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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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mit (Anrechnung der Binnengewässer sogar 20 lH Meilen beträgt. Wie eine
vorgeschobene Bastion liegt diese Insel unweit des Mittelpunkts unserer Ost¬
seeküste, und streckt sich weit in die Ostsee hinein, sodaß eine Flotte, welche
auf der Höhe ihres nördlichen Vorgebirges Arkona kreuzt, die Passage durch
den Sund und die beiden Belte, wie die Passage nördlich und südlich von
Bornholm beherrscht, das zehn deutsche Meilen entfernte Swinemünde deckt,
Kopenhagen bedroht und überhaupt die Einfahrt in die Ostsee schließt. Von
hier aus ist Kopenhagen ja nur 12, der nächste Punkt der schwedischen
Küste nur Is, der schwedische Hauptkriegshafen Karlskrona nur 30 deutsche
Meilen entfernt, und bei der gewöhnlichen Durchschnittsgeschwindigkeit der
Kriegsschiffe von 10 Knoten sind diese Punkte in 3--6. bez. 12 Stunden zu
erreichen, während eine heransegelnde feindliche Flotte von den hochgelegenen
Halbinseln Rügens als von natürlichen Warten oder Observatorien aus im
Herannahen leicht beobachtet werden kann, sodaß Ueberraschungen bei klarem
Wetter unmöglich sind. Die diesseitige Flotte kann dagegen stets sicher auf
die Rhede debouchiren; ein feindliches Blokadegeschwader müßte aber auch
nach der Ankunft in der offenen See liegen bleiben, da es in die schützenden
Buchten der Strandbefestigungen wegen nicht kommen dürfte, was bei Kiel,
so lange Eckernförde und die Hochwächter Bucht nicht befestigt sind, weit eher
möglich ist.

Zugleich liegt die Insel so nahe am Festlande, daß nicht blos ein Punkt
ihres Strandes, sondern eine mehrere Meilen lange Strecke desselben von der
Festlandsküste nur durch einen schmalen, beiderseits durch Geschütze leicht zu
deckenden Meeresarm, den Strelasund getrennt ist. Da wo dieser Sund am
engsten ist, liegt zum Ueberfluß noch die kleine Insel Dänholm mitten in
seinem Fahrwasser; ihre Befestigungen, welche zugleich die 1848 angelegten
Kanonenbootsschuppen und Hafenanlagen schützend einschließen und 1851,
wie die Swinemünder Fortification, zu einem gewissen Abschluß gebracht
wurden, vermögen in Verbindung mit den grünen Erdschanzen des welligen
rügener Strandes im Nordosten und mit der gleichfalls in Schußweite (mit
der Neiferbahn nur etwa 1000 Fuß entfernt) liegenden Festung Stralsund
im Südwesten das Fahrwasser an dieser Stelle dem Feinde vollkommen zu
sperren, während die eigenen leichten Fahrzeuge mit größter Bequemlichkeit
den Sund benutzen und bald nach Westen bald nach Osten hervorbrechen
können. Namentlich als Brückenkopf für Rügen, mit dem sie die Verbin¬
dung vom Festlande her sichert, hat die freundliche alte Stadt Stralsund*)
(Strelasund) ihren größten Werth. Die detachirten Werke in dem Gefilde



') Hier ist jetzt auch ein Marinedepot, wie sonst nur noch in Kiel und Geestemünde, --
während in Danzig ein solches durch die Werst erhebt wird. An der Spitze desselben steht
schon seit mehreren Jahren ein höherer Marineoffizier als Depotdirector.

mit (Anrechnung der Binnengewässer sogar 20 lH Meilen beträgt. Wie eine
vorgeschobene Bastion liegt diese Insel unweit des Mittelpunkts unserer Ost¬
seeküste, und streckt sich weit in die Ostsee hinein, sodaß eine Flotte, welche
auf der Höhe ihres nördlichen Vorgebirges Arkona kreuzt, die Passage durch
den Sund und die beiden Belte, wie die Passage nördlich und südlich von
Bornholm beherrscht, das zehn deutsche Meilen entfernte Swinemünde deckt,
Kopenhagen bedroht und überhaupt die Einfahrt in die Ostsee schließt. Von
hier aus ist Kopenhagen ja nur 12, der nächste Punkt der schwedischen
Küste nur Is, der schwedische Hauptkriegshafen Karlskrona nur 30 deutsche
Meilen entfernt, und bei der gewöhnlichen Durchschnittsgeschwindigkeit der
Kriegsschiffe von 10 Knoten sind diese Punkte in 3—6. bez. 12 Stunden zu
erreichen, während eine heransegelnde feindliche Flotte von den hochgelegenen
Halbinseln Rügens als von natürlichen Warten oder Observatorien aus im
Herannahen leicht beobachtet werden kann, sodaß Ueberraschungen bei klarem
Wetter unmöglich sind. Die diesseitige Flotte kann dagegen stets sicher auf
die Rhede debouchiren; ein feindliches Blokadegeschwader müßte aber auch
nach der Ankunft in der offenen See liegen bleiben, da es in die schützenden
Buchten der Strandbefestigungen wegen nicht kommen dürfte, was bei Kiel,
so lange Eckernförde und die Hochwächter Bucht nicht befestigt sind, weit eher
möglich ist.

Zugleich liegt die Insel so nahe am Festlande, daß nicht blos ein Punkt
ihres Strandes, sondern eine mehrere Meilen lange Strecke desselben von der
Festlandsküste nur durch einen schmalen, beiderseits durch Geschütze leicht zu
deckenden Meeresarm, den Strelasund getrennt ist. Da wo dieser Sund am
engsten ist, liegt zum Ueberfluß noch die kleine Insel Dänholm mitten in
seinem Fahrwasser; ihre Befestigungen, welche zugleich die 1848 angelegten
Kanonenbootsschuppen und Hafenanlagen schützend einschließen und 1851,
wie die Swinemünder Fortification, zu einem gewissen Abschluß gebracht
wurden, vermögen in Verbindung mit den grünen Erdschanzen des welligen
rügener Strandes im Nordosten und mit der gleichfalls in Schußweite (mit
der Neiferbahn nur etwa 1000 Fuß entfernt) liegenden Festung Stralsund
im Südwesten das Fahrwasser an dieser Stelle dem Feinde vollkommen zu
sperren, während die eigenen leichten Fahrzeuge mit größter Bequemlichkeit
den Sund benutzen und bald nach Westen bald nach Osten hervorbrechen
können. Namentlich als Brückenkopf für Rügen, mit dem sie die Verbin¬
dung vom Festlande her sichert, hat die freundliche alte Stadt Stralsund*)
(Strelasund) ihren größten Werth. Die detachirten Werke in dem Gefilde



') Hier ist jetzt auch ein Marinedepot, wie sonst nur noch in Kiel und Geestemünde, —
während in Danzig ein solches durch die Werst erhebt wird. An der Spitze desselben steht
schon seit mehreren Jahren ein höherer Marineoffizier als Depotdirector.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/426>, abgerufen am 15.01.2025.