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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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""Es sollte nun zwar die genannte Zeitung in Paris fortgesetzt werden,
da aber die französische Regierung diesen Plan nicht begünstigte und der
Verpflanzung des Blattes in ihre Hauptstadt entgegen war, in Belgien fer¬
ner, wohin man sich dann wandte, die Beschaffung des nöthigen Materials:c.
ebenfalls auf Schwierigkeiten stieß, so ging man endlich nach London und
hat da nun die genannte Zeitung weiter herauszugeben begonnen.""

Diese Angaben sind falsch. Ich habe nie einen Versuch gemacht, diese
oder eine andere Zeitung in Paris herauszugeben, und bin nie nach Bel¬
gien gegangen.

""Von der ersten Nummer derselben hat man einige soeben nach Con-
stantinopel gekommene Exemplare gesehen.""
Ganz recht; sie kamen von mir.

""Da nun aber der oben genannte Ali Sa'awt Efendi sogar damals,
als er noch in Constantinopel war, sich über das wirklich Geschehene und Ge¬
schehende keine wahrheitsgetreuer Notizen verschaffen konnte, so ist er jetzt an
einem so entlegenen Orte wie London noch viel weniger im Stande, die in
den gottbeschützten osmanischen Ländern vorgehenden Dinge, so wie sie sind,
zu erfahren und seiner Zeitung einzuverleiben, sondern er füllt dieselbe mit
einem Haufen falscher Nachrichten und Meinungen. So kann also die von
ihm dort herauszugebende Zeitung nichts sein, als eine Zusammenstellung
von Lügen.""

Was habe ich in Constantinopel Falsches berichtet? Daß die Festung
Belgrad an die Serbier abgetreten werden sollte, erfuhr ich von Mitgliedern
der Staatsregierung selbst und nahm es auf Grund hiervon in die Zei¬
tung auf. Da erfolgte die Unterdrückung des Blattes, weil es, wie von
Seiten der hohen Pforte officiell bekannt gemacht wurde, falsche und beun¬
ruhigende Nachrichten verbreite. Wurde aber deswegen Belgrad etwa nicht
abgetreten? Meldeten dies nicht zehn Tage darauf alle anderen Zeitun¬
gen? Das hieß also: ich hatte nicht "gelogen". Doch in zwei Punkten
hatte ich allerdings die Wahrheit nicht gesagt: erstens in Betreff der Bei¬
legung des candiotischen Aufstandes, welche -- hatte ich geschrieben -- die
gegenwärtige Staatsverwaltung in den nächsten Tagen zu Stande bringen
werde; zweitens in Betreff der Bildung des beabsichtigten gemischten Regie-
rungsrathes. Diese beiden Punkte harren noch bis auf den heutigen Tag
ihrer thatsächlichen Bestätigung. -- Man sagt serner, an einem so entlegenen
Orte wie London könne ich von den Vorgängen im Innern der Türkei nichts
richtiges erfahren. Glaubt man denn etwa, ich beabsichtige, kaum hierher gekom¬
men, gleich so wichtige Nachrichten zu bringen wie das Regierungsjournal.
"Die Herrn Minister Exc. werden an dem und dem Tage ihre Sommerhäu-
ser am Bosporus beziehen" oder: "Kamil Bey Efendi ist mit dem MedschidK'


„„Es sollte nun zwar die genannte Zeitung in Paris fortgesetzt werden,
da aber die französische Regierung diesen Plan nicht begünstigte und der
Verpflanzung des Blattes in ihre Hauptstadt entgegen war, in Belgien fer¬
ner, wohin man sich dann wandte, die Beschaffung des nöthigen Materials:c.
ebenfalls auf Schwierigkeiten stieß, so ging man endlich nach London und
hat da nun die genannte Zeitung weiter herauszugeben begonnen.""

Diese Angaben sind falsch. Ich habe nie einen Versuch gemacht, diese
oder eine andere Zeitung in Paris herauszugeben, und bin nie nach Bel¬
gien gegangen.

„„Von der ersten Nummer derselben hat man einige soeben nach Con-
stantinopel gekommene Exemplare gesehen.""
Ganz recht; sie kamen von mir.

„„Da nun aber der oben genannte Ali Sa'awt Efendi sogar damals,
als er noch in Constantinopel war, sich über das wirklich Geschehene und Ge¬
schehende keine wahrheitsgetreuer Notizen verschaffen konnte, so ist er jetzt an
einem so entlegenen Orte wie London noch viel weniger im Stande, die in
den gottbeschützten osmanischen Ländern vorgehenden Dinge, so wie sie sind,
zu erfahren und seiner Zeitung einzuverleiben, sondern er füllt dieselbe mit
einem Haufen falscher Nachrichten und Meinungen. So kann also die von
ihm dort herauszugebende Zeitung nichts sein, als eine Zusammenstellung
von Lügen.""

Was habe ich in Constantinopel Falsches berichtet? Daß die Festung
Belgrad an die Serbier abgetreten werden sollte, erfuhr ich von Mitgliedern
der Staatsregierung selbst und nahm es auf Grund hiervon in die Zei¬
tung auf. Da erfolgte die Unterdrückung des Blattes, weil es, wie von
Seiten der hohen Pforte officiell bekannt gemacht wurde, falsche und beun¬
ruhigende Nachrichten verbreite. Wurde aber deswegen Belgrad etwa nicht
abgetreten? Meldeten dies nicht zehn Tage darauf alle anderen Zeitun¬
gen? Das hieß also: ich hatte nicht „gelogen". Doch in zwei Punkten
hatte ich allerdings die Wahrheit nicht gesagt: erstens in Betreff der Bei¬
legung des candiotischen Aufstandes, welche — hatte ich geschrieben — die
gegenwärtige Staatsverwaltung in den nächsten Tagen zu Stande bringen
werde; zweitens in Betreff der Bildung des beabsichtigten gemischten Regie-
rungsrathes. Diese beiden Punkte harren noch bis auf den heutigen Tag
ihrer thatsächlichen Bestätigung. — Man sagt serner, an einem so entlegenen
Orte wie London könne ich von den Vorgängen im Innern der Türkei nichts
richtiges erfahren. Glaubt man denn etwa, ich beabsichtige, kaum hierher gekom¬
men, gleich so wichtige Nachrichten zu bringen wie das Regierungsjournal.
„Die Herrn Minister Exc. werden an dem und dem Tage ihre Sommerhäu-
ser am Bosporus beziehen" oder: „Kamil Bey Efendi ist mit dem MedschidK'


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/298>, abgerufen am 15.01.2025.