Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Seiten der deutschen Partei erlaubt. Und umgekehrt fehlt es nicht an An¬ 7- politischer Monatsbericht. X Es gibt Zeiten, in denen sich jedes am Horizont aufsteigende Wölkchen Ungefähr so sieht es in der politischen Welt des heungen Sommers aus. Um die Gründe zur Erklärung dieser Witterungsveränderung sind wir Seiten der deutschen Partei erlaubt. Und umgekehrt fehlt es nicht an An¬ 7- politischer Monatsbericht. X Es gibt Zeiten, in denen sich jedes am Horizont aufsteigende Wölkchen Ungefähr so sieht es in der politischen Welt des heungen Sommers aus. Um die Gründe zur Erklärung dieser Witterungsveränderung sind wir <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0515" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/118047"/> <p xml:id="ID_1596" prev="#ID_1595"> Seiten der deutschen Partei erlaubt. Und umgekehrt fehlt es nicht an An¬<lb/> zeichen, daß die Regierung sich der Candidatur gemäßigter Anhänger der<lb/> deutschen Partei nicht feindlich entgegenstellen wird, wenn auch die Füh¬<lb/> rer derselben so entschieden von ihr bekämpft werden, wie von der De-<lb/> mocratie. Die Aussichten unserer Partei sind überdies schon darum nicht<lb/> so hoffnungslos wie bei den Zollparlamentswahlen, weil die Wahlbezirke<lb/> weit kleiner sind und innerhalb derselben sich leichter da und dort eine locale<lb/> Mehrheit für die nationalen Candidaten finden wird. Im übrigen muß<lb/> man, so wie die Dinge liegen, schon mit bescheidenen Erfolgen zufrieden sein.<lb/> Schwaben gleicht einem schwer Kranken, der durch allmählich und langsam<lb/> wirkende Mittel behandelt sein will. Vielleicht hilft schließlich allerdings nur<lb/> eine Radicalcur. Diese liegt aber nicht in unserer Hand.</p><lb/> <note type="byline"> 7-</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> politischer Monatsbericht.</head><lb/> <note type="byline"> X</note><lb/> <p xml:id="ID_1597"> Es gibt Zeiten, in denen sich jedes am Horizont aufsteigende Wölkchen<lb/> zusammenballt, und andere Zeiten, in denen die atmosphärischen Dünste eine<lb/> so zu sagen centrifugale Tendenz haben; die dunkelsten Wolken mögen von<lb/> allen Seiten heranziehen, sie vertheilen sich wieder und es kommt zu keiner<lb/> Explosion.</p><lb/> <p xml:id="ID_1598"> Ungefähr so sieht es in der politischen Welt des heungen Sommers aus.<lb/> Die letzten Jahre hatten uns daran gewöhnt. Vorgänge auch der untergeord¬<lb/> netsten Art mißtrauisch anzusehen und von ihnen eine Störung mindestens<lb/> der diplomatischen Ruhe unseres Welttheils zu fürchten. Niemand wußte,<lb/> wo die Grenzlinie zwischen localen und internationalen Ereignissen lag.<lb/> Dinge, die in früherer Zeit unbestritten zu den inneren Fragen gehört hat¬<lb/> ten, erhoben sich unversehens in die Sphäre der großen Politik, und das<lb/> Nationalitätsprinzip sorgte dafür, daß ein Zusammenhang zwischen Vorgän¬<lb/> gen ausgewittert wurde, die an und für sich nichts mit einander gemein<lb/> hatten. - Ohne daß sich angeben ließe, wie und warum, ist es in den letzten<lb/> Wochen anders geworden. Die große Frage, wie sich das Verhältniß Deutsch¬<lb/> lands zu Frankreich gestalten wird, scheint von ihrer Attractionskraft verloren<lb/> zu haben — eine Anzahl isoltrter Ereignisse liegt vor uns und die politische Tem-<lb/> peratur zeigt, wenigstens für den Augenblick centrifugale Tendenz.</p><lb/> <p xml:id="ID_1599" next="#ID_1600"> Um die Gründe zur Erklärung dieser Witterungsveränderung sind wir<lb/> übrigens nur zum Theil verlegen. Unleugbar hat die politische Harmlostg-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0515]
Seiten der deutschen Partei erlaubt. Und umgekehrt fehlt es nicht an An¬
zeichen, daß die Regierung sich der Candidatur gemäßigter Anhänger der
deutschen Partei nicht feindlich entgegenstellen wird, wenn auch die Füh¬
rer derselben so entschieden von ihr bekämpft werden, wie von der De-
mocratie. Die Aussichten unserer Partei sind überdies schon darum nicht
so hoffnungslos wie bei den Zollparlamentswahlen, weil die Wahlbezirke
weit kleiner sind und innerhalb derselben sich leichter da und dort eine locale
Mehrheit für die nationalen Candidaten finden wird. Im übrigen muß
man, so wie die Dinge liegen, schon mit bescheidenen Erfolgen zufrieden sein.
Schwaben gleicht einem schwer Kranken, der durch allmählich und langsam
wirkende Mittel behandelt sein will. Vielleicht hilft schließlich allerdings nur
eine Radicalcur. Diese liegt aber nicht in unserer Hand.
7-
politischer Monatsbericht.
X
Es gibt Zeiten, in denen sich jedes am Horizont aufsteigende Wölkchen
zusammenballt, und andere Zeiten, in denen die atmosphärischen Dünste eine
so zu sagen centrifugale Tendenz haben; die dunkelsten Wolken mögen von
allen Seiten heranziehen, sie vertheilen sich wieder und es kommt zu keiner
Explosion.
Ungefähr so sieht es in der politischen Welt des heungen Sommers aus.
Die letzten Jahre hatten uns daran gewöhnt. Vorgänge auch der untergeord¬
netsten Art mißtrauisch anzusehen und von ihnen eine Störung mindestens
der diplomatischen Ruhe unseres Welttheils zu fürchten. Niemand wußte,
wo die Grenzlinie zwischen localen und internationalen Ereignissen lag.
Dinge, die in früherer Zeit unbestritten zu den inneren Fragen gehört hat¬
ten, erhoben sich unversehens in die Sphäre der großen Politik, und das
Nationalitätsprinzip sorgte dafür, daß ein Zusammenhang zwischen Vorgän¬
gen ausgewittert wurde, die an und für sich nichts mit einander gemein
hatten. - Ohne daß sich angeben ließe, wie und warum, ist es in den letzten
Wochen anders geworden. Die große Frage, wie sich das Verhältniß Deutsch¬
lands zu Frankreich gestalten wird, scheint von ihrer Attractionskraft verloren
zu haben — eine Anzahl isoltrter Ereignisse liegt vor uns und die politische Tem-
peratur zeigt, wenigstens für den Augenblick centrifugale Tendenz.
Um die Gründe zur Erklärung dieser Witterungsveränderung sind wir
übrigens nur zum Theil verlegen. Unleugbar hat die politische Harmlostg-
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