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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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ringsum, zum Theil erst durch den Bau des unlängst erstandenen Bahnhofs
hervorgerufen, die ungewöhnlich- hohen schönen grünen Wälle mit den
Baumkronen darauf, die gewaltigen teichähnlichen, fast an Mantua erinnern¬
den breiten Wasserflächen, welche als Gräben die Wälle umgeben und von
der Umgegend scharf abschließen, indem sie an den drei Thoren nur auf eben
so vielen langen Brückendämmen passirt werden können, bilden eine starke
innere Enceinte, hinter der die alten Häuser der Stadt, die prachtvolle
Marienkirche mit ihrem schlanken Säulenschmuck und das alte Rathhaus mit
seinen ehrwürdigen sieben Giebeln in sicherem Schutze vor jeder feindlichen
Landarmee ruhen.

Auf der Seeseite aber schneidet scharf eine crenelirte Mauer in lebhaftem
Roth und scharfgezacktem Laufe nach dem Hafen hin ab und läßt die Thürme
der alten Stadt nach dem Mastenwalde der geankerten Fahrzeuge, nach den
Wällen der runden, etwa 2S00 Fuß breiten Insel Dänholm und der Dächer¬
reihe ihrer Kanonenbootsschuppen hinüberschauen. Auch ist die Größe der
Stadt, deren Charakter noch gar manches von ihrer Stellung als Hanse¬
stadt und von der späteren schwedischen Herrschaft her sich erhalten hat, gar
nicht unbedeutend: ihre 27,000 Einwohner und die Geräumigkeit ihrer bau¬
lichen Entwickelung lassen sie als einen Platz erscheinen, in dem einem Heer¬
corps, welches die Verbindung mit Rügen decken soll, reiche Hilfsquellen aller
Art gesichert sein werden.

Aber der Strelasund ist nicht blos in der Mitte, wo er V- Stunde
breit ist, durch Stralsund so gedeckt, daß die Verbindung des Festlands mit
Rügen gesichert ist, sondern auch seine Fortsetzungen an beiden Enden, welche
sich zunächst erweitern, werden fernerhin durch das von beiden Seiten wieder
näher zusammenrückende Land so geschlossen, daß Strandbatterien den Kanonen¬
booten und Panzerfahrzeugen bei einer Vertheidigung des Sundes ausgiebige
Unterstützung zu gewähren vermögen. Im Südosten ist diese Fortsetzung
der greifswalder Bodden, dessen Ausgang durch das im letzten Kriege
vielgenannte thiessower Höfe (auf der rügener Halbinsel Mönchgut) und
andererseits durch die Landspitze an der Peenemündung eingeengt, außerdem
aber auch noch durch die kleinen Inseln greifswalder Ole und Müden mit
hohen steilabfallenden dunklen Felswänden einigermaßen geschlossen wird,
und somit der freundlich grünen, am Flüßchen Ricks V- Meile von dem
Bodden gelegenen Küstenstadt Greifswald und ihren Werften einen ge¬
wissen Schutz verleiht. Im Nordwesten bildet die Fortsetzung des Strela-
sundes das prohner Wiek, dessen Ausgang zwischen dem Lande und der Süd¬
spitze der Düneninsel Hiddensöe sich so stark verengt, daß es beiderseits vom
Strande her beherrscht werden kann. Und gerade an dieser Stelle zweigt
sich rechtwinklig nach Norden noch eine neue wichtige Wasserstraße, der Gek-


ringsum, zum Theil erst durch den Bau des unlängst erstandenen Bahnhofs
hervorgerufen, die ungewöhnlich- hohen schönen grünen Wälle mit den
Baumkronen darauf, die gewaltigen teichähnlichen, fast an Mantua erinnern¬
den breiten Wasserflächen, welche als Gräben die Wälle umgeben und von
der Umgegend scharf abschließen, indem sie an den drei Thoren nur auf eben
so vielen langen Brückendämmen passirt werden können, bilden eine starke
innere Enceinte, hinter der die alten Häuser der Stadt, die prachtvolle
Marienkirche mit ihrem schlanken Säulenschmuck und das alte Rathhaus mit
seinen ehrwürdigen sieben Giebeln in sicherem Schutze vor jeder feindlichen
Landarmee ruhen.

Auf der Seeseite aber schneidet scharf eine crenelirte Mauer in lebhaftem
Roth und scharfgezacktem Laufe nach dem Hafen hin ab und läßt die Thürme
der alten Stadt nach dem Mastenwalde der geankerten Fahrzeuge, nach den
Wällen der runden, etwa 2S00 Fuß breiten Insel Dänholm und der Dächer¬
reihe ihrer Kanonenbootsschuppen hinüberschauen. Auch ist die Größe der
Stadt, deren Charakter noch gar manches von ihrer Stellung als Hanse¬
stadt und von der späteren schwedischen Herrschaft her sich erhalten hat, gar
nicht unbedeutend: ihre 27,000 Einwohner und die Geräumigkeit ihrer bau¬
lichen Entwickelung lassen sie als einen Platz erscheinen, in dem einem Heer¬
corps, welches die Verbindung mit Rügen decken soll, reiche Hilfsquellen aller
Art gesichert sein werden.

Aber der Strelasund ist nicht blos in der Mitte, wo er V- Stunde
breit ist, durch Stralsund so gedeckt, daß die Verbindung des Festlands mit
Rügen gesichert ist, sondern auch seine Fortsetzungen an beiden Enden, welche
sich zunächst erweitern, werden fernerhin durch das von beiden Seiten wieder
näher zusammenrückende Land so geschlossen, daß Strandbatterien den Kanonen¬
booten und Panzerfahrzeugen bei einer Vertheidigung des Sundes ausgiebige
Unterstützung zu gewähren vermögen. Im Südosten ist diese Fortsetzung
der greifswalder Bodden, dessen Ausgang durch das im letzten Kriege
vielgenannte thiessower Höfe (auf der rügener Halbinsel Mönchgut) und
andererseits durch die Landspitze an der Peenemündung eingeengt, außerdem
aber auch noch durch die kleinen Inseln greifswalder Ole und Müden mit
hohen steilabfallenden dunklen Felswänden einigermaßen geschlossen wird,
und somit der freundlich grünen, am Flüßchen Ricks V- Meile von dem
Bodden gelegenen Küstenstadt Greifswald und ihren Werften einen ge¬
wissen Schutz verleiht. Im Nordwesten bildet die Fortsetzung des Strela-
sundes das prohner Wiek, dessen Ausgang zwischen dem Lande und der Süd¬
spitze der Düneninsel Hiddensöe sich so stark verengt, daß es beiderseits vom
Strande her beherrscht werden kann. Und gerade an dieser Stelle zweigt
sich rechtwinklig nach Norden noch eine neue wichtige Wasserstraße, der Gek-


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[0427] ringsum, zum Theil erst durch den Bau des unlängst erstandenen Bahnhofs hervorgerufen, die ungewöhnlich- hohen schönen grünen Wälle mit den Baumkronen darauf, die gewaltigen teichähnlichen, fast an Mantua erinnern¬ den breiten Wasserflächen, welche als Gräben die Wälle umgeben und von der Umgegend scharf abschließen, indem sie an den drei Thoren nur auf eben so vielen langen Brückendämmen passirt werden können, bilden eine starke innere Enceinte, hinter der die alten Häuser der Stadt, die prachtvolle Marienkirche mit ihrem schlanken Säulenschmuck und das alte Rathhaus mit seinen ehrwürdigen sieben Giebeln in sicherem Schutze vor jeder feindlichen Landarmee ruhen. Auf der Seeseite aber schneidet scharf eine crenelirte Mauer in lebhaftem Roth und scharfgezacktem Laufe nach dem Hafen hin ab und läßt die Thürme der alten Stadt nach dem Mastenwalde der geankerten Fahrzeuge, nach den Wällen der runden, etwa 2S00 Fuß breiten Insel Dänholm und der Dächer¬ reihe ihrer Kanonenbootsschuppen hinüberschauen. Auch ist die Größe der Stadt, deren Charakter noch gar manches von ihrer Stellung als Hanse¬ stadt und von der späteren schwedischen Herrschaft her sich erhalten hat, gar nicht unbedeutend: ihre 27,000 Einwohner und die Geräumigkeit ihrer bau¬ lichen Entwickelung lassen sie als einen Platz erscheinen, in dem einem Heer¬ corps, welches die Verbindung mit Rügen decken soll, reiche Hilfsquellen aller Art gesichert sein werden. Aber der Strelasund ist nicht blos in der Mitte, wo er V- Stunde breit ist, durch Stralsund so gedeckt, daß die Verbindung des Festlands mit Rügen gesichert ist, sondern auch seine Fortsetzungen an beiden Enden, welche sich zunächst erweitern, werden fernerhin durch das von beiden Seiten wieder näher zusammenrückende Land so geschlossen, daß Strandbatterien den Kanonen¬ booten und Panzerfahrzeugen bei einer Vertheidigung des Sundes ausgiebige Unterstützung zu gewähren vermögen. Im Südosten ist diese Fortsetzung der greifswalder Bodden, dessen Ausgang durch das im letzten Kriege vielgenannte thiessower Höfe (auf der rügener Halbinsel Mönchgut) und andererseits durch die Landspitze an der Peenemündung eingeengt, außerdem aber auch noch durch die kleinen Inseln greifswalder Ole und Müden mit hohen steilabfallenden dunklen Felswänden einigermaßen geschlossen wird, und somit der freundlich grünen, am Flüßchen Ricks V- Meile von dem Bodden gelegenen Küstenstadt Greifswald und ihren Werften einen ge¬ wissen Schutz verleiht. Im Nordwesten bildet die Fortsetzung des Strela- sundes das prohner Wiek, dessen Ausgang zwischen dem Lande und der Süd¬ spitze der Düneninsel Hiddensöe sich so stark verengt, daß es beiderseits vom Strande her beherrscht werden kann. Und gerade an dieser Stelle zweigt sich rechtwinklig nach Norden noch eine neue wichtige Wasserstraße, der Gek-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/427>, abgerufen am 15.01.2025.