Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.fähigter Gegner kam, um den dargebotenen Gewinn einzustreichen. Dies that Sowie die Debatte danach verlaufen war, nahm sie sich wie eine ganz Die norddeutschen Parteien stehen vor dem Zollparlament gleichsam wie Diesem Verhältniß entspricht es genau, daß die hessischen und badischen fähigter Gegner kam, um den dargebotenen Gewinn einzustreichen. Dies that Sowie die Debatte danach verlaufen war, nahm sie sich wie eine ganz Die norddeutschen Parteien stehen vor dem Zollparlament gleichsam wie Diesem Verhältniß entspricht es genau, daß die hessischen und badischen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0243" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117775"/> <p xml:id="ID_777" prev="#ID_776"> fähigter Gegner kam, um den dargebotenen Gewinn einzustreichen. Dies that<lb/> denn, da der Schluß der Verhandlung mit geringer Mehrheit verworfen<lb/> wurde, Laster in einer seiner bestempfundenen, glänzendsten und erfolgreich¬<lb/> sten Improvisationen. An diesem Tage zeigte sichs, was einer Partei ein<lb/> immer schlagfertiger und auf das Ohr des Hauses sicher rechnender Redner<lb/> werth ist. Es zeigte sich freilich auch, was noch mehr bedeutet, daß das in<lb/> der nationalliberalen Partei concentrirte patriotische Pathos bei ernstlichen<lb/> Zusammenstößen jede Coalition der Extreme sicher ist zu überwältigen.<lb/> Seinem Appell gehorchen dann die entsprechenden Gefühle selbst in mancher<lb/> stramm conservativen Brust.</p><lb/> <p xml:id="ID_778"> Sowie die Debatte danach verlaufen war, nahm sie sich wie eine ganz<lb/> Planmäßig geführte, geschickt angelegte Schlacht oder Jagd aus. Braun stö¬<lb/> berte das Wild aus seiner Ruhe auf, und Laster erlegte es. Freilich hätten<lb/> einige wenige Schlußliebhaber mehr dem Letzteren das 'Wort abschneiden kön¬<lb/> nen; dann hatte die nationale Partei eine Niederlage erlitten. Schon wegen<lb/> der Rückwirkung auf die Bevölkerung Süddeutschlands, nun aber auch wegen<lb/> der hier einmal herrschenden.überaus versöhnlichen, in^n könnte fast sagen<lb/> sentimentalen Stimmung wäre es besser gewesen, nicht sofort anzugreifen, son¬<lb/> dern mit höflichen Reizungen anzufangen, gefälligst herauszukommen und<lb/> Farbe zu zeigen. Allerdings müssen die Elemente der großen einheits-<lb/> seindlichen und fortschrittswidrigen Partei veranlaßt werden, sich in ihrer<lb/> wahren Gestalt zu zeigen. Sie vertragen sich gegenwärtig nur deshalb noch<lb/> so gut, weil sie Larven vorhaben; man muß sie nöthigen sich zu demaskiren.<lb/> Aber erst wenn volles Licht auf ihre Züge fällt, ist es Zeit, sie dem Publi-<lb/> cum mit ihrem eigentlichen Namen vorzustellen. Nur wenn die süddeutschen<lb/> Preußenfeinde selbst gewissermaßen die Angreifer sind, kann man sie in ihre<lb/> Schranken weisen, ohne in der Masse der Wählerschaft daheim das sehr be¬<lb/> reite Gefühl wachzurufen, sie seien beklagenswerthe Märtyrer einer Verbindung<lb/> mit dem Norden, die auf das allerdürftigste Maß beschränkt bleiben müsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_779"> Die norddeutschen Parteien stehen vor dem Zollparlament gleichsam wie<lb/> vor einer Sphinx, die sie nicht recht wagen zu einer klaren und entscheidenden<lb/> Antwort herauszufordern. Die verschiedenen süddeutschen Parteien dagegen<lb/> sind größtenteils mit schon fertigen Entschlüssen nach Berlin gekommen. Die<lb/> Mehrheit der bairischen und würtembergischen, die Minderheit der badischen<lb/> Abgeordneten will, daß das Zollparlament sich streng und ängstlich an seine<lb/> vertragsmäßige Eompetenz halte; die Mehrheit der'badischen' und fast aller<lb/> Heisischen Abgeordneten legen im Gegentveil auf den Werth dieser National¬<lb/> repräsentation als eines Mittels zur Erweiterung der deutschen Staatseinheit<lb/> das Hauptgewicht. Zwischen beiden Seiten stehen die Mitglieder von der<lb/> Farbe der bairischen Fortschrittspartei unentschieden in der Mitte, durch inner¬<lb/> liche Uebereinstimmung zu Metz und Bluntschli gezogen, durch die Lage ihres<lb/> Staats und namentlich durch Rücksicht auf die schwierige Stellung ihres Mi¬<lb/> nisterpräsidenten, des wohlgesinnten Fürsten Hohenlohe, in der Nähe der<lb/> Thüngen-Neurath'schen Fraction festgehalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_780" next="#ID_781"> Diesem Verhältniß entspricht es genau, daß die hessischen und badischen<lb/> Liberalen im Schoße der ^einstweilen noch nicht formell für das Zollparla¬<lb/> ment constituirten) nationalliberalen Partei einen Antrag auf Erlaß einer<lb/> Adresse an den König Wilhelm eingebracht, die bairischen Gesinnungsgenossen<lb/> ihn ebendort bekämpft. die norddeutsche Mehrheit ihn schließlich angenommen,<lb/> Metz und Bluntschli sammt ihren Landsleuten ihn ins Haus geworfen haben,<lb/> unterstützt von der Masse der nationalliberalen Fraction. Es stimmt auf der<lb/> anderen Seite ebensogut dazu, daß die süddeutschen Particularisten aller Far-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0243]
fähigter Gegner kam, um den dargebotenen Gewinn einzustreichen. Dies that
denn, da der Schluß der Verhandlung mit geringer Mehrheit verworfen
wurde, Laster in einer seiner bestempfundenen, glänzendsten und erfolgreich¬
sten Improvisationen. An diesem Tage zeigte sichs, was einer Partei ein
immer schlagfertiger und auf das Ohr des Hauses sicher rechnender Redner
werth ist. Es zeigte sich freilich auch, was noch mehr bedeutet, daß das in
der nationalliberalen Partei concentrirte patriotische Pathos bei ernstlichen
Zusammenstößen jede Coalition der Extreme sicher ist zu überwältigen.
Seinem Appell gehorchen dann die entsprechenden Gefühle selbst in mancher
stramm conservativen Brust.
Sowie die Debatte danach verlaufen war, nahm sie sich wie eine ganz
Planmäßig geführte, geschickt angelegte Schlacht oder Jagd aus. Braun stö¬
berte das Wild aus seiner Ruhe auf, und Laster erlegte es. Freilich hätten
einige wenige Schlußliebhaber mehr dem Letzteren das 'Wort abschneiden kön¬
nen; dann hatte die nationale Partei eine Niederlage erlitten. Schon wegen
der Rückwirkung auf die Bevölkerung Süddeutschlands, nun aber auch wegen
der hier einmal herrschenden.überaus versöhnlichen, in^n könnte fast sagen
sentimentalen Stimmung wäre es besser gewesen, nicht sofort anzugreifen, son¬
dern mit höflichen Reizungen anzufangen, gefälligst herauszukommen und
Farbe zu zeigen. Allerdings müssen die Elemente der großen einheits-
seindlichen und fortschrittswidrigen Partei veranlaßt werden, sich in ihrer
wahren Gestalt zu zeigen. Sie vertragen sich gegenwärtig nur deshalb noch
so gut, weil sie Larven vorhaben; man muß sie nöthigen sich zu demaskiren.
Aber erst wenn volles Licht auf ihre Züge fällt, ist es Zeit, sie dem Publi-
cum mit ihrem eigentlichen Namen vorzustellen. Nur wenn die süddeutschen
Preußenfeinde selbst gewissermaßen die Angreifer sind, kann man sie in ihre
Schranken weisen, ohne in der Masse der Wählerschaft daheim das sehr be¬
reite Gefühl wachzurufen, sie seien beklagenswerthe Märtyrer einer Verbindung
mit dem Norden, die auf das allerdürftigste Maß beschränkt bleiben müsse.
Die norddeutschen Parteien stehen vor dem Zollparlament gleichsam wie
vor einer Sphinx, die sie nicht recht wagen zu einer klaren und entscheidenden
Antwort herauszufordern. Die verschiedenen süddeutschen Parteien dagegen
sind größtenteils mit schon fertigen Entschlüssen nach Berlin gekommen. Die
Mehrheit der bairischen und würtembergischen, die Minderheit der badischen
Abgeordneten will, daß das Zollparlament sich streng und ängstlich an seine
vertragsmäßige Eompetenz halte; die Mehrheit der'badischen' und fast aller
Heisischen Abgeordneten legen im Gegentveil auf den Werth dieser National¬
repräsentation als eines Mittels zur Erweiterung der deutschen Staatseinheit
das Hauptgewicht. Zwischen beiden Seiten stehen die Mitglieder von der
Farbe der bairischen Fortschrittspartei unentschieden in der Mitte, durch inner¬
liche Uebereinstimmung zu Metz und Bluntschli gezogen, durch die Lage ihres
Staats und namentlich durch Rücksicht auf die schwierige Stellung ihres Mi¬
nisterpräsidenten, des wohlgesinnten Fürsten Hohenlohe, in der Nähe der
Thüngen-Neurath'schen Fraction festgehalten.
Diesem Verhältniß entspricht es genau, daß die hessischen und badischen
Liberalen im Schoße der ^einstweilen noch nicht formell für das Zollparla¬
ment constituirten) nationalliberalen Partei einen Antrag auf Erlaß einer
Adresse an den König Wilhelm eingebracht, die bairischen Gesinnungsgenossen
ihn ebendort bekämpft. die norddeutsche Mehrheit ihn schließlich angenommen,
Metz und Bluntschli sammt ihren Landsleuten ihn ins Haus geworfen haben,
unterstützt von der Masse der nationalliberalen Fraction. Es stimmt auf der
anderen Seite ebensogut dazu, daß die süddeutschen Particularisten aller Far-
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