Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Jacopo Bellini, seinen Schwiegervater, beeinflußt, bildete Mantegna den Die Vivarmi und Crivelli legten sich, jeder in seiner Weise, auf die Wenden wir uns zu einigen Bildern aus der Schule, die oben charak- Jacopo Bellini, seinen Schwiegervater, beeinflußt, bildete Mantegna den Die Vivarmi und Crivelli legten sich, jeder in seiner Weise, auf die Wenden wir uns zu einigen Bildern aus der Schule, die oben charak- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0289" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117821"/> <p xml:id="ID_906" prev="#ID_905"> Jacopo Bellini, seinen Schwiegervater, beeinflußt, bildete Mantegna den<lb/> Paduanischen Stil aus, der sich nachmals über Venedig, Verona, Ferrara<lb/> und andere unbedeutendere Städte verbreitete. Squarcione aber, der seines<lb/> Zeichens ein Schneider war, und dessen Gemälde, wie man jetzt behaupten<lb/> kann, sämmtlich von angestellten Gehilfen gemalt sind, war lediglich ein Im¬<lb/> presario; er folgte dem landläufigen Kunsttreiben seiner Zeit ohne irgend be¬<lb/> stimmenden Einfluß auf dasselbe auszuüben.</p><lb/> <p xml:id="ID_907"> Die Vivarmi und Crivelli legten sich, jeder in seiner Weise, auf die<lb/> Nachahmung des Mantegnesken, woran der Letztere bis ans Ende seiner<lb/> Tage streng festhielt. In derselben Weise gestalteten sich bei Gentile und<lb/> Giovanni Bellini, welche in Gemeinschaft mit Mantegna herangereift waren,<lb/> die ersten Züge eigenen Stils; wir haben aus den Jahren vor 1470 zahl¬<lb/> reiche Bilder von Giovanni, die bis vor ganz kurzer Zeit dem großen padu¬<lb/> anischen Meister zugeschrieben wurden, so verwandt sind sie den echten Ar¬<lb/> beiten desselben. Dann trat Antonello da Messina auf, der die Oelmaleiei<lb/> als Neuigkeit aus den Niederlanden mitbrachte. Er führte diese neue Tech¬<lb/> nik alsbald in Venedig ein, und die Bellini ergriffen dieselbe mit umso<lb/> natürlicheren Eifer, da sie bereits einen gewissen realistischen Zug in sich<lb/> trugen. Von Natur überdies mit der feinen coloristischen Ader begabt, die<lb/> Antonello entbehrte, vermochten sie ihren Oelgemälden einen Reiz zu verlei¬<lb/> hen, wie ihn weder er noch die van Eycks erreichten, und vermöge dessen sie<lb/> die Lehrmeister der Schule wurden, die später in Giorgione und Tizian ihre<lb/> höchste Blüthe entfaltet hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_908" next="#ID_909"> Wenden wir uns zu einigen Bildern aus der Schule, die oben charak-<lb/> terisirt ist, um die Angaben unseres Kataloges über ihre Meister, deren<lb/> Lehrgang und Lebenszeit zu prüfen. Den Anfang möge gleich der früheste<lb/> Künstler, Jacobello, machen. Da haben wir unter Ur. 1155 eine Holztafel<lb/> mit der Darstellung des Erzengels Michael, wie er den Drachen niederwirft<lb/> und die Seelen der Abgeschiedenen wägt; aus der Notiz, die der Beschreibung<lb/> vorangeht, erfahren wir, daß dieser Künstler um 1401 blühte und 1431 noch<lb/> am Leben war. Nun gibt es nichts Charakteristischeres für Jacobello, als<lb/> die Accuratesse, mit welcher er die Details der Nebendinge, besonders Kleider¬<lb/> säume und erhabene Stickerei, und daneben die gewohnheitsmäßige rohe Ver¬<lb/> nachlässigung der Natur, mit der er die menschliche Form behandelt. Seine<lb/> Figuren sind in der Regel in Zeichnung und Proportion gleich schlecht und<lb/> ohne Durchbildung, seine Farbenzusammenstellung schroff und unharmonisch.<lb/> Schon venetianische Zeitgenossen desselben, wie Antonio da Murcmo, milder¬<lb/> ten die Härte dieser Formgebung, schmeidigten die Farbenübergänge in den<lb/> Fleischtönen zu anmuthigerer Weichheit und enthielten sich vor allem des<lb/> reliefartigen Auftrags. Da nun auch das vorliegende Bild dergleichen ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0289]
Jacopo Bellini, seinen Schwiegervater, beeinflußt, bildete Mantegna den
Paduanischen Stil aus, der sich nachmals über Venedig, Verona, Ferrara
und andere unbedeutendere Städte verbreitete. Squarcione aber, der seines
Zeichens ein Schneider war, und dessen Gemälde, wie man jetzt behaupten
kann, sämmtlich von angestellten Gehilfen gemalt sind, war lediglich ein Im¬
presario; er folgte dem landläufigen Kunsttreiben seiner Zeit ohne irgend be¬
stimmenden Einfluß auf dasselbe auszuüben.
Die Vivarmi und Crivelli legten sich, jeder in seiner Weise, auf die
Nachahmung des Mantegnesken, woran der Letztere bis ans Ende seiner
Tage streng festhielt. In derselben Weise gestalteten sich bei Gentile und
Giovanni Bellini, welche in Gemeinschaft mit Mantegna herangereift waren,
die ersten Züge eigenen Stils; wir haben aus den Jahren vor 1470 zahl¬
reiche Bilder von Giovanni, die bis vor ganz kurzer Zeit dem großen padu¬
anischen Meister zugeschrieben wurden, so verwandt sind sie den echten Ar¬
beiten desselben. Dann trat Antonello da Messina auf, der die Oelmaleiei
als Neuigkeit aus den Niederlanden mitbrachte. Er führte diese neue Tech¬
nik alsbald in Venedig ein, und die Bellini ergriffen dieselbe mit umso
natürlicheren Eifer, da sie bereits einen gewissen realistischen Zug in sich
trugen. Von Natur überdies mit der feinen coloristischen Ader begabt, die
Antonello entbehrte, vermochten sie ihren Oelgemälden einen Reiz zu verlei¬
hen, wie ihn weder er noch die van Eycks erreichten, und vermöge dessen sie
die Lehrmeister der Schule wurden, die später in Giorgione und Tizian ihre
höchste Blüthe entfaltet hat.
Wenden wir uns zu einigen Bildern aus der Schule, die oben charak-
terisirt ist, um die Angaben unseres Kataloges über ihre Meister, deren
Lehrgang und Lebenszeit zu prüfen. Den Anfang möge gleich der früheste
Künstler, Jacobello, machen. Da haben wir unter Ur. 1155 eine Holztafel
mit der Darstellung des Erzengels Michael, wie er den Drachen niederwirft
und die Seelen der Abgeschiedenen wägt; aus der Notiz, die der Beschreibung
vorangeht, erfahren wir, daß dieser Künstler um 1401 blühte und 1431 noch
am Leben war. Nun gibt es nichts Charakteristischeres für Jacobello, als
die Accuratesse, mit welcher er die Details der Nebendinge, besonders Kleider¬
säume und erhabene Stickerei, und daneben die gewohnheitsmäßige rohe Ver¬
nachlässigung der Natur, mit der er die menschliche Form behandelt. Seine
Figuren sind in der Regel in Zeichnung und Proportion gleich schlecht und
ohne Durchbildung, seine Farbenzusammenstellung schroff und unharmonisch.
Schon venetianische Zeitgenossen desselben, wie Antonio da Murcmo, milder¬
ten die Härte dieser Formgebung, schmeidigten die Farbenübergänge in den
Fleischtönen zu anmuthigerer Weichheit und enthielten sich vor allem des
reliefartigen Auftrags. Da nun auch das vorliegende Bild dergleichen ver-
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