Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Wandte, 17 Sclaven, 5 lassen sich nicht genauer bestimmen. Von diesen sind 48
Wandte, 17 Sclaven, 5 lassen sich nicht genauer bestimmen. Von diesen sind 48
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Wandte, 17 Sclaven, 5 lassen sich nicht genauer bestimmen. Von diesen sind
drei Bürger Bildhauer, die übrigen Steinmetzen, auch ist der Architect und
dessen Schreiber Bürger. Daß auch später trotz der größeren Entwöhnung
von eigentlicher Arbeit die Bürger nicht ganz aufhörten, sich an der Staats¬
arbeit zu betheiligen, geht daraus hervor, daß Diophantos, wahrscheinlich ein
Zeitgenosse des Demosthenes,'den Plan fassen konnte, die öffentlichen Arbeiten
von Staatssclaven betreiben zu lassen. Ein solcher Plan hätte allenfalls in
einem aristokratischen Staate Sinn gehabt, wie denn in Epidaurus die Ge¬
werbe nur von Sclaven betrieben sein sollen, konnte aber in dem demokra¬
tischen Athen keinen Boden gewinnen. Mit Recht sagt daher Böckh: der geringere
Bürger war durch seine Umstände so gut als der arme Schutzverwandte
oder Sclave zur Handarbeit genöthigt und nennt den Phaleas von Chalke-
don einen politischen Phantastiker oder phantastischen Politiker, der bei Ver¬
mögensgleichheit der Bürger, zunächst im Grundeigenthum, die Gewerbe im
Staate insgesammt von Staatsknechten betrieben wissen wollte, indem er
an die neuerdings vorgeschlagenen öffentlichen Werkstätten erinnert. Es fehlt
nicht an Notizen, aus denen hervorgeht, daß sich geringere Bürger selbst zu
niederen Diensten, wenn die Umstände es erforderten, hergaben. Einer sol<
chen Figur ist wohl der Lastträger im den Fröschen des Aristophanes unter
den Todten der Unterwelt nachgebildet, der für das Tragen eines kleinen
Päckchens einen ganz unverschämten Preis fordert. Ebenso erkennen wir in
einem Tagelöhner des Vaters des aus Platon bekannten Euthyvhron auf
Naxos einen Bürger der untersten Volksklasse. Aus dem bezüglichen Bericht
ist ersichtlich, daß die Behandlung solcher geringer Bürger nicht eben eine sehr
schonende gewesen ist. Dieser der Klasse der Theden angehörige Bürger hatte
während seines Dienstes in trunknem Zustande einen Mitarbeiter erschlagen.
Der Vater des Euthyphron ließ ihn gebunden in einen Graben werfen und
dort liegen, bis Nachricht von dem Ausleger des heiligen Rechts, wie weiter
mit ihm zu verfahren sei, gekommen wäre. Ehe diese aber kam, war der
Tagelöhner bereits vor Hunger und Kälte umgekommen. — Auch unter dem
Schiffsvolk des Piraeus dürfen wir gewiß manchen Bürger suchen. Aus
dieser Klasse rekrutirte sich besonders der Pöbel der Hauptstadt, und der Witz,
wie er dem Athener eigen war, wird gewiß diesem „frechen, zügellosen Völk¬
chen" — nicht gefehlt haben. Ein Musterrepräsentant dieser Klasse ist Dema-
des, der bekannte Gegner des Demosthenes, welcher das Schiffsruder mit dem
Staatsruder vertauschte, und dessen stets bereite Schlagfertigkeit uns aus
mancher überlieferten Anekdote bekannt ist. Strenge Gesetze scheinen den
Ueber griffen und der Fahrlässigkeit dieser leicht beweglichen Masse gesteuert
zu haben. So durfte z. B. Jemand, dessen Schiff auf der Fahrt nach
Salamis umgeschlagen war, nicht wieder Fährmann werden. Bei vielen Ge--
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