hervorgebracht hat. Statt dessen wäre es der Mühe werth gewesen mitzu¬ theilen, daß. während man in den Niederlanden die Anwendung des Oeles vervollkommnete, in Mittelitalien ähnliche aber unabhängige Versuche gemacht und wenn auch durch andere Mittel und Wege als dort, erfolgreich durch¬ geführt worden sind. -- Soviel sei nur angedeutet, um zu zeigen, daß jenes Vorwort nicht auf der Höhe des gegenwärtigen Wissens steht.
Aehnliche Einwürfe wie hier lassen sich nun bei den Einleitungen zu den Bildern einzelner Schulen wiederholen. Die Venetianer beginnen den Rei¬ gen im Katalog, und wir begnügen uns damit, einige Angaben, Thatsachen und Specialnotizen zu prüfen, die uns dort begegnen. Soweit sie Bilder und die Frage ihrer Echtheit betreffen, sind sie natürlich auch Gegenstand dieser Untersuchung. Wir erfahren unter anderem, daß die besten venetianischen Maler nach 1430 die Vivarini und Crivelli gewesen sind, deren Kunst mit dem Prädicat "übertriebene und zu schroffe Formenbezeichnung" charcckterisirt wird; ferner, daß die Mehrzahl, an ihrer Spitze Giovanni Bellini. von Antonello da Messina die Methode der "Oelmalerei zugleich mit der Richtung auf treue Darstellung der vorliegenden einzelnen Naturerscheinun¬ gen und vorzugsweisen Ausbildung der Färbung" erhielten. Gehen wir von den Venetianern zu den Paduanern über, so lesen wir, daß "schon etwas früher Francesco Squarcione die Malerei unter fleißiger Zuziehung antiker Bildwerke gelehrt habe, auf welchem Wege feine Schüler zwar eine gewisse Großheit der Charaktere erreichten, aber zugleich in zu scharfe Angaben der Formen, eine naturwidrige Behandlung des Gewandwesens und Vernachläs¬ sigung des Colorits geriethen." Zuletzt gedenkt der Verfasser noch mit we¬ nigen Worten des Mantegna. Von ihm wird erzählt, er habe "durch seine vortrefflichen-Compositionen einen weitverbreiteten Einfluß ausgeübt und zuerst mit Erfolg Gegenstände aus der antiken Welt behandelt."
Nun ist aber, den angeführten Schilderungen zum Trotz, nichts bekannter, als daß die venetianische Schule ihre erste Reform durch einen Maler aus Umbrien, den Gentile da Fabriano, erhielt. Dieser hatte den Jacopo Bellini mit sich nach Florenz genommen und demselben dadurch ermöglicht, sich ei¬ nige der großen Gesetze der Composition und Proportion anzueignen, deren Anwendung den hohen Rang der Florentiner erklärt. Während dann die Venetianer in der Richtung weiter arbeiteten, die sie indirect dem Fabriano verdankten, kehrte Jacopo Bellini in seine Heimath zurück und ließ sich später in Padua, dem Geburtsorte Squarciones, nieder. Gleichzeitig weilte dort- der florentinische Bildhauer Donatello, dessen Atelier, alle Künstler Paduas anzog. Dem Wirken dieses außerordentlichen Mannes ist der mehr plastische, die Farbenwirkung vernachlässigende Charakter zuzuschreiben, welcher der Ma- lerei in Padua eigen ist. Angeregt von Donatello und andererseits durch
hervorgebracht hat. Statt dessen wäre es der Mühe werth gewesen mitzu¬ theilen, daß. während man in den Niederlanden die Anwendung des Oeles vervollkommnete, in Mittelitalien ähnliche aber unabhängige Versuche gemacht und wenn auch durch andere Mittel und Wege als dort, erfolgreich durch¬ geführt worden sind. — Soviel sei nur angedeutet, um zu zeigen, daß jenes Vorwort nicht auf der Höhe des gegenwärtigen Wissens steht.
Aehnliche Einwürfe wie hier lassen sich nun bei den Einleitungen zu den Bildern einzelner Schulen wiederholen. Die Venetianer beginnen den Rei¬ gen im Katalog, und wir begnügen uns damit, einige Angaben, Thatsachen und Specialnotizen zu prüfen, die uns dort begegnen. Soweit sie Bilder und die Frage ihrer Echtheit betreffen, sind sie natürlich auch Gegenstand dieser Untersuchung. Wir erfahren unter anderem, daß die besten venetianischen Maler nach 1430 die Vivarini und Crivelli gewesen sind, deren Kunst mit dem Prädicat „übertriebene und zu schroffe Formenbezeichnung" charcckterisirt wird; ferner, daß die Mehrzahl, an ihrer Spitze Giovanni Bellini. von Antonello da Messina die Methode der „Oelmalerei zugleich mit der Richtung auf treue Darstellung der vorliegenden einzelnen Naturerscheinun¬ gen und vorzugsweisen Ausbildung der Färbung" erhielten. Gehen wir von den Venetianern zu den Paduanern über, so lesen wir, daß „schon etwas früher Francesco Squarcione die Malerei unter fleißiger Zuziehung antiker Bildwerke gelehrt habe, auf welchem Wege feine Schüler zwar eine gewisse Großheit der Charaktere erreichten, aber zugleich in zu scharfe Angaben der Formen, eine naturwidrige Behandlung des Gewandwesens und Vernachläs¬ sigung des Colorits geriethen." Zuletzt gedenkt der Verfasser noch mit we¬ nigen Worten des Mantegna. Von ihm wird erzählt, er habe „durch seine vortrefflichen-Compositionen einen weitverbreiteten Einfluß ausgeübt und zuerst mit Erfolg Gegenstände aus der antiken Welt behandelt."
Nun ist aber, den angeführten Schilderungen zum Trotz, nichts bekannter, als daß die venetianische Schule ihre erste Reform durch einen Maler aus Umbrien, den Gentile da Fabriano, erhielt. Dieser hatte den Jacopo Bellini mit sich nach Florenz genommen und demselben dadurch ermöglicht, sich ei¬ nige der großen Gesetze der Composition und Proportion anzueignen, deren Anwendung den hohen Rang der Florentiner erklärt. Während dann die Venetianer in der Richtung weiter arbeiteten, die sie indirect dem Fabriano verdankten, kehrte Jacopo Bellini in seine Heimath zurück und ließ sich später in Padua, dem Geburtsorte Squarciones, nieder. Gleichzeitig weilte dort- der florentinische Bildhauer Donatello, dessen Atelier, alle Künstler Paduas anzog. Dem Wirken dieses außerordentlichen Mannes ist der mehr plastische, die Farbenwirkung vernachlässigende Charakter zuzuschreiben, welcher der Ma- lerei in Padua eigen ist. Angeregt von Donatello und andererseits durch
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und wenn auch durch andere Mittel und Wege als dort, erfolgreich durch¬
geführt worden sind. — Soviel sei nur angedeutet, um zu zeigen, daß jenes
Vorwort nicht auf der Höhe des gegenwärtigen Wissens steht.
Aehnliche Einwürfe wie hier lassen sich nun bei den Einleitungen zu den
Bildern einzelner Schulen wiederholen. Die Venetianer beginnen den Rei¬
gen im Katalog, und wir begnügen uns damit, einige Angaben, Thatsachen
und Specialnotizen zu prüfen, die uns dort begegnen. Soweit sie Bilder
und die Frage ihrer Echtheit betreffen, sind sie natürlich auch Gegenstand
dieser Untersuchung. Wir erfahren unter anderem, daß die besten venetianischen
Maler nach 1430 die Vivarini und Crivelli gewesen sind, deren Kunst mit
dem Prädicat „übertriebene und zu schroffe Formenbezeichnung" charcckterisirt
wird; ferner, daß die Mehrzahl, an ihrer Spitze Giovanni Bellini. von
Antonello da Messina die Methode der „Oelmalerei zugleich mit der
Richtung auf treue Darstellung der vorliegenden einzelnen Naturerscheinun¬
gen und vorzugsweisen Ausbildung der Färbung" erhielten. Gehen wir von
den Venetianern zu den Paduanern über, so lesen wir, daß „schon etwas
früher Francesco Squarcione die Malerei unter fleißiger Zuziehung antiker
Bildwerke gelehrt habe, auf welchem Wege feine Schüler zwar eine gewisse
Großheit der Charaktere erreichten, aber zugleich in zu scharfe Angaben der
Formen, eine naturwidrige Behandlung des Gewandwesens und Vernachläs¬
sigung des Colorits geriethen." Zuletzt gedenkt der Verfasser noch mit we¬
nigen Worten des Mantegna. Von ihm wird erzählt, er habe „durch seine
vortrefflichen-Compositionen einen weitverbreiteten Einfluß ausgeübt und zuerst
mit Erfolg Gegenstände aus der antiken Welt behandelt."
Nun ist aber, den angeführten Schilderungen zum Trotz, nichts bekannter,
als daß die venetianische Schule ihre erste Reform durch einen Maler aus
Umbrien, den Gentile da Fabriano, erhielt. Dieser hatte den Jacopo Bellini
mit sich nach Florenz genommen und demselben dadurch ermöglicht, sich ei¬
nige der großen Gesetze der Composition und Proportion anzueignen, deren
Anwendung den hohen Rang der Florentiner erklärt. Während dann die
Venetianer in der Richtung weiter arbeiteten, die sie indirect dem Fabriano
verdankten, kehrte Jacopo Bellini in seine Heimath zurück und ließ sich später
in Padua, dem Geburtsorte Squarciones, nieder. Gleichzeitig weilte dort-
der florentinische Bildhauer Donatello, dessen Atelier, alle Künstler Paduas
anzog. Dem Wirken dieses außerordentlichen Mannes ist der mehr plastische,
die Farbenwirkung vernachlässigende Charakter zuzuschreiben, welcher der Ma-
lerei in Padua eigen ist. Angeregt von Donatello und andererseits durch
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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/288>, abgerufen am 25.01.2025.
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