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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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"Heilige" oder "Helgen" (in den Nordseehäfen), die speciellen Bauplätze der
einzelnen Schiffe sind, wenig größer als das Deck der betreffenden Schiffe.
Die Helling ist oft überdacht, zum Schuh gegen Wetter, und sie ist stets
mit demjenigen Theile, auf welchem das Hinterschiff ruht, nach dem Wasser
zu geneigt, um das Ablaufen des Schiffes vom Stapel, sobald dasselbe voll¬
endet ist, zu erleichtern. "Stapel" bedeutet eigentlich blos die lange Reihe
von starken Klötzen in der Mitte des Helling, auf welchen der Kiel des im
Bau befindlichen Schiffes ruht, und diese Klotz- und Pfahlrostunterlage seht
sich in gleicher schräger Richtung nach dem Wasser und bis unter dessen
Oberfläche fort, so daß das ablaufende Schiff auf einer festen Bahn dahin¬
gleitet, bis es tief genug in das Wasser gekommen ist, um sich durch seine
eigene Schwimmkraft flott zu erhalten. Der Ablauf (englisch launet. fran¬
zösisch lÄlleöment), welcher den Abschluß des Baues am Schiffskörpers bildet,
und welchem später blos noch Arbeiten an der inneren Einrichtung und der
Ausrüstung folgen, wird stets unter Feierlichkeiten, ähnlich wie das Richt¬
fest eines Gebäudes, vollzogen und durch die Taufe des Schiffs verherrlicht;
die letztere wird wenigstens bei Kriegsschiffen stets durch eine Dame vollzo¬
gen, indem dieselbe eine Flasche Wein am Bug des Fahrzeugs zerschmettert.
-- Kleinere Schiffe werden auch wohl später, wenn sie bereits in Dienst ge¬
wesen sind, für schwere Reparaturen wieder auf die Helling (englisch buil-
cling stip) gezogen oder "aufgeschlippt": so geschah dies im vorigen Herbst
in Danzig durch etwa 100 Arbeiter mit der "Grille" und vor einigen
Jahren in Trieft durch S00 Arbeiter sogar mit der östreichischen Fregatte
"Novara", als dieselbe verlängert und zum Schraubenschiff umgestaltet
werden sollte.

Die Größe und Gestalt des Binnenhafens, der z. B. an der Jcchde voll¬
ständig im Lande ausgegraben wird, richtet sich nach Zahl und Größe der
Schiffe, welche er aufnehmen soll: bei der großen Länge vieler Panzersregat¬
ten der Neuzeit, so auch' unseres "König Wilhelm", muß natürlich das
Binnenbassin sehr groß werden. Im Allgemeinen muß der Binnenhafen ge-
statten, alle Schiffe, die er aufnehmen soll, für Aus- und Einladen hart an
das Land, an den Quai, zu legen, auf welchem letzteren ein Schienengleis
zu directer Verbindung mit der Eisenbahn liegen muß. und ebenso müssen
ganz nahe an diesem Quai sich die verschiedenen Magazine, Werkstätten und
Zeughäuser befinden, um eine möglichst directe Ueberführung aller Ausrü¬
stungsstücke auf die Schiffe zu ermöglichen. Der "Quai" selbst ist eine
breite, meist mit Steinfliesen belegte Uferstraße hart am Wasser, deren Bö¬
schung nach dem Wasser zu und in dasselbe hinab abfällt und ebenfalls mit
Steinen verkleidet ist. als Quaimauer oder "Kajemauer"- In Handelshafen,
wo sie mit Holzbalken und Bohlen verkleidet ist, wird sie meist Bollwerk


„Heilige" oder „Helgen" (in den Nordseehäfen), die speciellen Bauplätze der
einzelnen Schiffe sind, wenig größer als das Deck der betreffenden Schiffe.
Die Helling ist oft überdacht, zum Schuh gegen Wetter, und sie ist stets
mit demjenigen Theile, auf welchem das Hinterschiff ruht, nach dem Wasser
zu geneigt, um das Ablaufen des Schiffes vom Stapel, sobald dasselbe voll¬
endet ist, zu erleichtern. „Stapel" bedeutet eigentlich blos die lange Reihe
von starken Klötzen in der Mitte des Helling, auf welchen der Kiel des im
Bau befindlichen Schiffes ruht, und diese Klotz- und Pfahlrostunterlage seht
sich in gleicher schräger Richtung nach dem Wasser und bis unter dessen
Oberfläche fort, so daß das ablaufende Schiff auf einer festen Bahn dahin¬
gleitet, bis es tief genug in das Wasser gekommen ist, um sich durch seine
eigene Schwimmkraft flott zu erhalten. Der Ablauf (englisch launet. fran¬
zösisch lÄlleöment), welcher den Abschluß des Baues am Schiffskörpers bildet,
und welchem später blos noch Arbeiten an der inneren Einrichtung und der
Ausrüstung folgen, wird stets unter Feierlichkeiten, ähnlich wie das Richt¬
fest eines Gebäudes, vollzogen und durch die Taufe des Schiffs verherrlicht;
die letztere wird wenigstens bei Kriegsschiffen stets durch eine Dame vollzo¬
gen, indem dieselbe eine Flasche Wein am Bug des Fahrzeugs zerschmettert.
— Kleinere Schiffe werden auch wohl später, wenn sie bereits in Dienst ge¬
wesen sind, für schwere Reparaturen wieder auf die Helling (englisch buil-
cling stip) gezogen oder „aufgeschlippt": so geschah dies im vorigen Herbst
in Danzig durch etwa 100 Arbeiter mit der „Grille" und vor einigen
Jahren in Trieft durch S00 Arbeiter sogar mit der östreichischen Fregatte
„Novara", als dieselbe verlängert und zum Schraubenschiff umgestaltet
werden sollte.

Die Größe und Gestalt des Binnenhafens, der z. B. an der Jcchde voll¬
ständig im Lande ausgegraben wird, richtet sich nach Zahl und Größe der
Schiffe, welche er aufnehmen soll: bei der großen Länge vieler Panzersregat¬
ten der Neuzeit, so auch' unseres „König Wilhelm", muß natürlich das
Binnenbassin sehr groß werden. Im Allgemeinen muß der Binnenhafen ge-
statten, alle Schiffe, die er aufnehmen soll, für Aus- und Einladen hart an
das Land, an den Quai, zu legen, auf welchem letzteren ein Schienengleis
zu directer Verbindung mit der Eisenbahn liegen muß. und ebenso müssen
ganz nahe an diesem Quai sich die verschiedenen Magazine, Werkstätten und
Zeughäuser befinden, um eine möglichst directe Ueberführung aller Ausrü¬
stungsstücke auf die Schiffe zu ermöglichen. Der „Quai" selbst ist eine
breite, meist mit Steinfliesen belegte Uferstraße hart am Wasser, deren Bö¬
schung nach dem Wasser zu und in dasselbe hinab abfällt und ebenfalls mit
Steinen verkleidet ist. als Quaimauer oder „Kajemauer"- In Handelshafen,
wo sie mit Holzbalken und Bohlen verkleidet ist, wird sie meist Bollwerk


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[0266] „Heilige" oder „Helgen" (in den Nordseehäfen), die speciellen Bauplätze der einzelnen Schiffe sind, wenig größer als das Deck der betreffenden Schiffe. Die Helling ist oft überdacht, zum Schuh gegen Wetter, und sie ist stets mit demjenigen Theile, auf welchem das Hinterschiff ruht, nach dem Wasser zu geneigt, um das Ablaufen des Schiffes vom Stapel, sobald dasselbe voll¬ endet ist, zu erleichtern. „Stapel" bedeutet eigentlich blos die lange Reihe von starken Klötzen in der Mitte des Helling, auf welchen der Kiel des im Bau befindlichen Schiffes ruht, und diese Klotz- und Pfahlrostunterlage seht sich in gleicher schräger Richtung nach dem Wasser und bis unter dessen Oberfläche fort, so daß das ablaufende Schiff auf einer festen Bahn dahin¬ gleitet, bis es tief genug in das Wasser gekommen ist, um sich durch seine eigene Schwimmkraft flott zu erhalten. Der Ablauf (englisch launet. fran¬ zösisch lÄlleöment), welcher den Abschluß des Baues am Schiffskörpers bildet, und welchem später blos noch Arbeiten an der inneren Einrichtung und der Ausrüstung folgen, wird stets unter Feierlichkeiten, ähnlich wie das Richt¬ fest eines Gebäudes, vollzogen und durch die Taufe des Schiffs verherrlicht; die letztere wird wenigstens bei Kriegsschiffen stets durch eine Dame vollzo¬ gen, indem dieselbe eine Flasche Wein am Bug des Fahrzeugs zerschmettert. — Kleinere Schiffe werden auch wohl später, wenn sie bereits in Dienst ge¬ wesen sind, für schwere Reparaturen wieder auf die Helling (englisch buil- cling stip) gezogen oder „aufgeschlippt": so geschah dies im vorigen Herbst in Danzig durch etwa 100 Arbeiter mit der „Grille" und vor einigen Jahren in Trieft durch S00 Arbeiter sogar mit der östreichischen Fregatte „Novara", als dieselbe verlängert und zum Schraubenschiff umgestaltet werden sollte. Die Größe und Gestalt des Binnenhafens, der z. B. an der Jcchde voll¬ ständig im Lande ausgegraben wird, richtet sich nach Zahl und Größe der Schiffe, welche er aufnehmen soll: bei der großen Länge vieler Panzersregat¬ ten der Neuzeit, so auch' unseres „König Wilhelm", muß natürlich das Binnenbassin sehr groß werden. Im Allgemeinen muß der Binnenhafen ge- statten, alle Schiffe, die er aufnehmen soll, für Aus- und Einladen hart an das Land, an den Quai, zu legen, auf welchem letzteren ein Schienengleis zu directer Verbindung mit der Eisenbahn liegen muß. und ebenso müssen ganz nahe an diesem Quai sich die verschiedenen Magazine, Werkstätten und Zeughäuser befinden, um eine möglichst directe Ueberführung aller Ausrü¬ stungsstücke auf die Schiffe zu ermöglichen. Der „Quai" selbst ist eine breite, meist mit Steinfliesen belegte Uferstraße hart am Wasser, deren Bö¬ schung nach dem Wasser zu und in dasselbe hinab abfällt und ebenfalls mit Steinen verkleidet ist. als Quaimauer oder „Kajemauer"- In Handelshafen, wo sie mit Holzbalken und Bohlen verkleidet ist, wird sie meist Bollwerk

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/266>, abgerufen am 15.01.2025.