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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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rend ein Paar Weiberschuhe in später römischer Zeit zu 12 guten Groschen
berechnet wurden, kosteten in aristophanischer Zeit ein Paar elegante Männer¬
schuhe, nach der Forderung eines Jünglings im Plutus zu schließen, 2 Tha¬
ler. Wenn man als Maßstab festhält, daß im sokratischen Zeitalter eine
Familie von 4 Personen bei einem jährlichen Einkommen von 120 Thlrn,,
wenn auch ärmlich, leben und eine Person für 3 gute Groschen täglich mit¬
telmäßig unterhalten werden konnte, mithin bei 200 Thlr. jährlichem Ein¬
kommen ein ganz anständiges Leben möglich war, so erscheint dieser Preis
als sehr beträchtlich.

Weber, Färber- und Walker lieferten ihre Waare in die Magazine der
Kleiderhändler, wie sie z. B. Demeas und Meno in Athen hatten, die Beide
Vermögen erwarben. Berühmt war Athen wegen seiner Töpferarbeit, die
vorzugsweise von Bürgern betrieben wurde. Sie war sehr billig. So kostete
ein Mischkrug, hoch gerechnet, 4 gute Groschen, ein mittelmäßig bemaltes Ge¬
fäß von fast 5" Höhe einen halben guten Groschen, ein irdenes Faß 18 gute
Groschen. Nicht weniger berühmt war die ätherische Metallarbeit. Diese
trat vielfach an die Stelle unserer Tischlerarbeit und lieferte nicht nur
Küchengeräthe, sondern auch mancherlei Meubles. Es waren z. B. Schenk¬
tische von Metall in Gebrauch und wir wissen, daß ein eherner, zusammen¬
gesetzter, mit Satyrgesichtern und Stierköpfen geziert, kaum 7^ Thlr. werth
geachtet wurde. Auch Schlosserarbeit dürfen wir hier erwähnen, die selbst
zur Verfertigung von geheimen Schlüsseln verwandt wurde. Ein solcher
Schlüssel nebst Ring kostete im aristophanischen Zeitalter 3 gute Groschen.
Die Häuser wurden mit Fachwerk oder aus ungebrannten Lehmsteinen auf¬
geführt und waren meist klein, wenn sie nicht Miethshäuser waren, in welchem
Falle die Stockwerke auch über die Straße hinüberhingen. Doch gab es
auch Luxusbauten genug seit dem perikleischen Zeitalter, wo man auf künst¬
lerische Weise das Innere zu verzieren anfing, mehr noch zur Zeit des De-
mosthenes, der selbst ein Haus in dem elegantem Stadttheil, dem Piraeus,
besaß. Beschäftigung der Bürger beim Häuserbau werden wir wohl nur da
anzunehmen haben, wo es sich um Luxus- besonders aber um Staatsbauten
handelte. Die Bauten wurden meist einem Architecten in Pacht gegeben,
der nicht nur die erforderlichen Bauleute stellte, sondern auch Materialien
und Tagelohn mit in Accord nahm. Der Preis der Häuser stellte sich von
760--3000 Thlr.

So sehen wir alle die Gewerbszweige, welche die Beschaffung des eigent¬
lichen Hausbedarfs bezwecken, sich fabrikmäßig gestalten und mit ihrer Be¬
treibung auch Bürger beschäftigt. Schon hieraus möchte wohl erhellen, daß
das Vorurtheil gegen Erwerb durch Arbeit nicht stark genug gewesen sei, um


rend ein Paar Weiberschuhe in später römischer Zeit zu 12 guten Groschen
berechnet wurden, kosteten in aristophanischer Zeit ein Paar elegante Männer¬
schuhe, nach der Forderung eines Jünglings im Plutus zu schließen, 2 Tha¬
ler. Wenn man als Maßstab festhält, daß im sokratischen Zeitalter eine
Familie von 4 Personen bei einem jährlichen Einkommen von 120 Thlrn,,
wenn auch ärmlich, leben und eine Person für 3 gute Groschen täglich mit¬
telmäßig unterhalten werden konnte, mithin bei 200 Thlr. jährlichem Ein¬
kommen ein ganz anständiges Leben möglich war, so erscheint dieser Preis
als sehr beträchtlich.

Weber, Färber- und Walker lieferten ihre Waare in die Magazine der
Kleiderhändler, wie sie z. B. Demeas und Meno in Athen hatten, die Beide
Vermögen erwarben. Berühmt war Athen wegen seiner Töpferarbeit, die
vorzugsweise von Bürgern betrieben wurde. Sie war sehr billig. So kostete
ein Mischkrug, hoch gerechnet, 4 gute Groschen, ein mittelmäßig bemaltes Ge¬
fäß von fast 5" Höhe einen halben guten Groschen, ein irdenes Faß 18 gute
Groschen. Nicht weniger berühmt war die ätherische Metallarbeit. Diese
trat vielfach an die Stelle unserer Tischlerarbeit und lieferte nicht nur
Küchengeräthe, sondern auch mancherlei Meubles. Es waren z. B. Schenk¬
tische von Metall in Gebrauch und wir wissen, daß ein eherner, zusammen¬
gesetzter, mit Satyrgesichtern und Stierköpfen geziert, kaum 7^ Thlr. werth
geachtet wurde. Auch Schlosserarbeit dürfen wir hier erwähnen, die selbst
zur Verfertigung von geheimen Schlüsseln verwandt wurde. Ein solcher
Schlüssel nebst Ring kostete im aristophanischen Zeitalter 3 gute Groschen.
Die Häuser wurden mit Fachwerk oder aus ungebrannten Lehmsteinen auf¬
geführt und waren meist klein, wenn sie nicht Miethshäuser waren, in welchem
Falle die Stockwerke auch über die Straße hinüberhingen. Doch gab es
auch Luxusbauten genug seit dem perikleischen Zeitalter, wo man auf künst¬
lerische Weise das Innere zu verzieren anfing, mehr noch zur Zeit des De-
mosthenes, der selbst ein Haus in dem elegantem Stadttheil, dem Piraeus,
besaß. Beschäftigung der Bürger beim Häuserbau werden wir wohl nur da
anzunehmen haben, wo es sich um Luxus- besonders aber um Staatsbauten
handelte. Die Bauten wurden meist einem Architecten in Pacht gegeben,
der nicht nur die erforderlichen Bauleute stellte, sondern auch Materialien
und Tagelohn mit in Accord nahm. Der Preis der Häuser stellte sich von
760—3000 Thlr.

So sehen wir alle die Gewerbszweige, welche die Beschaffung des eigent¬
lichen Hausbedarfs bezwecken, sich fabrikmäßig gestalten und mit ihrer Be¬
treibung auch Bürger beschäftigt. Schon hieraus möchte wohl erhellen, daß
das Vorurtheil gegen Erwerb durch Arbeit nicht stark genug gewesen sei, um


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[0385] rend ein Paar Weiberschuhe in später römischer Zeit zu 12 guten Groschen berechnet wurden, kosteten in aristophanischer Zeit ein Paar elegante Männer¬ schuhe, nach der Forderung eines Jünglings im Plutus zu schließen, 2 Tha¬ ler. Wenn man als Maßstab festhält, daß im sokratischen Zeitalter eine Familie von 4 Personen bei einem jährlichen Einkommen von 120 Thlrn,, wenn auch ärmlich, leben und eine Person für 3 gute Groschen täglich mit¬ telmäßig unterhalten werden konnte, mithin bei 200 Thlr. jährlichem Ein¬ kommen ein ganz anständiges Leben möglich war, so erscheint dieser Preis als sehr beträchtlich. Weber, Färber- und Walker lieferten ihre Waare in die Magazine der Kleiderhändler, wie sie z. B. Demeas und Meno in Athen hatten, die Beide Vermögen erwarben. Berühmt war Athen wegen seiner Töpferarbeit, die vorzugsweise von Bürgern betrieben wurde. Sie war sehr billig. So kostete ein Mischkrug, hoch gerechnet, 4 gute Groschen, ein mittelmäßig bemaltes Ge¬ fäß von fast 5" Höhe einen halben guten Groschen, ein irdenes Faß 18 gute Groschen. Nicht weniger berühmt war die ätherische Metallarbeit. Diese trat vielfach an die Stelle unserer Tischlerarbeit und lieferte nicht nur Küchengeräthe, sondern auch mancherlei Meubles. Es waren z. B. Schenk¬ tische von Metall in Gebrauch und wir wissen, daß ein eherner, zusammen¬ gesetzter, mit Satyrgesichtern und Stierköpfen geziert, kaum 7^ Thlr. werth geachtet wurde. Auch Schlosserarbeit dürfen wir hier erwähnen, die selbst zur Verfertigung von geheimen Schlüsseln verwandt wurde. Ein solcher Schlüssel nebst Ring kostete im aristophanischen Zeitalter 3 gute Groschen. Die Häuser wurden mit Fachwerk oder aus ungebrannten Lehmsteinen auf¬ geführt und waren meist klein, wenn sie nicht Miethshäuser waren, in welchem Falle die Stockwerke auch über die Straße hinüberhingen. Doch gab es auch Luxusbauten genug seit dem perikleischen Zeitalter, wo man auf künst¬ lerische Weise das Innere zu verzieren anfing, mehr noch zur Zeit des De- mosthenes, der selbst ein Haus in dem elegantem Stadttheil, dem Piraeus, besaß. Beschäftigung der Bürger beim Häuserbau werden wir wohl nur da anzunehmen haben, wo es sich um Luxus- besonders aber um Staatsbauten handelte. Die Bauten wurden meist einem Architecten in Pacht gegeben, der nicht nur die erforderlichen Bauleute stellte, sondern auch Materialien und Tagelohn mit in Accord nahm. Der Preis der Häuser stellte sich von 760—3000 Thlr. So sehen wir alle die Gewerbszweige, welche die Beschaffung des eigent¬ lichen Hausbedarfs bezwecken, sich fabrikmäßig gestalten und mit ihrer Be¬ treibung auch Bürger beschäftigt. Schon hieraus möchte wohl erhellen, daß das Vorurtheil gegen Erwerb durch Arbeit nicht stark genug gewesen sei, um

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/385>, abgerufen am 16.01.2025.