Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.nur um einen "entfernten Namensvetter" des großen Malers der Lesche und Exekias hat mich gemalt und fabricirt. Eine sehr große Zahl von Inschriften offenbart uns einen eigenthümlichen 02
nur um einen „entfernten Namensvetter" des großen Malers der Lesche und Exekias hat mich gemalt und fabricirt. Eine sehr große Zahl von Inschriften offenbart uns einen eigenthümlichen 02
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0495" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/118027"/> <p xml:id="ID_1542" prev="#ID_1541"> nur um einen „entfernten Namensvetter" des großen Malers der Lesche und<lb/> und Poikile. der nichts mit diesem zu thun hat, und die Geschichte der wirk¬<lb/> lichen Künstler gewinnt durch diese Namen so wenig wie durch die der<lb/> Steinmetzen, welche am Erechtheum arbeiteten. Aber gern machen wir auch<lb/> mit diesen Individuen des Kunsthandwerks Bekanntschaft; die allgemeine Vor¬<lb/> stellung wird schon durch die lange Namenreihe belebt, und manche derselben<lb/> sind durch so viele und eigenthümliche Gefäße vertreten, daß sie uns Indi¬<lb/> vidualität zeigen. Amasis, Asteas, Duris, Epiktetos, Euphronios.<lb/> Exekias, Hieron. Kachrylion, Nikosthenes. Pamphaios sind<lb/> Persönlichkeiten von eigener, zum Theil sehr respektabler Manier; einige führen<lb/> freilich einen aparten Pinsel, wie sie auch ihre aparte Orthographie haben.<lb/> Denn auch in Kleinigkeiten zeigen sie Individualität. So schreibt der eine<lb/> seinen Namen immer um den Rand des Fußes, ein anderer an den Henkel,<lb/> ein dritter producirt sich mit einem Vers</p><lb/> <quote> Exekias hat mich gemalt und fabricirt.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1543" next="#ID_1544"> Eine sehr große Zahl von Inschriften offenbart uns einen eigenthümlichen<lb/> Zug der griechischen Sitten. Ihr Enthusiasmus für die Schönheit und, was<lb/> sie unwillkürlich damit verbanden, die Nichtigkeit machte sich dadurch Luft, daß<lb/> man an Säulen, Mauern, Thüren, kurz, wo nur Platz war, die Namen<lb/> schöner Mädchen und Jünglinge anschrieb. Daß der Ruhm eines schönen<lb/> Philokles durch ganz Griechenland gedrungen sei, konnte ein Dichter so<lb/> ausdrücken, daß alle Säulen in Argos, Korinth, Megara bis nach Oropos<lb/> seinen Namen tragen. So fand man in Italien, wenigstens vor den<lb/> politischen Zeiten während der Saison die Namen beliebter Sänge¬<lb/> rinnen und Sänger überall an den Mauern angeschrieben: evviva<lb/> VM! bravo Roueonil Auch aus Vasen aller Art ist nichts häufiger<lb/> als die Inschriften-. „Schön ist Un!" „Un ist schön! ge^ß °er<lb/> °Ilerschönste!" in mancherlei Wendungen. Die Namen, welche dabei<lb/> stehen, haben ganz überwiegend attischen Klang, und begegnet man einem<lb/> Solon. Phtlippos, Alkibiades, Sokrates. Pertkles, Krittas.<lb/> HiPParchos und ähnlichen, glaubt man in bekannter guter Gesellschaft zu<lb/> Wu. was freilich nur daher kommt, daß alles in Attica gelaOge Namen<lb/> waren. Nun zeigen aber einzelne Fälle, daß die Topfmaler baw auch ihren<lb/> eigenen Trieben folgten und schöne Personen, denen sich ihre Neigung<lb/> °der Bewunderung zugewandt hatte, beharrlich auf ihren Wer en verser -<lb/> Achter. es etwas Eigenes, daß einzelne Zeugnisse so ganz individueller<lb/> Verhältnisse aus einem antiken Atelier aus zerbrechlichem Thongeschirr sich<lb/> Jahrtausende lang erhalten haben, so drängt sich dabei auch die Frag auf.<lb/> Was kümmerten denn das kaufende Publicum die Gefühle des Malers? wer<lb/> *</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 02</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0495]
nur um einen „entfernten Namensvetter" des großen Malers der Lesche und
und Poikile. der nichts mit diesem zu thun hat, und die Geschichte der wirk¬
lichen Künstler gewinnt durch diese Namen so wenig wie durch die der
Steinmetzen, welche am Erechtheum arbeiteten. Aber gern machen wir auch
mit diesen Individuen des Kunsthandwerks Bekanntschaft; die allgemeine Vor¬
stellung wird schon durch die lange Namenreihe belebt, und manche derselben
sind durch so viele und eigenthümliche Gefäße vertreten, daß sie uns Indi¬
vidualität zeigen. Amasis, Asteas, Duris, Epiktetos, Euphronios.
Exekias, Hieron. Kachrylion, Nikosthenes. Pamphaios sind
Persönlichkeiten von eigener, zum Theil sehr respektabler Manier; einige führen
freilich einen aparten Pinsel, wie sie auch ihre aparte Orthographie haben.
Denn auch in Kleinigkeiten zeigen sie Individualität. So schreibt der eine
seinen Namen immer um den Rand des Fußes, ein anderer an den Henkel,
ein dritter producirt sich mit einem Vers
Exekias hat mich gemalt und fabricirt.
Eine sehr große Zahl von Inschriften offenbart uns einen eigenthümlichen
Zug der griechischen Sitten. Ihr Enthusiasmus für die Schönheit und, was
sie unwillkürlich damit verbanden, die Nichtigkeit machte sich dadurch Luft, daß
man an Säulen, Mauern, Thüren, kurz, wo nur Platz war, die Namen
schöner Mädchen und Jünglinge anschrieb. Daß der Ruhm eines schönen
Philokles durch ganz Griechenland gedrungen sei, konnte ein Dichter so
ausdrücken, daß alle Säulen in Argos, Korinth, Megara bis nach Oropos
seinen Namen tragen. So fand man in Italien, wenigstens vor den
politischen Zeiten während der Saison die Namen beliebter Sänge¬
rinnen und Sänger überall an den Mauern angeschrieben: evviva
VM! bravo Roueonil Auch aus Vasen aller Art ist nichts häufiger
als die Inschriften-. „Schön ist Un!" „Un ist schön! ge^ß °er
°Ilerschönste!" in mancherlei Wendungen. Die Namen, welche dabei
stehen, haben ganz überwiegend attischen Klang, und begegnet man einem
Solon. Phtlippos, Alkibiades, Sokrates. Pertkles, Krittas.
HiPParchos und ähnlichen, glaubt man in bekannter guter Gesellschaft zu
Wu. was freilich nur daher kommt, daß alles in Attica gelaOge Namen
waren. Nun zeigen aber einzelne Fälle, daß die Topfmaler baw auch ihren
eigenen Trieben folgten und schöne Personen, denen sich ihre Neigung
°der Bewunderung zugewandt hatte, beharrlich auf ihren Wer en verser -
Achter. es etwas Eigenes, daß einzelne Zeugnisse so ganz individueller
Verhältnisse aus einem antiken Atelier aus zerbrechlichem Thongeschirr sich
Jahrtausende lang erhalten haben, so drängt sich dabei auch die Frag auf.
Was kümmerten denn das kaufende Publicum die Gefühle des Malers? wer
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