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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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"Vortrefsu^ster i > /

Zugleich mit dem gütigst überschickten Exemplare des Muchbir ist Ihre
gedruckte Denkschrift in meine Hände gekommen. Ob die auf meinen "Pa¬
triotismus" bezügliche Stelle der letzteren den Gründen meines Aufenthaltes
in der Fremde gilt, oder nur der Ausdruck Ihrer Theilnahme an den von mir
gemachten Erfahrungen ist, weiß ich nicht; jedenfalls hat sie mich tief gerührt.
"Patriotismus" -- welch schönes. Wort! -- O, daß doch jede Nation und
besonders die moslemische recht viel wirkliche Patrioten besäße! -- Da es
mir jedoch bisher noch nicht vergönnt gewesen ist, die Eigenschaften zu er¬
werben und die Thaten auszuführen, die auf diesen Ehrennamen Anspruch
geben, so wage ich auch nicht, ihn anzunehmen; mit vollem Rechte aber kommt
er einem Manne'wie Sie zu, dessen bisherige wissenschaftliche Leistungen und
patriotische Bestrebungen sich von Freund und Feind Anerkennung errungen
haben. Durch einige einsichtsvolle Artikel von Ihnen war der in Constan-
tinopel herauskommende Muchbir der Gegenstand des gerechten Stolzes der
moslemischen Nation, wenigstens aller vaterlandsliebenden Osmanen gewor¬
den. Aber es erschien davon nur eine Nummer, nach Inhalt und Form
freier Männer würdig; dann wurde er zum Stillschweigen verdammt. Jetzt
ist derselbe in London neu auferstanden" u. s. w. Noch nähere Angaben
bringt ein Artikel des Redacteurs selbst in Ur. S:

"Nachdem das in Constantinopel erscheinende officielle Journal vsodsr!-
<W tmvAäis (das Verzeichniß der Neuigkeiten) einiges über unsere Zeitung
gesagt hat, berichtigen wir nachstehend das Irrthümliche in jener Darstellung,
indem wir die Worte der vselisMs in doppelte Anführungszeichen ein¬
schließen.

""Infolge der von der Zeitung Muchbir geführten Sprache wurde
dieselbe früher von Regierungswegen verboten und ihre Druckerei ge¬
schlossen.""

Der Sachverhalt ist folgender: Herr Philipp in Constantinopel hatte
eine Zeitung unter dem Namen Muchbir herauszugeben angefangen, für
welche auch ich auf Ersuchen mehrerer vaterlandsliebender hochstehender Per¬
sonen einige Artikel schrieb und schreiben ließ. Jedermann weiß, was ich,
wie ich darin gesprochen habe. Der letzte Artikel dieser Zeitung war "die
^schichte von Belgrad", worin ich die Uebergabe Belgrads an die Serbier
^sprach. Daraufhin wurde das Blatt unterdrückt.

""Der Redacteur Ali Sa'äw! Efendi, ging dann nach Europa.""

Ja, ich bin jetzt in Europa*).



) Man hat schon bemerkt, daß nach türkischem Sprachgebrauche die europäische Türkei
zu "Europa" gehört.

„Vortrefsu^ster i > /

Zugleich mit dem gütigst überschickten Exemplare des Muchbir ist Ihre
gedruckte Denkschrift in meine Hände gekommen. Ob die auf meinen „Pa¬
triotismus" bezügliche Stelle der letzteren den Gründen meines Aufenthaltes
in der Fremde gilt, oder nur der Ausdruck Ihrer Theilnahme an den von mir
gemachten Erfahrungen ist, weiß ich nicht; jedenfalls hat sie mich tief gerührt.
»Patriotismus" — welch schönes. Wort! — O, daß doch jede Nation und
besonders die moslemische recht viel wirkliche Patrioten besäße! — Da es
mir jedoch bisher noch nicht vergönnt gewesen ist, die Eigenschaften zu er¬
werben und die Thaten auszuführen, die auf diesen Ehrennamen Anspruch
geben, so wage ich auch nicht, ihn anzunehmen; mit vollem Rechte aber kommt
er einem Manne'wie Sie zu, dessen bisherige wissenschaftliche Leistungen und
patriotische Bestrebungen sich von Freund und Feind Anerkennung errungen
haben. Durch einige einsichtsvolle Artikel von Ihnen war der in Constan-
tinopel herauskommende Muchbir der Gegenstand des gerechten Stolzes der
moslemischen Nation, wenigstens aller vaterlandsliebenden Osmanen gewor¬
den. Aber es erschien davon nur eine Nummer, nach Inhalt und Form
freier Männer würdig; dann wurde er zum Stillschweigen verdammt. Jetzt
ist derselbe in London neu auferstanden" u. s. w. Noch nähere Angaben
bringt ein Artikel des Redacteurs selbst in Ur. S:

„Nachdem das in Constantinopel erscheinende officielle Journal vsodsr!-
<W tmvAäis (das Verzeichniß der Neuigkeiten) einiges über unsere Zeitung
gesagt hat, berichtigen wir nachstehend das Irrthümliche in jener Darstellung,
indem wir die Worte der vselisMs in doppelte Anführungszeichen ein¬
schließen.

»„Infolge der von der Zeitung Muchbir geführten Sprache wurde
dieselbe früher von Regierungswegen verboten und ihre Druckerei ge¬
schlossen.""

Der Sachverhalt ist folgender: Herr Philipp in Constantinopel hatte
eine Zeitung unter dem Namen Muchbir herauszugeben angefangen, für
welche auch ich auf Ersuchen mehrerer vaterlandsliebender hochstehender Per¬
sonen einige Artikel schrieb und schreiben ließ. Jedermann weiß, was ich,
wie ich darin gesprochen habe. Der letzte Artikel dieser Zeitung war „die
^schichte von Belgrad", worin ich die Uebergabe Belgrads an die Serbier
^sprach. Daraufhin wurde das Blatt unterdrückt.

»»Der Redacteur Ali Sa'äw! Efendi, ging dann nach Europa.""

Ja, ich bin jetzt in Europa*).



) Man hat schon bemerkt, daß nach türkischem Sprachgebrauche die europäische Türkei
zu „Europa" gehört.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/297>, abgerufen am 15.01.2025.