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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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kurze Uebersicht über unsere Küsten und ihre Beschaffenheit, soweit dies für
die Häfen und Marinestationen von Wichtigkeit ist, folgen.




Der Lumpenzoll.

"Von Tabak und Baumwolle, sagte neulich Herr von Varnbüler, habe
er geträumt, als das Dampfroß ihn bei nächtlicher Weile der Metropole
des Nordens zugeführt." "Und, wie ich glaube, von Lumpen," fügte, nicht
ohne einen Anflug von Ironie, der Abgeordnete Laster ergänzend hinzu,
indem er die Aeußerung des süddeutschen Ministers recapitulirte. In der
That, neben Tabak, Zucker, Petroleum und Eisen sind es vorzugsweise die
Lumpen, welche zum Aufeinanderplatzen der Geister, zu einem harten Prin¬
zipienkampf im Zollparlament Anlaß geben werden. Der stolze XmZ cotton
kommt diesmal höchstens in versponnenen und verwebten Zustande in Be¬
tracht, und auch so nur innerhalb einer beschränkten Sphäre.

Die entschiedensten Gegner hat der Lumpen-Ausfuhrzoll in unseren See¬
handelsplätzen. Im Ausschuß des deutschen Hcindelstags, zu dessen Be¬
rathungsmaterial namentlich Hamburg eine energische Philippina gegen den
Lumpenzoll geliefert hatte, blieben ihre Vertreterin der Minderheit, während
die Aufhebung des Einfuhrzolles auf Papier einstimmig gutgeheißen wurde-
Mit diesem Compromiß waren aber jene im Grunde durchaus nicht zufrieden.
Als in Folge der bekannten Differenzen, deren Ausbruch die incorrecte Dar¬
stellung des in der Zuckerfrage gefaßten Beschlusses von Seiten des Präsi¬
diums zum Anlaß diente, die Seehandelsplätze allein ihre Delegirtenver-
sammlung in Berlin abhielten, schüttelten sie das Compromiß mit anderem
angeflogenen Staub schnell von den Füßen. Jetzt gehörte es zu den aus¬
gemachtesten Dingen, daß man, wenn einmal den schutzzöllnerischen Interessen
ein Opfer gebracht werden müsse, weit eher das Fortbestehen des Papier¬
zolles sich gefallen lassen könne, als den Lumpenzoll. Hörte man doch aus
einem Munde von unverwerflicher Sachkenntniß das Bestehen des Lumpen-
Ausfuhrzolles mit verantwortlich machen für den Nothstand in Ostpreußen.
Auf der anderen Seite haben die Vertreter des Schutzzolles, die in allen
anderen Punkten -- wenn wir von dem einzig consequenten Herrn v. Mohl
absehen -- gar verschämt geworden sind und gewöhnlich nur noch mit
Opportunitätsgründen fechten, die Lumpensäcke als eines ihrer letzten und
als bisher uneinnehmbares Bollwerk angesehen. So ist von den zahl¬
reichen Ausfuhrzöllen, die noch 1866 bestanden -- auf Abfälle, Erze, rohe
Häute, Hasen- und Kaninchenfelle, Rindvieh- und Ziegenhaare, Gerberlohe,


kurze Uebersicht über unsere Küsten und ihre Beschaffenheit, soweit dies für
die Häfen und Marinestationen von Wichtigkeit ist, folgen.




Der Lumpenzoll.

„Von Tabak und Baumwolle, sagte neulich Herr von Varnbüler, habe
er geträumt, als das Dampfroß ihn bei nächtlicher Weile der Metropole
des Nordens zugeführt." „Und, wie ich glaube, von Lumpen," fügte, nicht
ohne einen Anflug von Ironie, der Abgeordnete Laster ergänzend hinzu,
indem er die Aeußerung des süddeutschen Ministers recapitulirte. In der
That, neben Tabak, Zucker, Petroleum und Eisen sind es vorzugsweise die
Lumpen, welche zum Aufeinanderplatzen der Geister, zu einem harten Prin¬
zipienkampf im Zollparlament Anlaß geben werden. Der stolze XmZ cotton
kommt diesmal höchstens in versponnenen und verwebten Zustande in Be¬
tracht, und auch so nur innerhalb einer beschränkten Sphäre.

Die entschiedensten Gegner hat der Lumpen-Ausfuhrzoll in unseren See¬
handelsplätzen. Im Ausschuß des deutschen Hcindelstags, zu dessen Be¬
rathungsmaterial namentlich Hamburg eine energische Philippina gegen den
Lumpenzoll geliefert hatte, blieben ihre Vertreterin der Minderheit, während
die Aufhebung des Einfuhrzolles auf Papier einstimmig gutgeheißen wurde-
Mit diesem Compromiß waren aber jene im Grunde durchaus nicht zufrieden.
Als in Folge der bekannten Differenzen, deren Ausbruch die incorrecte Dar¬
stellung des in der Zuckerfrage gefaßten Beschlusses von Seiten des Präsi¬
diums zum Anlaß diente, die Seehandelsplätze allein ihre Delegirtenver-
sammlung in Berlin abhielten, schüttelten sie das Compromiß mit anderem
angeflogenen Staub schnell von den Füßen. Jetzt gehörte es zu den aus¬
gemachtesten Dingen, daß man, wenn einmal den schutzzöllnerischen Interessen
ein Opfer gebracht werden müsse, weit eher das Fortbestehen des Papier¬
zolles sich gefallen lassen könne, als den Lumpenzoll. Hörte man doch aus
einem Munde von unverwerflicher Sachkenntniß das Bestehen des Lumpen-
Ausfuhrzolles mit verantwortlich machen für den Nothstand in Ostpreußen.
Auf der anderen Seite haben die Vertreter des Schutzzolles, die in allen
anderen Punkten — wenn wir von dem einzig consequenten Herrn v. Mohl
absehen — gar verschämt geworden sind und gewöhnlich nur noch mit
Opportunitätsgründen fechten, die Lumpensäcke als eines ihrer letzten und
als bisher uneinnehmbares Bollwerk angesehen. So ist von den zahl¬
reichen Ausfuhrzöllen, die noch 1866 bestanden — auf Abfälle, Erze, rohe
Häute, Hasen- und Kaninchenfelle, Rindvieh- und Ziegenhaare, Gerberlohe,


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[0268] kurze Uebersicht über unsere Küsten und ihre Beschaffenheit, soweit dies für die Häfen und Marinestationen von Wichtigkeit ist, folgen. Der Lumpenzoll. „Von Tabak und Baumwolle, sagte neulich Herr von Varnbüler, habe er geträumt, als das Dampfroß ihn bei nächtlicher Weile der Metropole des Nordens zugeführt." „Und, wie ich glaube, von Lumpen," fügte, nicht ohne einen Anflug von Ironie, der Abgeordnete Laster ergänzend hinzu, indem er die Aeußerung des süddeutschen Ministers recapitulirte. In der That, neben Tabak, Zucker, Petroleum und Eisen sind es vorzugsweise die Lumpen, welche zum Aufeinanderplatzen der Geister, zu einem harten Prin¬ zipienkampf im Zollparlament Anlaß geben werden. Der stolze XmZ cotton kommt diesmal höchstens in versponnenen und verwebten Zustande in Be¬ tracht, und auch so nur innerhalb einer beschränkten Sphäre. Die entschiedensten Gegner hat der Lumpen-Ausfuhrzoll in unseren See¬ handelsplätzen. Im Ausschuß des deutschen Hcindelstags, zu dessen Be¬ rathungsmaterial namentlich Hamburg eine energische Philippina gegen den Lumpenzoll geliefert hatte, blieben ihre Vertreterin der Minderheit, während die Aufhebung des Einfuhrzolles auf Papier einstimmig gutgeheißen wurde- Mit diesem Compromiß waren aber jene im Grunde durchaus nicht zufrieden. Als in Folge der bekannten Differenzen, deren Ausbruch die incorrecte Dar¬ stellung des in der Zuckerfrage gefaßten Beschlusses von Seiten des Präsi¬ diums zum Anlaß diente, die Seehandelsplätze allein ihre Delegirtenver- sammlung in Berlin abhielten, schüttelten sie das Compromiß mit anderem angeflogenen Staub schnell von den Füßen. Jetzt gehörte es zu den aus¬ gemachtesten Dingen, daß man, wenn einmal den schutzzöllnerischen Interessen ein Opfer gebracht werden müsse, weit eher das Fortbestehen des Papier¬ zolles sich gefallen lassen könne, als den Lumpenzoll. Hörte man doch aus einem Munde von unverwerflicher Sachkenntniß das Bestehen des Lumpen- Ausfuhrzolles mit verantwortlich machen für den Nothstand in Ostpreußen. Auf der anderen Seite haben die Vertreter des Schutzzolles, die in allen anderen Punkten — wenn wir von dem einzig consequenten Herrn v. Mohl absehen — gar verschämt geworden sind und gewöhnlich nur noch mit Opportunitätsgründen fechten, die Lumpensäcke als eines ihrer letzten und als bisher uneinnehmbares Bollwerk angesehen. So ist von den zahl¬ reichen Ausfuhrzöllen, die noch 1866 bestanden — auf Abfälle, Erze, rohe Häute, Hasen- und Kaninchenfelle, Rindvieh- und Ziegenhaare, Gerberlohe,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/268>, abgerufen am 15.01.2025.