen trotz<lb/> der von diesen in divergenten Sinne abgegebenen Erklärungen möglich gemacht.<lb/> Die Folge der Decemberverhandlungen des malchiner Landtages war daher,<lb/> daß die Stände nicht zu Weihnachten entlassen wurden, wie sonst üblich,<lb/> sondern die während der Festtage ausgesetzten Verhandlungen wurden noch<lb/> vor Neujahr wieder aufgenommen und werden, wie es nach den letzten De¬<lb/> batten den Anschein hat, zu einer Einigung beider Stände im Sinne der<lb/> Regierungsvorlage führen. Es ist alle Aussicht vorhanden, daß der malchiner<lb/> Landtag dieselbe im Großen und Ganzen gutheißt; vielleicht hat er es schon<lb/> gethan, ehe diese Zeilen die Presse verlassen. Aber das mecklenburgische Volk<lb/> darf sich nicht darüber täuschen, daß eine solche Steuergesetzgebung nur eine<lb/> provisorische sein kann. Die erhöhte Steuerlast, die durch die Hineinziehung<lb/> Mecklenburgs in den Zollverein vorzugsweise gerade auf die Schultern der<lb/> kleineren Steuerzahler gewälzt ist, gibt diesen das Recht zu fragen, ob ihre<lb/> Vertreter, die in Malchin versammelten Stände, vom Standpunkte des<lb/> LGGEV. die jetzt geforderten Steuern — ca. 700,000 Thlr. außer dem um<lb/> circa ebensoviel erhöhten Grenzzoll — bewilligen konnten. Und muß diese<lb/> Frage verneint werden, wie der Bürgermeister Pohl-Schwerin in seinem,um<lb/> 29. December v. I. zum Landtagsprotokoll gegebenen Dictamen überzeu¬<lb/> gend dargethan hat, so dürfen sie fordern, daß die gleichwohl für die Fort¬<lb/> führung des Landesregiments nöthigen Steuern durch solche Organe bewilligt<lb/> werden, wie sie in allen andern Staaten bestehen, zum Mindesten, daß sie<lb/> nicht in größerem Umfange ausgeschrieben werden, als das dringendste Be¬<lb/> dürfniß erheischt, d. h. die Forderung darf nicht verstummen — und sie wird<lb/> immer und aller Orten, außer in Sternberg und Malchin, wiederholt werden<lb/> — daß zur Bewilligung der neuen, durch das Bundesverhältniß Mecklen¬<lb/> burgs nöthig gewordenen Steuern ein neues Organ geschaffen werde, zu¬<lb/> sammengesetzt aus Vertretern der Gesammtheit der Steuerzahler; zum Min¬<lb/> desten aber wird gefordert werden, daß bis dies geschehen die jetzigen Stände<lb/> nur diejenigen Steuern bewilligen, deren unabweisliche, bisher nicht nach¬<lb/> gewiesene Nothwendigkeit dargethan ist. Die Stände sträuben sich gegen<lb/> die erstere Alternative und wollen die zweite vermeiden, um nicht in die erste<lb/> zu fallen. Dir Stände denken zwischen zwei Uebeln das kleinere zu wählen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0104]
Entwurfs über die Verkeilung der geforderten Steuern; aber, besangen von
dem Nimbus der alten Standesherrlichkeit, der sie ihren Sitz auf dem Land¬
tage verdanken, erkannten die Bürgermeister als Vertreter der Städte so wenig
als die Ritter in ihrer Majorität die Unmöglichkeit, moderne Steuern auf
den modernden Stamm des LGGEV. zu pfropfen. Die Frage der Steuer¬
vertheilung hatte die Stände entzweit, aber über die Bedürfnißfrage waren
sie einig; diese wurde auf Grund oberflächlichster Berechnungen anerkannt und
so den Landesherren eine weitere Berathung mit ihren getreuen Ständen trotz
der von diesen in divergenten Sinne abgegebenen Erklärungen möglich gemacht.
Die Folge der Decemberverhandlungen des malchiner Landtages war daher,
daß die Stände nicht zu Weihnachten entlassen wurden, wie sonst üblich,
sondern die während der Festtage ausgesetzten Verhandlungen wurden noch
vor Neujahr wieder aufgenommen und werden, wie es nach den letzten De¬
batten den Anschein hat, zu einer Einigung beider Stände im Sinne der
Regierungsvorlage führen. Es ist alle Aussicht vorhanden, daß der malchiner
Landtag dieselbe im Großen und Ganzen gutheißt; vielleicht hat er es schon
gethan, ehe diese Zeilen die Presse verlassen. Aber das mecklenburgische Volk
darf sich nicht darüber täuschen, daß eine solche Steuergesetzgebung nur eine
provisorische sein kann. Die erhöhte Steuerlast, die durch die Hineinziehung
Mecklenburgs in den Zollverein vorzugsweise gerade auf die Schultern der
kleineren Steuerzahler gewälzt ist, gibt diesen das Recht zu fragen, ob ihre
Vertreter, die in Malchin versammelten Stände, vom Standpunkte des
LGGEV. die jetzt geforderten Steuern — ca. 700,000 Thlr. außer dem um
circa ebensoviel erhöhten Grenzzoll — bewilligen konnten. Und muß diese
Frage verneint werden, wie der Bürgermeister Pohl-Schwerin in seinem,um
29. December v. I. zum Landtagsprotokoll gegebenen Dictamen überzeu¬
gend dargethan hat, so dürfen sie fordern, daß die gleichwohl für die Fort¬
führung des Landesregiments nöthigen Steuern durch solche Organe bewilligt
werden, wie sie in allen andern Staaten bestehen, zum Mindesten, daß sie
nicht in größerem Umfange ausgeschrieben werden, als das dringendste Be¬
dürfniß erheischt, d. h. die Forderung darf nicht verstummen — und sie wird
immer und aller Orten, außer in Sternberg und Malchin, wiederholt werden
— daß zur Bewilligung der neuen, durch das Bundesverhältniß Mecklen¬
burgs nöthig gewordenen Steuern ein neues Organ geschaffen werde, zu¬
sammengesetzt aus Vertretern der Gesammtheit der Steuerzahler; zum Min¬
desten aber wird gefordert werden, daß bis dies geschehen die jetzigen Stände
nur diejenigen Steuern bewilligen, deren unabweisliche, bisher nicht nach¬
gewiesene Nothwendigkeit dargethan ist. Die Stände sträuben sich gegen
die erstere Alternative und wollen die zweite vermeiden, um nicht in die erste
zu fallen. Dir Stände denken zwischen zwei Uebeln das kleinere zu wählen
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