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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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Kassai mit seinem Gefolge und zahlreicher Heeresbegleitung erschien. Unter
den ohrenzerreißenden Klängen des Tam-Taus und dem Jubelgeschrei i>er
die Soldaten begleitenden Weiber, wurde auf dem Gipfel des Hügels das
Zelt des Fürsten -- ein Baldachin aus rothem Flaggentuch -- aufgeschlagen;
Tausende seiner militärischen Begleiter schaarten sich in dichten Reihen um
dasselbe, und erwarteten die Ankunft der Deputation, welche sie vor den
Höchstcommandirenden der brittischen Truppen in Abyssinien geleiten sollte.
Kurz vor 1 Uhr begab sich eine auf Maulthieren berittene Deputation, be¬
stehend aus dem Major Grant, Capitain Aboore (Dolmetscher beim Ober¬
general), Capitain Sperdy und Herr Moertcha, der Agent Kassais im eng¬
lischen Lager, den Hügel hinauf zur abyssinischen Armee, um den Fürsten
und sein Gefolge abzuholen. Eine Abtheilung leichter Cavallerie escortirte
die Deputation. Nachdem die Ceremonie der Begrüßung und Borstellung
im Zelt des Fürsten beendet war, gab ein Herold oder eine Art Adjutant,
dessen Jnsignien aus einem schweren Armband von polirtem Blech und einer
monströsen Krone von polirtem Zinn bestanden, das Zeichen zum Abmärsche.
Die Trommeln und Pauken der zahlreichen Musikbanden fingen an fürchter¬
lich zu arbeiten, und ein Jubelschrei durchlief die Reihen. An die Spitze des
Regiments setzte sich eine berittene Musikbande, dann folgte der Kern der
Armee Kassais, meistens alte und verwitterte Krieger, welche größtentheils
besser bswaffnet waren, als man vermuthet hätte. Die Waffen welche sie
trugen, waren mannigfaltiger Art, und bestanden aus einfachen und Doppel¬
büchsen, plumpen aber ungeheuren Doppelhaken, Carabinern, Schwertern,
Speeren u. s. w. Ihre Uniformen zeichneten sich nur durch Kärglichkeit und
Schmutz aus. Hinterdrein ritt der Fürst aus einem Maulesel. Ein blaßrother
großer ausgespannter Schirm schützte ihn gegen die Sonnenstrahlen. Dann
folgte die englische Cavallerie-Escorte, deren blaue mit Silber besetzte Uni¬
formen, militärische Haltung und schöne Pferde lebhaft mit der armseligen
Erscheinung der Afrikaner contrastirten. In bunter Unordnung folgten dann
3-4000 abyssinische Krieger in allen Waffengattungen, Fußvolk, Reiterei,
Train u. s. w. untereinander gemischt.

Am Fuße des Hügels erwartete Sir Robert Napier, auf einem bunt
geschmückten Elephanten sitzend, die Ankunft seines fürstlichen Gastes. Bei
der Annäherung des langen Zuges verließ er seinen Elephanten, stieg zu
Pferde und geleitete den Fürsten nach dem Audienz-Zelte. Die in Parade
aufgestellten Truppen feuerten aus ihren Gewehren und Geschützen Salut¬
schüsse ab, worüber der Fürst und seine Truppen unwillkürlich zu erschrecken
schienen. Sir Robert Napier gerieth bald in eine lebhafte Unterhaltung mit
dem Herrscher von Tigre. Auf die Frage des Generals an den Fürsten, ob
er nicht von der langen Reise ermüdet sei, erwiderte dieser, er fühle nie


Kassai mit seinem Gefolge und zahlreicher Heeresbegleitung erschien. Unter
den ohrenzerreißenden Klängen des Tam-Taus und dem Jubelgeschrei i>er
die Soldaten begleitenden Weiber, wurde auf dem Gipfel des Hügels das
Zelt des Fürsten — ein Baldachin aus rothem Flaggentuch — aufgeschlagen;
Tausende seiner militärischen Begleiter schaarten sich in dichten Reihen um
dasselbe, und erwarteten die Ankunft der Deputation, welche sie vor den
Höchstcommandirenden der brittischen Truppen in Abyssinien geleiten sollte.
Kurz vor 1 Uhr begab sich eine auf Maulthieren berittene Deputation, be¬
stehend aus dem Major Grant, Capitain Aboore (Dolmetscher beim Ober¬
general), Capitain Sperdy und Herr Moertcha, der Agent Kassais im eng¬
lischen Lager, den Hügel hinauf zur abyssinischen Armee, um den Fürsten
und sein Gefolge abzuholen. Eine Abtheilung leichter Cavallerie escortirte
die Deputation. Nachdem die Ceremonie der Begrüßung und Borstellung
im Zelt des Fürsten beendet war, gab ein Herold oder eine Art Adjutant,
dessen Jnsignien aus einem schweren Armband von polirtem Blech und einer
monströsen Krone von polirtem Zinn bestanden, das Zeichen zum Abmärsche.
Die Trommeln und Pauken der zahlreichen Musikbanden fingen an fürchter¬
lich zu arbeiten, und ein Jubelschrei durchlief die Reihen. An die Spitze des
Regiments setzte sich eine berittene Musikbande, dann folgte der Kern der
Armee Kassais, meistens alte und verwitterte Krieger, welche größtentheils
besser bswaffnet waren, als man vermuthet hätte. Die Waffen welche sie
trugen, waren mannigfaltiger Art, und bestanden aus einfachen und Doppel¬
büchsen, plumpen aber ungeheuren Doppelhaken, Carabinern, Schwertern,
Speeren u. s. w. Ihre Uniformen zeichneten sich nur durch Kärglichkeit und
Schmutz aus. Hinterdrein ritt der Fürst aus einem Maulesel. Ein blaßrother
großer ausgespannter Schirm schützte ihn gegen die Sonnenstrahlen. Dann
folgte die englische Cavallerie-Escorte, deren blaue mit Silber besetzte Uni¬
formen, militärische Haltung und schöne Pferde lebhaft mit der armseligen
Erscheinung der Afrikaner contrastirten. In bunter Unordnung folgten dann
3-4000 abyssinische Krieger in allen Waffengattungen, Fußvolk, Reiterei,
Train u. s. w. untereinander gemischt.

Am Fuße des Hügels erwartete Sir Robert Napier, auf einem bunt
geschmückten Elephanten sitzend, die Ankunft seines fürstlichen Gastes. Bei
der Annäherung des langen Zuges verließ er seinen Elephanten, stieg zu
Pferde und geleitete den Fürsten nach dem Audienz-Zelte. Die in Parade
aufgestellten Truppen feuerten aus ihren Gewehren und Geschützen Salut¬
schüsse ab, worüber der Fürst und seine Truppen unwillkürlich zu erschrecken
schienen. Sir Robert Napier gerieth bald in eine lebhafte Unterhaltung mit
dem Herrscher von Tigre. Auf die Frage des Generals an den Fürsten, ob
er nicht von der langen Reise ermüdet sei, erwiderte dieser, er fühle nie


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[0072] Kassai mit seinem Gefolge und zahlreicher Heeresbegleitung erschien. Unter den ohrenzerreißenden Klängen des Tam-Taus und dem Jubelgeschrei i>er die Soldaten begleitenden Weiber, wurde auf dem Gipfel des Hügels das Zelt des Fürsten — ein Baldachin aus rothem Flaggentuch — aufgeschlagen; Tausende seiner militärischen Begleiter schaarten sich in dichten Reihen um dasselbe, und erwarteten die Ankunft der Deputation, welche sie vor den Höchstcommandirenden der brittischen Truppen in Abyssinien geleiten sollte. Kurz vor 1 Uhr begab sich eine auf Maulthieren berittene Deputation, be¬ stehend aus dem Major Grant, Capitain Aboore (Dolmetscher beim Ober¬ general), Capitain Sperdy und Herr Moertcha, der Agent Kassais im eng¬ lischen Lager, den Hügel hinauf zur abyssinischen Armee, um den Fürsten und sein Gefolge abzuholen. Eine Abtheilung leichter Cavallerie escortirte die Deputation. Nachdem die Ceremonie der Begrüßung und Borstellung im Zelt des Fürsten beendet war, gab ein Herold oder eine Art Adjutant, dessen Jnsignien aus einem schweren Armband von polirtem Blech und einer monströsen Krone von polirtem Zinn bestanden, das Zeichen zum Abmärsche. Die Trommeln und Pauken der zahlreichen Musikbanden fingen an fürchter¬ lich zu arbeiten, und ein Jubelschrei durchlief die Reihen. An die Spitze des Regiments setzte sich eine berittene Musikbande, dann folgte der Kern der Armee Kassais, meistens alte und verwitterte Krieger, welche größtentheils besser bswaffnet waren, als man vermuthet hätte. Die Waffen welche sie trugen, waren mannigfaltiger Art, und bestanden aus einfachen und Doppel¬ büchsen, plumpen aber ungeheuren Doppelhaken, Carabinern, Schwertern, Speeren u. s. w. Ihre Uniformen zeichneten sich nur durch Kärglichkeit und Schmutz aus. Hinterdrein ritt der Fürst aus einem Maulesel. Ein blaßrother großer ausgespannter Schirm schützte ihn gegen die Sonnenstrahlen. Dann folgte die englische Cavallerie-Escorte, deren blaue mit Silber besetzte Uni¬ formen, militärische Haltung und schöne Pferde lebhaft mit der armseligen Erscheinung der Afrikaner contrastirten. In bunter Unordnung folgten dann 3-4000 abyssinische Krieger in allen Waffengattungen, Fußvolk, Reiterei, Train u. s. w. untereinander gemischt. Am Fuße des Hügels erwartete Sir Robert Napier, auf einem bunt geschmückten Elephanten sitzend, die Ankunft seines fürstlichen Gastes. Bei der Annäherung des langen Zuges verließ er seinen Elephanten, stieg zu Pferde und geleitete den Fürsten nach dem Audienz-Zelte. Die in Parade aufgestellten Truppen feuerten aus ihren Gewehren und Geschützen Salut¬ schüsse ab, worüber der Fürst und seine Truppen unwillkürlich zu erschrecken schienen. Sir Robert Napier gerieth bald in eine lebhafte Unterhaltung mit dem Herrscher von Tigre. Auf die Frage des Generals an den Fürsten, ob er nicht von der langen Reise ermüdet sei, erwiderte dieser, er fühle nie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/72>, abgerufen am 15.01.2025.