Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Bischöfe ihre Weigerung nicht aufrecht halten könnten, weil die katholische Werfen wir nun nach dieser Orientirung noch einen Blick auf das Bischöfe ihre Weigerung nicht aufrecht halten könnten, weil die katholische Werfen wir nun nach dieser Orientirung noch einen Blick auf das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0411" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117943"/> <p xml:id="ID_1300" prev="#ID_1299"> Bischöfe ihre Weigerung nicht aufrecht halten könnten, weil die katholische<lb/> Bevölkerung, sobald ein derartiger Fonds von der Regierung angeboten<lb/> wäre, nicht mehr dieselben freiwilligen Beiträge für ihren Cultus würde<lb/> zahlen wollen. Ueberdies steht in der Lehre oder der Verfassung des Katholi¬<lb/> cismus der Annahme einer derartigen Dotation nichts entgegen, wie u. a.<lb/> Preußens Beispiel zeigt, wo der Erzbischof von Köln feine Einkünfte aus der<lb/> Staatskasse ebenso bezieht wie ein protestantischer Generalsuperintendent, und<lb/> auch in Irland hat die katholische Kirche nie beanstandet, die Dotation an¬<lb/> zunehmen, welche seit Pitts Zeit für das katholische Priesterseminar in May-<lb/> north gespendet wird. Von staatlichem Gesichtspunkt aber würde durch eine<lb/> solche Maßregel eine Controle über den irländischen Clerus gewonnen, welche<lb/> der Agitation feste Schranken ziehen könnte. Die Ungerechtigkeit der über¬<lb/> mäßigen Ausstattung der Minorität würde beseitigt und doch würde letztere<lb/> nicht plötzlich ganz ohne Schutz und Einkünfte hingestellt, sondern behielte<lb/> jenen in gleichem Maße und erhielte von ihren Fonds soviel als sie nach<lb/> ihrer Zahl billigerweise beanspruchen könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1301" next="#ID_1302"> Werfen wir nun nach dieser Orientirung noch einen Blick auf das<lb/> Verfahren von Opposition und Regierung, so finden wir bei beiden wenig<lb/> Grund zur Bewunderung. Gladstone hat die irische Kirchenfrage benutzt,<lb/> um seine zersplitterte Partei wieder zu vereinigen. Wir machen ihm selbst¬<lb/> verständlich keinen Vorwurf daraus, daß er seine Ueberzeugung, die früher<lb/> auf die engste Verbindung von Kirche und Staat ging, geändert; auch läßt<lb/> es sich hören, wenn er sagt, die liberale Partei habe bisher die Frage<lb/> ruhen lassen, weil sie nach wiederholten mißlungenen Versuchen die öffent¬<lb/> liche Meinung zu einer befriedigenden Lösung nicht für reif gehalten. Aber was<lb/> seine Parteitaktik zeigt, ist, daß er so spät und fast durchweg blos negativ<lb/> auftrat. Man versichert zwar, er habe schon lange die Absicht gehabt, einen<lb/> großen Angriff auf die irische Staatskirche zu machen; aber falls dies richtig<lb/> ist, hätte er im Anfang der Session eine vollständig ausgearbeitete Bill einbrin¬<lb/> gen müssen, welche eine positive Lösung sicherte. Statt dessen gab er kein<lb/> Lebenszeichen, bis die Debatte über den Maguire'schen Antrag zu bekunden<lb/> schien, daß das Haus geneigt sein werde, gegen die irische Kirche vorzu¬<lb/> gehen. Nun erst kam er mit seinen Resolutionen. Ihre Schwäche liegt weniger<lb/> darin, daß sie überwiegend abstrakt, als daß sie rein negativ gehalten sind.<lb/> Sie sprechen im Prinzip die Aufhebung der Staatskirche aus, — etat tds<lb/> estMisKeä Ldureti ok Irelanä slioulä eeass to exist as an Lstadlisliment —<lb/> aber sie sagen kein Wort darüber, was hernach werden soll und ebensowenig<lb/> Hat ihr Urheber in seinen zahlreichen Reden Aufschluß darüber gegeben. Er<lb/> hat nur ausgeführt, was bereits in der ersten Resolution angedeutet war<lb/> und sich von selbst verstand, daß die Ansprüche aller persönlich Berechtigten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0411]
Bischöfe ihre Weigerung nicht aufrecht halten könnten, weil die katholische
Bevölkerung, sobald ein derartiger Fonds von der Regierung angeboten
wäre, nicht mehr dieselben freiwilligen Beiträge für ihren Cultus würde
zahlen wollen. Ueberdies steht in der Lehre oder der Verfassung des Katholi¬
cismus der Annahme einer derartigen Dotation nichts entgegen, wie u. a.
Preußens Beispiel zeigt, wo der Erzbischof von Köln feine Einkünfte aus der
Staatskasse ebenso bezieht wie ein protestantischer Generalsuperintendent, und
auch in Irland hat die katholische Kirche nie beanstandet, die Dotation an¬
zunehmen, welche seit Pitts Zeit für das katholische Priesterseminar in May-
north gespendet wird. Von staatlichem Gesichtspunkt aber würde durch eine
solche Maßregel eine Controle über den irländischen Clerus gewonnen, welche
der Agitation feste Schranken ziehen könnte. Die Ungerechtigkeit der über¬
mäßigen Ausstattung der Minorität würde beseitigt und doch würde letztere
nicht plötzlich ganz ohne Schutz und Einkünfte hingestellt, sondern behielte
jenen in gleichem Maße und erhielte von ihren Fonds soviel als sie nach
ihrer Zahl billigerweise beanspruchen könnte.
Werfen wir nun nach dieser Orientirung noch einen Blick auf das
Verfahren von Opposition und Regierung, so finden wir bei beiden wenig
Grund zur Bewunderung. Gladstone hat die irische Kirchenfrage benutzt,
um seine zersplitterte Partei wieder zu vereinigen. Wir machen ihm selbst¬
verständlich keinen Vorwurf daraus, daß er seine Ueberzeugung, die früher
auf die engste Verbindung von Kirche und Staat ging, geändert; auch läßt
es sich hören, wenn er sagt, die liberale Partei habe bisher die Frage
ruhen lassen, weil sie nach wiederholten mißlungenen Versuchen die öffent¬
liche Meinung zu einer befriedigenden Lösung nicht für reif gehalten. Aber was
seine Parteitaktik zeigt, ist, daß er so spät und fast durchweg blos negativ
auftrat. Man versichert zwar, er habe schon lange die Absicht gehabt, einen
großen Angriff auf die irische Staatskirche zu machen; aber falls dies richtig
ist, hätte er im Anfang der Session eine vollständig ausgearbeitete Bill einbrin¬
gen müssen, welche eine positive Lösung sicherte. Statt dessen gab er kein
Lebenszeichen, bis die Debatte über den Maguire'schen Antrag zu bekunden
schien, daß das Haus geneigt sein werde, gegen die irische Kirche vorzu¬
gehen. Nun erst kam er mit seinen Resolutionen. Ihre Schwäche liegt weniger
darin, daß sie überwiegend abstrakt, als daß sie rein negativ gehalten sind.
Sie sprechen im Prinzip die Aufhebung der Staatskirche aus, — etat tds
estMisKeä Ldureti ok Irelanä slioulä eeass to exist as an Lstadlisliment —
aber sie sagen kein Wort darüber, was hernach werden soll und ebensowenig
Hat ihr Urheber in seinen zahlreichen Reden Aufschluß darüber gegeben. Er
hat nur ausgeführt, was bereits in der ersten Resolution angedeutet war
und sich von selbst verstand, daß die Ansprüche aller persönlich Berechtigten
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