Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.den Thetes -- zugerechnet wurde, unverhältnißmäßig verkürzt. Allein die Die Lage des niedrigsten Arbeiters, des Sclaven, war bei den Athenern den Thetes — zugerechnet wurde, unverhältnißmäßig verkürzt. Allein die Die Lage des niedrigsten Arbeiters, des Sclaven, war bei den Athenern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117911"/> <p xml:id="ID_1185" prev="#ID_1184"> den Thetes — zugerechnet wurde, unverhältnißmäßig verkürzt. Allein die<lb/> dieser Klasseneintheilung zu Grunde liegende Schätzung hatte gar nicht- zum<lb/> Zweck, das Vermögen des Bürgers im allgemeinen behufs einer Einkommen¬<lb/> steuer in unserem Sinne festzustellen, sondern es handelte sich nur um das<lb/> Steuerobject, von dem Leistungen an den Staat gemacht werden sollten.<lb/> Wenn aber nur das unbewegliche Vermögen besteuert werden sollte, so<lb/> hatte das den guten Grund, daß dies allein keinen Schwankungen unterlag,<lb/> und wenn nur die Träger solchen Besitzes zu Aemtern und Würden zuge¬<lb/> lassen werden sollten, so sah der Gesetzgeber in ihnen die Bürger, die mit<lb/> all' ihren Interessen an den Boden des Vaterlandes geknüpft waren. Den<lb/> übrigen Staatsbürgern war wenigstens der mittelbare Antheil an der Staats-<lb/> leitung durch Theilnahme an der Volksversammlung gesichert. Können wir<lb/> mithin von einer Geringschätzung des Gewerbes in jener Zeit mit Fug und<lb/> Recht nicht reden, so brachten doch die veränderten staatlichen Verhältnisse<lb/> eine große Wandlung auch im gewerblichen Leben mit sich. Je mehr der<lb/> Mittelstand in die Rechte der adligen Herren eintrat, desto mehr zog er sich<lb/> von selbständiger Betreibung des Gewerbes zurück. Nimmt man hiezu den<lb/> Umstand, daß viele fremde Industrielle sich in Athen ansiedelten, die zwar<lb/> noch unter Kleisthenes theilweise in die Bürgerschaft aufgenommen wurden,<lb/> sonst aber in das Verhältniß von Schutzverwandten traten, so wird man<lb/> begreifen, wie der Bürger eine solche Gemeinschaft mit Fremden und Scla¬<lb/> ven nicht sehr anlockend finden konnte. Die Folge davon war. daß die<lb/> Bürger sich bei der angebornen Liebe des Atheners zum Landleben entweder<lb/> vorzugsweise der Landwirthschaft widmeten oder ihre Mittel dazu anwen¬<lb/> deten, für ihre Rechnung durch Sclaven irgend einen Gewerbszweig betrei¬<lb/> ben zu lassen, also in die Stellung von Fabrikherrn traten. So sehen wir<lb/> denn mit zunehmendem Seeverkehr, wie er namentlich seit Themistokles statt¬<lb/> fand, die Anfänge des Fabrikwesens sich entwickeln und erkennen unter den<lb/> dem Gewerbebetrieb in Athen zu jener Zeit Obliegenden folgende Elemente:<lb/> den für seinen Herrn arbeitenden Sclaven, den freien, aber mit geringeren<lb/> bürgerlichen Rechten ausgestatteten Schutzverwandten, — endlich den Voll¬<lb/> bürger, der bald als unbemittelter Lohnarbeiter, bald als kleiner Fabrikant,<lb/> bald als großer Fabrikherr aufgetreten sein wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1186" next="#ID_1187"> Die Lage des niedrigsten Arbeiters, des Sclaven, war bei den Athenern<lb/> keine so drückende, wie in Sparta. Die Menschenwaare der asiatischen Märkte<lb/> kam von den Küsten des schwarzen und ägäischen Meeres auf den athenischen<lb/> Markt, wo sie an den Neumonden feilgeboten wurde. Unterschieden sich die<lb/> Sclaven schon äußerlich wenig von den Freien, so gab ihnen die Theilnahme<lb/> an den Familien- und Staatsfesten das Gefühl einer gewissen Zusammenge-<lb/> Hörigkeit mit diesen und ein Interesse an den Angelegenheiten des Hauses und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0379]
den Thetes — zugerechnet wurde, unverhältnißmäßig verkürzt. Allein die
dieser Klasseneintheilung zu Grunde liegende Schätzung hatte gar nicht- zum
Zweck, das Vermögen des Bürgers im allgemeinen behufs einer Einkommen¬
steuer in unserem Sinne festzustellen, sondern es handelte sich nur um das
Steuerobject, von dem Leistungen an den Staat gemacht werden sollten.
Wenn aber nur das unbewegliche Vermögen besteuert werden sollte, so
hatte das den guten Grund, daß dies allein keinen Schwankungen unterlag,
und wenn nur die Träger solchen Besitzes zu Aemtern und Würden zuge¬
lassen werden sollten, so sah der Gesetzgeber in ihnen die Bürger, die mit
all' ihren Interessen an den Boden des Vaterlandes geknüpft waren. Den
übrigen Staatsbürgern war wenigstens der mittelbare Antheil an der Staats-
leitung durch Theilnahme an der Volksversammlung gesichert. Können wir
mithin von einer Geringschätzung des Gewerbes in jener Zeit mit Fug und
Recht nicht reden, so brachten doch die veränderten staatlichen Verhältnisse
eine große Wandlung auch im gewerblichen Leben mit sich. Je mehr der
Mittelstand in die Rechte der adligen Herren eintrat, desto mehr zog er sich
von selbständiger Betreibung des Gewerbes zurück. Nimmt man hiezu den
Umstand, daß viele fremde Industrielle sich in Athen ansiedelten, die zwar
noch unter Kleisthenes theilweise in die Bürgerschaft aufgenommen wurden,
sonst aber in das Verhältniß von Schutzverwandten traten, so wird man
begreifen, wie der Bürger eine solche Gemeinschaft mit Fremden und Scla¬
ven nicht sehr anlockend finden konnte. Die Folge davon war. daß die
Bürger sich bei der angebornen Liebe des Atheners zum Landleben entweder
vorzugsweise der Landwirthschaft widmeten oder ihre Mittel dazu anwen¬
deten, für ihre Rechnung durch Sclaven irgend einen Gewerbszweig betrei¬
ben zu lassen, also in die Stellung von Fabrikherrn traten. So sehen wir
denn mit zunehmendem Seeverkehr, wie er namentlich seit Themistokles statt¬
fand, die Anfänge des Fabrikwesens sich entwickeln und erkennen unter den
dem Gewerbebetrieb in Athen zu jener Zeit Obliegenden folgende Elemente:
den für seinen Herrn arbeitenden Sclaven, den freien, aber mit geringeren
bürgerlichen Rechten ausgestatteten Schutzverwandten, — endlich den Voll¬
bürger, der bald als unbemittelter Lohnarbeiter, bald als kleiner Fabrikant,
bald als großer Fabrikherr aufgetreten sein wird.
Die Lage des niedrigsten Arbeiters, des Sclaven, war bei den Athenern
keine so drückende, wie in Sparta. Die Menschenwaare der asiatischen Märkte
kam von den Küsten des schwarzen und ägäischen Meeres auf den athenischen
Markt, wo sie an den Neumonden feilgeboten wurde. Unterschieden sich die
Sclaven schon äußerlich wenig von den Freien, so gab ihnen die Theilnahme
an den Familien- und Staatsfesten das Gefühl einer gewissen Zusammenge-
Hörigkeit mit diesen und ein Interesse an den Angelegenheiten des Hauses und
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