Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.kurzen Arbeitszeit in geselliger Freude gleichsam ertränkt. Sie waren der Denn das kann jetzt als geschichtliche Thatsache festgestellt werden: Mit noch stärkerer Mehrheit, als die vorgeschlagenen Sätze der Tabaks¬ 45
kurzen Arbeitszeit in geselliger Freude gleichsam ertränkt. Sie waren der Denn das kann jetzt als geschichtliche Thatsache festgestellt werden: Mit noch stärkerer Mehrheit, als die vorgeschlagenen Sätze der Tabaks¬ 45
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0359" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117891"/> <p xml:id="ID_1132" prev="#ID_1131"> kurzen Arbeitszeit in geselliger Freude gleichsam ertränkt. Sie waren der<lb/> richtige Ausdruck der Stimmung, welche zuletzt vorherrschte, selbst bei einem<lb/> Theile derjenigen, welche sonst die Kosten des glücklichen Umschwungs zu<lb/> tragen hatten. Damit sind nicht die Finanzminister gemeint, denen mit der<lb/> Beschneidung der Tabaksvorlage und der Ablehnung des Petroleumzolls übel<lb/> genug mitgespielt worden ist, auch nicht die reinen Freihändler, welchen aus<lb/> der gleichen Ursache die Vereinfachung und Ermäßigung des Zolltarifs über<lb/> das Maß des deutsch-östreichischen Handelsvertrages hinaus entgangen ist, —<lb/> sondern die süddeutschgesinnten Süddeutschen, im Gegensatz zu dem entschie-<lb/> den und einfach deutschgesinnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1133"> Denn das kann jetzt als geschichtliche Thatsache festgestellt werden:<lb/> Competenzerweiterer und Competenzzweifler sind darin vom Anfang an einig<lb/> gewesen, das politische Interesse bei den Acten dieses Parlaments voranzu¬<lb/> stellen. Niemand, außer allenfalls einige Königsberger Kaufleute und einige<lb/> thüringische Geheimräthe, fällt sein Urtheil über die Session hauptsächlich<lb/> nach volkswirthschaftlichen und finanziellen Gesichtspunkten. Alle fragen<lb/> zuerst: welchen Vorschub hat sie unsern politischen Plänen und Wünschen<lb/> geleistet? Darum ziehen geschlagen von dannen nur diejenigen, welche gegen<lb/> den Fortgang des nationalen Einheitswerks gestritten haben, nicht die An¬<lb/> hänger irgend welcher ökonomischen Theorie oder die Vertheidiger irgend<lb/> eines Projects zur Grundaufbesserung der deutschen Finanzen von der Seite<lb/> der indirecten Abgaben her. Man kann nicht sagen, daß im Zollparlament<lb/> der Freihandel über den Schutzzoll triumphirt hätte. Man kann auch noch<lb/> nicht nackthin behaupten, daß in der neuen Organisation des Zollvereins<lb/> die finanziellen Interessen zu kurz kämen. Aber was man, gestützt auf die<lb/> Erfahrung dieses Maimonds, mit Zuversicht annehmen kann, ist, daß eine<lb/> lebe weitere Session des Zollparlaments die frechen Hoffnungen der Feinde<lb/> des werdenden Deutschland von neuem zu Schanden machen wird. .</p><lb/> <p xml:id="ID_1134" next="#ID_1135"> Mit noch stärkerer Mehrheit, als die vorgeschlagenen Sätze der Tabaks¬<lb/> besteuerung, ist der Petroleumzoll gefallen. Es scheint, man hat denselben<lb/> "n Bundeskanzleramt selbst nur ungern angeregt. Die nächsten Freunde der<lb/> leitenden Köpfe dieser Körperschaft im Parlament und in der Presse sind mit<lb/> ihrer vollen Energie gegen einen Zoll für Petroleum aufgetreten. Wahr¬<lb/> scheinlich also, daß die Idee aus dem mehr um Geld verlegenen als auf<lb/> volkswirschaftliche Correctheit ausgehenden preußischen Finanzministerium<lb/> ^in, und in der Kanzlei des Grafen Bismarck aus Gründen hoher Politik<lb/> adoptirt wurde. Von dem Tabak gilt möglicherweise etwas ähnliches, wenn<lb/> ^ auch feststeht, daß Geheimrath Michaelis an die der Vorlage beigegebene<lb/> Denkschrift die letzte Hand gelegt hat. Daß die gänzliche Uebergehung des<lb/> Zuckers nicht nach seinem oder Präsident Delbrücks individuellem Geschmacke<lb/> *</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 45 </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0359]
kurzen Arbeitszeit in geselliger Freude gleichsam ertränkt. Sie waren der
richtige Ausdruck der Stimmung, welche zuletzt vorherrschte, selbst bei einem
Theile derjenigen, welche sonst die Kosten des glücklichen Umschwungs zu
tragen hatten. Damit sind nicht die Finanzminister gemeint, denen mit der
Beschneidung der Tabaksvorlage und der Ablehnung des Petroleumzolls übel
genug mitgespielt worden ist, auch nicht die reinen Freihändler, welchen aus
der gleichen Ursache die Vereinfachung und Ermäßigung des Zolltarifs über
das Maß des deutsch-östreichischen Handelsvertrages hinaus entgangen ist, —
sondern die süddeutschgesinnten Süddeutschen, im Gegensatz zu dem entschie-
den und einfach deutschgesinnten.
Denn das kann jetzt als geschichtliche Thatsache festgestellt werden:
Competenzerweiterer und Competenzzweifler sind darin vom Anfang an einig
gewesen, das politische Interesse bei den Acten dieses Parlaments voranzu¬
stellen. Niemand, außer allenfalls einige Königsberger Kaufleute und einige
thüringische Geheimräthe, fällt sein Urtheil über die Session hauptsächlich
nach volkswirthschaftlichen und finanziellen Gesichtspunkten. Alle fragen
zuerst: welchen Vorschub hat sie unsern politischen Plänen und Wünschen
geleistet? Darum ziehen geschlagen von dannen nur diejenigen, welche gegen
den Fortgang des nationalen Einheitswerks gestritten haben, nicht die An¬
hänger irgend welcher ökonomischen Theorie oder die Vertheidiger irgend
eines Projects zur Grundaufbesserung der deutschen Finanzen von der Seite
der indirecten Abgaben her. Man kann nicht sagen, daß im Zollparlament
der Freihandel über den Schutzzoll triumphirt hätte. Man kann auch noch
nicht nackthin behaupten, daß in der neuen Organisation des Zollvereins
die finanziellen Interessen zu kurz kämen. Aber was man, gestützt auf die
Erfahrung dieses Maimonds, mit Zuversicht annehmen kann, ist, daß eine
lebe weitere Session des Zollparlaments die frechen Hoffnungen der Feinde
des werdenden Deutschland von neuem zu Schanden machen wird. .
Mit noch stärkerer Mehrheit, als die vorgeschlagenen Sätze der Tabaks¬
besteuerung, ist der Petroleumzoll gefallen. Es scheint, man hat denselben
"n Bundeskanzleramt selbst nur ungern angeregt. Die nächsten Freunde der
leitenden Köpfe dieser Körperschaft im Parlament und in der Presse sind mit
ihrer vollen Energie gegen einen Zoll für Petroleum aufgetreten. Wahr¬
scheinlich also, daß die Idee aus dem mehr um Geld verlegenen als auf
volkswirschaftliche Correctheit ausgehenden preußischen Finanzministerium
^in, und in der Kanzlei des Grafen Bismarck aus Gründen hoher Politik
adoptirt wurde. Von dem Tabak gilt möglicherweise etwas ähnliches, wenn
^ auch feststeht, daß Geheimrath Michaelis an die der Vorlage beigegebene
Denkschrift die letzte Hand gelegt hat. Daß die gänzliche Uebergehung des
Zuckers nicht nach seinem oder Präsident Delbrücks individuellem Geschmacke
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