Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.revolutionären großserbischen Gedanken, durch deren Verlautbarung er sich Die Hauptpunkte der inneren Politik, welche Garaschanin während 56 *
revolutionären großserbischen Gedanken, durch deren Verlautbarung er sich Die Hauptpunkte der inneren Politik, welche Garaschanin während 56 *
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0447" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117979"/> <p xml:id="ID_1422" prev="#ID_1421"> revolutionären großserbischen Gedanken, durch deren Verlautbarung er sich<lb/> eine Partei zu schassen suchte. Milosch, der in der Wahl seiner Mittel nie<lb/> bedenklich gewesen war, ließ ihn ermorden und hatte jetzt für zehn Jahre<lb/> Ruhe. Erst als -1827 der türkisch-russische Krieg ausbrach, trat die National¬<lb/> partei aufs neue mit ihren Wünschen für.Unterstützung Rußlands und<lb/> Aufpflanzung der panslavistischen Nevolutionsfahne wieder in den Vorder-<lb/> grund. Milosch blieb unbeugsam, setzte seinen auf Beobachtung strenger<lb/> Neutralität gerichteten Willen durch, verlor aber dadurch das beste Theil<lb/> seiner Popularität. Zehn Jahre später mußte er, der zugleich ein harter,<lb/> grausamer, sitten- und gewissenloser Administrator gewesen war, abdanken,<lb/> 1842 traf dasselbe Schicksal seinen Sohn. Der Sohn des schwarzen Georg,<lb/> derselbe Fürst Alexander, dem Rußland anfangs seine Anerkennung versagt<lb/> hatte, bestieg den Hospodarenthron — Garaschanin, zuerst Schüler, dann Feind<lb/> Miloschs, wurde 1852 leitender Minister. Anfangs ging Alles gut und<lb/> erfreute Alexander sich allgemeinster Unterstützung; aber sofort nach Ausbruch<lb/> des letzten orientalischen Krieges begann die Comödie von 1829 aufs neue:<lb/> die Nationalpartei verlangte Unterstützung Rußlands und Kriegserklärung<lb/> gegen die Pforte, die Regierung behauptete ihre Neutralität, die vertriebene<lb/> Dynastie trat — allen ihren Antecendentien zum Hohne — an die Spitze der<lb/> Actionspartei. Milosch, der in der Wallachei als Verbannter lebte, spielte<lb/> jetzt den enragirten Panslavisten; er ließ Alexanders österreichische Sym¬<lb/> pathien durch bezahlte Journalisten als Hochverrath an der serbischen Sache<lb/> denunciren, warb ein Freicorps, das den Russen zu Hülfe eilen sollte, stand<lb/> mit den Führern der Nationalpartei in lebhaftem Verkehr und gewann<lb/> dadurch den Verlornen Einfluß wieder. Fürst Alexander suchte dieser Agitation<lb/> dadurch die Spitze abzubrechen, daß er den Träger der „antinationalen"<lb/> Politik, Garaschanin, exilirte und sich mit einem neuen Cabinet umgab.<lb/> Dieses war den Schwierigkeiten der Lage so wenig gewachsen, daß Garaschanin<lb/> 1857 zurückberufen wurde. Der schlaue Lenker der serbischen Geschicke über¬<lb/> zeugte sich bald davon, daß die Dynastie Kara-Georgs verbraucht und unhalt¬<lb/> bar geworden sei. Er ließ geschehen, daß Alexander 1858 abgesetzt und<lb/> Milosch zurückberufen wurde. Nach dessen 1860 erfolgtem Tode trat Michael<lb/> Zum zweiten Male ins Amt. Neues Andrängen der Nationalpartei zur<lb/> Entfaltung des panslavistisch-revolutionären Banners, erneutes Sträuben des<lb/> Fürsten, endlich Berufung Garaschanins, der im April 1862 Premierminister<lb/> wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1423" next="#ID_1424"> Die Hauptpunkte der inneren Politik, welche Garaschanin während<lb/> der letzten sechs Jahre verfolgt hat, sind in diesen Blättern vor kurzem aus¬<lb/> führlich besprochen worden (vergl. Ur. 16 der Grenzboten, x. 117 ff.). Eine<lb/> Reihe geschickt durchgeführter Maßregeln vernichtete den parlamentarischen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 56 *</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0447]
revolutionären großserbischen Gedanken, durch deren Verlautbarung er sich
eine Partei zu schassen suchte. Milosch, der in der Wahl seiner Mittel nie
bedenklich gewesen war, ließ ihn ermorden und hatte jetzt für zehn Jahre
Ruhe. Erst als -1827 der türkisch-russische Krieg ausbrach, trat die National¬
partei aufs neue mit ihren Wünschen für.Unterstützung Rußlands und
Aufpflanzung der panslavistischen Nevolutionsfahne wieder in den Vorder-
grund. Milosch blieb unbeugsam, setzte seinen auf Beobachtung strenger
Neutralität gerichteten Willen durch, verlor aber dadurch das beste Theil
seiner Popularität. Zehn Jahre später mußte er, der zugleich ein harter,
grausamer, sitten- und gewissenloser Administrator gewesen war, abdanken,
1842 traf dasselbe Schicksal seinen Sohn. Der Sohn des schwarzen Georg,
derselbe Fürst Alexander, dem Rußland anfangs seine Anerkennung versagt
hatte, bestieg den Hospodarenthron — Garaschanin, zuerst Schüler, dann Feind
Miloschs, wurde 1852 leitender Minister. Anfangs ging Alles gut und
erfreute Alexander sich allgemeinster Unterstützung; aber sofort nach Ausbruch
des letzten orientalischen Krieges begann die Comödie von 1829 aufs neue:
die Nationalpartei verlangte Unterstützung Rußlands und Kriegserklärung
gegen die Pforte, die Regierung behauptete ihre Neutralität, die vertriebene
Dynastie trat — allen ihren Antecendentien zum Hohne — an die Spitze der
Actionspartei. Milosch, der in der Wallachei als Verbannter lebte, spielte
jetzt den enragirten Panslavisten; er ließ Alexanders österreichische Sym¬
pathien durch bezahlte Journalisten als Hochverrath an der serbischen Sache
denunciren, warb ein Freicorps, das den Russen zu Hülfe eilen sollte, stand
mit den Führern der Nationalpartei in lebhaftem Verkehr und gewann
dadurch den Verlornen Einfluß wieder. Fürst Alexander suchte dieser Agitation
dadurch die Spitze abzubrechen, daß er den Träger der „antinationalen"
Politik, Garaschanin, exilirte und sich mit einem neuen Cabinet umgab.
Dieses war den Schwierigkeiten der Lage so wenig gewachsen, daß Garaschanin
1857 zurückberufen wurde. Der schlaue Lenker der serbischen Geschicke über¬
zeugte sich bald davon, daß die Dynastie Kara-Georgs verbraucht und unhalt¬
bar geworden sei. Er ließ geschehen, daß Alexander 1858 abgesetzt und
Milosch zurückberufen wurde. Nach dessen 1860 erfolgtem Tode trat Michael
Zum zweiten Male ins Amt. Neues Andrängen der Nationalpartei zur
Entfaltung des panslavistisch-revolutionären Banners, erneutes Sträuben des
Fürsten, endlich Berufung Garaschanins, der im April 1862 Premierminister
wurde.
Die Hauptpunkte der inneren Politik, welche Garaschanin während
der letzten sechs Jahre verfolgt hat, sind in diesen Blättern vor kurzem aus¬
führlich besprochen worden (vergl. Ur. 16 der Grenzboten, x. 117 ff.). Eine
Reihe geschickt durchgeführter Maßregeln vernichtete den parlamentarischen
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