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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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also ein wirklicher Kriegshafen folgende Eigenschaften in sich vereinigen: Hin¬
reichende Tiefe (ca. 30 Fuß) und großer Umfang des Binnenhafens, eines
großen, meist mitten im Lande ausgegrabenen und durch einen Canal mit
der See verbundenen Bassins, welches die Flotte aufnehmen soll, und um
das sich rings die Docks, die Werften, die Magazine und Werkstätten grup-
Piren müssen. Dann Sicherheit des Binnenhafens vor einem Bombardement
durch die feindliche Flotte, was namentlich durch Anlage von Strandbat¬
terien und Strandforts, sowie durch große Entfernung des Binnenhafens
von der See und große Länge des verbindenden Hafencanals zu erreichen ist;
Sicherheit des Binnenhafens vor einem Bombardement von der Landseite,
was durch Anlage eines Kreises von detachirten Forts erlangt wird; end¬
lich Sicherheit des Binnenhafens gegen einen überraschenden Angriff von
Landungstruppen, was sich durch Anschließung des ganzen Binnenhafens
mit einer sturmfreien Enceinte ermöglichen läßt, d. h. durch Anschließung
mit einem Wall und einem Graben, die ohne künstliche Hilfsmittel oder
Legung einer Bresche nicht, überschritten werden können. In gleicher Weise wie
der Binnenhafen muß auch dessen Verbindung mit der See -- die Hafenstraße
oder Hafencanal und Vorhafen -- sowie die Rhede selbst genügende Tiefe für
die größten Schiffe, Schutz vor einer feindlichen Flotte durch Strandbatterien -
aus Inseln oder vorspringenden Punkten der Küste bieten:

Die Rhede ist derjenige Theil der See, welcher unmittelbar vor der
Hafenmündung liegt und bei Handelshafen zwar kein Ein- und Ausladen,
aber sicheres Ankern und Abwarten günstigen Windes, der Fluth oder des
Bugsirdampfers gestattet, bei Kriegshafen dagegen der Flotte für ihre tak¬
tische Fortwirkung dienen soll, nachdem sie aus dem DeW der Hafenmün¬
dung ausgelaufen ist. Die Rhede muß vor den herrschenden Winden und vor un¬
gewöhnlichem Andrang der Wellen geschützt sein, muß guten, festen, aber nicht
steinigen Ankergrund haben, am besten festen Thongrund, da Sand vom
Wellenschlag gelockert wird; sie darf nicht durch Brandung gefährdet sein und
sie muß eine sichere und bequeme Einfahrt nach dem Binnenhafen gestatten.

Von allen Anforderungen, die an einen Kriegshafen gestellt werden
müssen, ist die Erhaltung genügender Wassertiefe am schwersten durchzu¬
setzen. Liegt der Hafen an einer S^rommündung, so ist er der Gefahr des
Verschlickens oder Verhärten" ausgesetzt, da die Strömung des Flusses stets
Sinkstoffe, entweder Sand oder Schlick, d. h. aufgelösten fetten Thonboden
mit sich führt (so z. B. bei Geestemünde) und diese Stoffe vor der Hafen¬
mündung ablagert. Eine hierdurch oder durch Anspülung von Sand
entstandene Untiefe vor der Mündung des Binnenhafens, zwischen die¬
sem und der Rhede, bezeichnet man als die Barre, und Barren dieser
Art haben sich fast vor allen Flußmündungen gebildet. Selten läßt sich
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also ein wirklicher Kriegshafen folgende Eigenschaften in sich vereinigen: Hin¬
reichende Tiefe (ca. 30 Fuß) und großer Umfang des Binnenhafens, eines
großen, meist mitten im Lande ausgegrabenen und durch einen Canal mit
der See verbundenen Bassins, welches die Flotte aufnehmen soll, und um
das sich rings die Docks, die Werften, die Magazine und Werkstätten grup-
Piren müssen. Dann Sicherheit des Binnenhafens vor einem Bombardement
durch die feindliche Flotte, was namentlich durch Anlage von Strandbat¬
terien und Strandforts, sowie durch große Entfernung des Binnenhafens
von der See und große Länge des verbindenden Hafencanals zu erreichen ist;
Sicherheit des Binnenhafens vor einem Bombardement von der Landseite,
was durch Anlage eines Kreises von detachirten Forts erlangt wird; end¬
lich Sicherheit des Binnenhafens gegen einen überraschenden Angriff von
Landungstruppen, was sich durch Anschließung des ganzen Binnenhafens
mit einer sturmfreien Enceinte ermöglichen läßt, d. h. durch Anschließung
mit einem Wall und einem Graben, die ohne künstliche Hilfsmittel oder
Legung einer Bresche nicht, überschritten werden können. In gleicher Weise wie
der Binnenhafen muß auch dessen Verbindung mit der See — die Hafenstraße
oder Hafencanal und Vorhafen — sowie die Rhede selbst genügende Tiefe für
die größten Schiffe, Schutz vor einer feindlichen Flotte durch Strandbatterien -
aus Inseln oder vorspringenden Punkten der Küste bieten:

Die Rhede ist derjenige Theil der See, welcher unmittelbar vor der
Hafenmündung liegt und bei Handelshafen zwar kein Ein- und Ausladen,
aber sicheres Ankern und Abwarten günstigen Windes, der Fluth oder des
Bugsirdampfers gestattet, bei Kriegshafen dagegen der Flotte für ihre tak¬
tische Fortwirkung dienen soll, nachdem sie aus dem DeW der Hafenmün¬
dung ausgelaufen ist. Die Rhede muß vor den herrschenden Winden und vor un¬
gewöhnlichem Andrang der Wellen geschützt sein, muß guten, festen, aber nicht
steinigen Ankergrund haben, am besten festen Thongrund, da Sand vom
Wellenschlag gelockert wird; sie darf nicht durch Brandung gefährdet sein und
sie muß eine sichere und bequeme Einfahrt nach dem Binnenhafen gestatten.

Von allen Anforderungen, die an einen Kriegshafen gestellt werden
müssen, ist die Erhaltung genügender Wassertiefe am schwersten durchzu¬
setzen. Liegt der Hafen an einer S^rommündung, so ist er der Gefahr des
Verschlickens oder Verhärten« ausgesetzt, da die Strömung des Flusses stets
Sinkstoffe, entweder Sand oder Schlick, d. h. aufgelösten fetten Thonboden
mit sich führt (so z. B. bei Geestemünde) und diese Stoffe vor der Hafen¬
mündung ablagert. Eine hierdurch oder durch Anspülung von Sand
entstandene Untiefe vor der Mündung des Binnenhafens, zwischen die¬
sem und der Rhede, bezeichnet man als die Barre, und Barren dieser
Art haben sich fast vor allen Flußmündungen gebildet. Selten läßt sich
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[0263] also ein wirklicher Kriegshafen folgende Eigenschaften in sich vereinigen: Hin¬ reichende Tiefe (ca. 30 Fuß) und großer Umfang des Binnenhafens, eines großen, meist mitten im Lande ausgegrabenen und durch einen Canal mit der See verbundenen Bassins, welches die Flotte aufnehmen soll, und um das sich rings die Docks, die Werften, die Magazine und Werkstätten grup- Piren müssen. Dann Sicherheit des Binnenhafens vor einem Bombardement durch die feindliche Flotte, was namentlich durch Anlage von Strandbat¬ terien und Strandforts, sowie durch große Entfernung des Binnenhafens von der See und große Länge des verbindenden Hafencanals zu erreichen ist; Sicherheit des Binnenhafens vor einem Bombardement von der Landseite, was durch Anlage eines Kreises von detachirten Forts erlangt wird; end¬ lich Sicherheit des Binnenhafens gegen einen überraschenden Angriff von Landungstruppen, was sich durch Anschließung des ganzen Binnenhafens mit einer sturmfreien Enceinte ermöglichen läßt, d. h. durch Anschließung mit einem Wall und einem Graben, die ohne künstliche Hilfsmittel oder Legung einer Bresche nicht, überschritten werden können. In gleicher Weise wie der Binnenhafen muß auch dessen Verbindung mit der See — die Hafenstraße oder Hafencanal und Vorhafen — sowie die Rhede selbst genügende Tiefe für die größten Schiffe, Schutz vor einer feindlichen Flotte durch Strandbatterien - aus Inseln oder vorspringenden Punkten der Küste bieten: Die Rhede ist derjenige Theil der See, welcher unmittelbar vor der Hafenmündung liegt und bei Handelshafen zwar kein Ein- und Ausladen, aber sicheres Ankern und Abwarten günstigen Windes, der Fluth oder des Bugsirdampfers gestattet, bei Kriegshafen dagegen der Flotte für ihre tak¬ tische Fortwirkung dienen soll, nachdem sie aus dem DeW der Hafenmün¬ dung ausgelaufen ist. Die Rhede muß vor den herrschenden Winden und vor un¬ gewöhnlichem Andrang der Wellen geschützt sein, muß guten, festen, aber nicht steinigen Ankergrund haben, am besten festen Thongrund, da Sand vom Wellenschlag gelockert wird; sie darf nicht durch Brandung gefährdet sein und sie muß eine sichere und bequeme Einfahrt nach dem Binnenhafen gestatten. Von allen Anforderungen, die an einen Kriegshafen gestellt werden müssen, ist die Erhaltung genügender Wassertiefe am schwersten durchzu¬ setzen. Liegt der Hafen an einer S^rommündung, so ist er der Gefahr des Verschlickens oder Verhärten« ausgesetzt, da die Strömung des Flusses stets Sinkstoffe, entweder Sand oder Schlick, d. h. aufgelösten fetten Thonboden mit sich führt (so z. B. bei Geestemünde) und diese Stoffe vor der Hafen¬ mündung ablagert. Eine hierdurch oder durch Anspülung von Sand entstandene Untiefe vor der Mündung des Binnenhafens, zwischen die¬ sem und der Rhede, bezeichnet man als die Barre, und Barren dieser Art haben sich fast vor allen Flußmündungen gebildet. Selten läßt sich * 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/263>, abgerufen am 15.01.2025.