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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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Thongefäße und Waffen aus Athen, sondern auch andere Metallarbeiten, so-
wie Tuche und Lederwaaren, auch Spielzeug. Der Fremde lobte auch in
seiner Heimath ätherisches Backwerk und ätherische Küche, auch versorgte er
sich gern mit modischen athenischen Schuhwerk. Als solche Gewerbe, die für
vorzugsweise einträglich in Athen gelten, sind zu bezeichnen die Gewerbe der
Bäcker. Gerber, Lampenmacher. Müller. Tuchmacher und der Waffenschmiede.

Mit dem Erzeugen der Waaren, 'besonders wo dies auf fabrikmäßigen
Wege geschieht, hängt der Verkauf und Vertrieb derselben eng zusammen.
Zunächst unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß so manche Waare, wie bei
uns, sogleich aus den Händen des Erzeugers in die des Käufers überging.
Man nannte solche Verkäufer "Autopoloi" und es gehörten zu ihnen nicht
nur solche Producenten, wie Landleute und Kranzwinderinnen, sondern auch
Fabrikate der Sclavenwerkstätten wurden von den Fabrikherren zum Verkauf
gestellt. So brachte unter andern eine Sclavin des Timarch feine Gewebe
aus der Werkstatt auf den Markt. Da der Verkauf aber viel Zeit fort-
nahm, so übergab man die Waare einem Höker oder Krämer, der sie im
einzelnen verhandelte. In dieser Weise verfuhren die Landleute, die nicht
immer zur rechten Zeit auf dem Markt sein konnten, ebenso die Fischer,
deren Waare nur zu bestimmten Stunden feilgeboten wurde. Sonst geschah
der Verkauf hauptsächlich auf dem Markte, wo vielfach Weiber diesem Ge¬
schäft vorstanden und zwar nicht nur Sclavinnen und Weiber von Schutz¬
verwandten, sondern auch Bürgerinnen. Den Markt werden wir uns als
einen Stadttheil vorzustellen haben, der mit Hallen. Tempeln, Bildsäulen
geschmückt und von Platanen beschattet, Sitze als geeignete Ruheplätze für
die ermüdeten Fußgänger enthielt. Letzteres war um so mehr nöthig, als
der ätherische Bürger den Markt selbst in Begleitung von Sclaven zu
besuchen pflegte. Den verschiedenen Waaren sind bestimmte Abtheilungen
zugewiesen, die unter dem Namen der "Kykloi" zusammengefaßt werden.
Es gab solche Abtheilungen nicht allein für die Lebensmittel, sondern auch
für Geschirr, Betten, Sophas u. f. w., auch hatten, wie noch heute im Süden,
die Geldwechsler hier ihren Stand. Ueber den Verkauf wachte eine eigene
Polizeibehörde. Etwas unseren Messen und Jahrmärkten ähnliches waren
die Festversammlungen, zu denen Griechen aus allen Gegenden zusammen¬
strömten und ihre Waaren zum Verkauf stellten. Dasselbe Verhältniß, wie
zwischen Arbeiter und Fabrikherrn, fand zwischen dem Marktverkäufer und
dem Großhändler statt. Erstern traf der Vorwurf der Banausie, letztern nicht
im geringsten. Diese hatten eine eigene Börse -- das Deigma -- im Pi-
räus, wo die Proben besichtigt und die Geschäfte abgeschlossen wurden. Das
Treiben dort mag wohl manche Aehnlichkeit mit dem von heute gehabt ha-


Thongefäße und Waffen aus Athen, sondern auch andere Metallarbeiten, so-
wie Tuche und Lederwaaren, auch Spielzeug. Der Fremde lobte auch in
seiner Heimath ätherisches Backwerk und ätherische Küche, auch versorgte er
sich gern mit modischen athenischen Schuhwerk. Als solche Gewerbe, die für
vorzugsweise einträglich in Athen gelten, sind zu bezeichnen die Gewerbe der
Bäcker. Gerber, Lampenmacher. Müller. Tuchmacher und der Waffenschmiede.

Mit dem Erzeugen der Waaren, 'besonders wo dies auf fabrikmäßigen
Wege geschieht, hängt der Verkauf und Vertrieb derselben eng zusammen.
Zunächst unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß so manche Waare, wie bei
uns, sogleich aus den Händen des Erzeugers in die des Käufers überging.
Man nannte solche Verkäufer „Autopoloi" und es gehörten zu ihnen nicht
nur solche Producenten, wie Landleute und Kranzwinderinnen, sondern auch
Fabrikate der Sclavenwerkstätten wurden von den Fabrikherren zum Verkauf
gestellt. So brachte unter andern eine Sclavin des Timarch feine Gewebe
aus der Werkstatt auf den Markt. Da der Verkauf aber viel Zeit fort-
nahm, so übergab man die Waare einem Höker oder Krämer, der sie im
einzelnen verhandelte. In dieser Weise verfuhren die Landleute, die nicht
immer zur rechten Zeit auf dem Markt sein konnten, ebenso die Fischer,
deren Waare nur zu bestimmten Stunden feilgeboten wurde. Sonst geschah
der Verkauf hauptsächlich auf dem Markte, wo vielfach Weiber diesem Ge¬
schäft vorstanden und zwar nicht nur Sclavinnen und Weiber von Schutz¬
verwandten, sondern auch Bürgerinnen. Den Markt werden wir uns als
einen Stadttheil vorzustellen haben, der mit Hallen. Tempeln, Bildsäulen
geschmückt und von Platanen beschattet, Sitze als geeignete Ruheplätze für
die ermüdeten Fußgänger enthielt. Letzteres war um so mehr nöthig, als
der ätherische Bürger den Markt selbst in Begleitung von Sclaven zu
besuchen pflegte. Den verschiedenen Waaren sind bestimmte Abtheilungen
zugewiesen, die unter dem Namen der „Kykloi" zusammengefaßt werden.
Es gab solche Abtheilungen nicht allein für die Lebensmittel, sondern auch
für Geschirr, Betten, Sophas u. f. w., auch hatten, wie noch heute im Süden,
die Geldwechsler hier ihren Stand. Ueber den Verkauf wachte eine eigene
Polizeibehörde. Etwas unseren Messen und Jahrmärkten ähnliches waren
die Festversammlungen, zu denen Griechen aus allen Gegenden zusammen¬
strömten und ihre Waaren zum Verkauf stellten. Dasselbe Verhältniß, wie
zwischen Arbeiter und Fabrikherrn, fand zwischen dem Marktverkäufer und
dem Großhändler statt. Erstern traf der Vorwurf der Banausie, letztern nicht
im geringsten. Diese hatten eine eigene Börse — das Deigma — im Pi-
räus, wo die Proben besichtigt und die Geschäfte abgeschlossen wurden. Das
Treiben dort mag wohl manche Aehnlichkeit mit dem von heute gehabt ha-


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[0387] Thongefäße und Waffen aus Athen, sondern auch andere Metallarbeiten, so- wie Tuche und Lederwaaren, auch Spielzeug. Der Fremde lobte auch in seiner Heimath ätherisches Backwerk und ätherische Küche, auch versorgte er sich gern mit modischen athenischen Schuhwerk. Als solche Gewerbe, die für vorzugsweise einträglich in Athen gelten, sind zu bezeichnen die Gewerbe der Bäcker. Gerber, Lampenmacher. Müller. Tuchmacher und der Waffenschmiede. Mit dem Erzeugen der Waaren, 'besonders wo dies auf fabrikmäßigen Wege geschieht, hängt der Verkauf und Vertrieb derselben eng zusammen. Zunächst unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß so manche Waare, wie bei uns, sogleich aus den Händen des Erzeugers in die des Käufers überging. Man nannte solche Verkäufer „Autopoloi" und es gehörten zu ihnen nicht nur solche Producenten, wie Landleute und Kranzwinderinnen, sondern auch Fabrikate der Sclavenwerkstätten wurden von den Fabrikherren zum Verkauf gestellt. So brachte unter andern eine Sclavin des Timarch feine Gewebe aus der Werkstatt auf den Markt. Da der Verkauf aber viel Zeit fort- nahm, so übergab man die Waare einem Höker oder Krämer, der sie im einzelnen verhandelte. In dieser Weise verfuhren die Landleute, die nicht immer zur rechten Zeit auf dem Markt sein konnten, ebenso die Fischer, deren Waare nur zu bestimmten Stunden feilgeboten wurde. Sonst geschah der Verkauf hauptsächlich auf dem Markte, wo vielfach Weiber diesem Ge¬ schäft vorstanden und zwar nicht nur Sclavinnen und Weiber von Schutz¬ verwandten, sondern auch Bürgerinnen. Den Markt werden wir uns als einen Stadttheil vorzustellen haben, der mit Hallen. Tempeln, Bildsäulen geschmückt und von Platanen beschattet, Sitze als geeignete Ruheplätze für die ermüdeten Fußgänger enthielt. Letzteres war um so mehr nöthig, als der ätherische Bürger den Markt selbst in Begleitung von Sclaven zu besuchen pflegte. Den verschiedenen Waaren sind bestimmte Abtheilungen zugewiesen, die unter dem Namen der „Kykloi" zusammengefaßt werden. Es gab solche Abtheilungen nicht allein für die Lebensmittel, sondern auch für Geschirr, Betten, Sophas u. f. w., auch hatten, wie noch heute im Süden, die Geldwechsler hier ihren Stand. Ueber den Verkauf wachte eine eigene Polizeibehörde. Etwas unseren Messen und Jahrmärkten ähnliches waren die Festversammlungen, zu denen Griechen aus allen Gegenden zusammen¬ strömten und ihre Waaren zum Verkauf stellten. Dasselbe Verhältniß, wie zwischen Arbeiter und Fabrikherrn, fand zwischen dem Marktverkäufer und dem Großhändler statt. Erstern traf der Vorwurf der Banausie, letztern nicht im geringsten. Diese hatten eine eigene Börse — das Deigma — im Pi- räus, wo die Proben besichtigt und die Geschäfte abgeschlossen wurden. Das Treiben dort mag wohl manche Aehnlichkeit mit dem von heute gehabt ha-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/387>, abgerufen am 16.01.2025.