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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.

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Beschränkung des russischen Einflusses auch historisch nachzuweisen, blieben die
fertiggedruckten vier ersten Bände des vorliegenden Werkes auf die Weisung
dieser Staatslenker in die Wände des geheimen Archivs eingeschlossen und
von dem Mantel einer, diesesmal höchst undiplomatischen "Discretion" bedeckt.
Dem Freiherrn von Beust scheint es vorbehalten gewesen zu sein, neben
anderen Herkulesarbeiten auch die der Entfesselung eines Buchs zu voll¬
bringen, das seine apologetische Mission im I. 1848 unter ungleich gün¬
stigeren Auspicien aufgenommen hätte, als gegenwärtig.

In die Jahre der Gefangenschaft des Prokesch-Ostenschen Werks war
nämlich das Erscheinen des Bandes 5 und 6 von Gervinus Geschichte des
19. Jahrhunderts und des von K. Mendelssohn-Bartholdy geschriebenen
Buchs über den Grafen Kapodistrias gefallen. Dieselben diplomatischen
Aktenstücke, an deren Publication man Herrn v. Prokesch verhindert hatte,
obgleich seine in den Text der "Geschichte u. s. w." gelieferten Commentare
zu denselben, Metternichs Verhalten Schritt für Schritt zu rechtfertigen suchten
-- wurden jetzt von einem Historiker excerpirt und dem Publicum übergeben,,
der aus ihnen seine schneidigsten Waffen gegen das alte System schmiedete,
den Glauben an Metternichs richtige Behandlung der orientalischen Frage
auf jeder Seite seines Buchs bestritt und zu widerlegen suchte und sein schlie߬
liches Urtheil über diesen Staatsmann und dessen in den I. 1821--27 ge¬
spickte Rolle in die Worte zusammenfaßte: "der quälende Peiniger mit ver¬
derblichem Rathe, hinterrückig. treulos, trügend, bethörend, kreuzend, versetzend
so Freund wie Feind, die eigenen Diener verwirrend, dann verleugnend und
blosstellend" habe damit geendigt, "von den Russen wie von den Türken als
falscher Scheinfreund gebrandmarkt", von den Engländern der "größte Schuft
und Lügner des Continents" genannt zu werden. Wie großen Einfluß die
von Gervinus gemachten Mittheilungen über das, was bis dahin Geheimniß
der Archive gewesen, geübt haben, dafür sei, -- von zahlreichen anderen
Zeugnissen abgesehen, nur der eine Umstand angeführt, daß die bekanntesten
und gelesensten der modernen Specialhistoriker sich bei ihren, im Großen und
Ganzen gleichlautenden Urtheilen über Metternichs griechische Politik direct
auf Gervinus berufen: so Anton Springer, Geschichte Oestreichs, Bd. I-,
S. 369. der der Bereicherung erwähnt, welche seine Kunde von den diplo¬
matischen Verhandlungen durch die von Gervinus a, a. O. veröffentlichten
Aktenstücke erfahren habe, so Pauli. Geschichte Englands. I, 412, u. A. in.

Das Gervinussche Werk gibt die benützten Quellen bekanntlich weder
im ursprünglichen Wortlaut, noch in einer Uebersetzung wieder, sondern
macht den Leser mit dem durch den Autor verarbeiteten, durch das Medium
der persönlichen Anschauungen desselben gegangenen Inhalt bekannt. Die
Thatsachen und des Autors Urtheile über dieselben, werden dem Leser


Beschränkung des russischen Einflusses auch historisch nachzuweisen, blieben die
fertiggedruckten vier ersten Bände des vorliegenden Werkes auf die Weisung
dieser Staatslenker in die Wände des geheimen Archivs eingeschlossen und
von dem Mantel einer, diesesmal höchst undiplomatischen „Discretion" bedeckt.
Dem Freiherrn von Beust scheint es vorbehalten gewesen zu sein, neben
anderen Herkulesarbeiten auch die der Entfesselung eines Buchs zu voll¬
bringen, das seine apologetische Mission im I. 1848 unter ungleich gün¬
stigeren Auspicien aufgenommen hätte, als gegenwärtig.

In die Jahre der Gefangenschaft des Prokesch-Ostenschen Werks war
nämlich das Erscheinen des Bandes 5 und 6 von Gervinus Geschichte des
19. Jahrhunderts und des von K. Mendelssohn-Bartholdy geschriebenen
Buchs über den Grafen Kapodistrias gefallen. Dieselben diplomatischen
Aktenstücke, an deren Publication man Herrn v. Prokesch verhindert hatte,
obgleich seine in den Text der „Geschichte u. s. w." gelieferten Commentare
zu denselben, Metternichs Verhalten Schritt für Schritt zu rechtfertigen suchten
— wurden jetzt von einem Historiker excerpirt und dem Publicum übergeben,,
der aus ihnen seine schneidigsten Waffen gegen das alte System schmiedete,
den Glauben an Metternichs richtige Behandlung der orientalischen Frage
auf jeder Seite seines Buchs bestritt und zu widerlegen suchte und sein schlie߬
liches Urtheil über diesen Staatsmann und dessen in den I. 1821—27 ge¬
spickte Rolle in die Worte zusammenfaßte: „der quälende Peiniger mit ver¬
derblichem Rathe, hinterrückig. treulos, trügend, bethörend, kreuzend, versetzend
so Freund wie Feind, die eigenen Diener verwirrend, dann verleugnend und
blosstellend" habe damit geendigt, „von den Russen wie von den Türken als
falscher Scheinfreund gebrandmarkt", von den Engländern der „größte Schuft
und Lügner des Continents" genannt zu werden. Wie großen Einfluß die
von Gervinus gemachten Mittheilungen über das, was bis dahin Geheimniß
der Archive gewesen, geübt haben, dafür sei, — von zahlreichen anderen
Zeugnissen abgesehen, nur der eine Umstand angeführt, daß die bekanntesten
und gelesensten der modernen Specialhistoriker sich bei ihren, im Großen und
Ganzen gleichlautenden Urtheilen über Metternichs griechische Politik direct
auf Gervinus berufen: so Anton Springer, Geschichte Oestreichs, Bd. I-,
S. 369. der der Bereicherung erwähnt, welche seine Kunde von den diplo¬
matischen Verhandlungen durch die von Gervinus a, a. O. veröffentlichten
Aktenstücke erfahren habe, so Pauli. Geschichte Englands. I, 412, u. A. in.

Das Gervinussche Werk gibt die benützten Quellen bekanntlich weder
im ursprünglichen Wortlaut, noch in einer Uebersetzung wieder, sondern
macht den Leser mit dem durch den Autor verarbeiteten, durch das Medium
der persönlichen Anschauungen desselben gegangenen Inhalt bekannt. Die
Thatsachen und des Autors Urtheile über dieselben, werden dem Leser


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[0234] Beschränkung des russischen Einflusses auch historisch nachzuweisen, blieben die fertiggedruckten vier ersten Bände des vorliegenden Werkes auf die Weisung dieser Staatslenker in die Wände des geheimen Archivs eingeschlossen und von dem Mantel einer, diesesmal höchst undiplomatischen „Discretion" bedeckt. Dem Freiherrn von Beust scheint es vorbehalten gewesen zu sein, neben anderen Herkulesarbeiten auch die der Entfesselung eines Buchs zu voll¬ bringen, das seine apologetische Mission im I. 1848 unter ungleich gün¬ stigeren Auspicien aufgenommen hätte, als gegenwärtig. In die Jahre der Gefangenschaft des Prokesch-Ostenschen Werks war nämlich das Erscheinen des Bandes 5 und 6 von Gervinus Geschichte des 19. Jahrhunderts und des von K. Mendelssohn-Bartholdy geschriebenen Buchs über den Grafen Kapodistrias gefallen. Dieselben diplomatischen Aktenstücke, an deren Publication man Herrn v. Prokesch verhindert hatte, obgleich seine in den Text der „Geschichte u. s. w." gelieferten Commentare zu denselben, Metternichs Verhalten Schritt für Schritt zu rechtfertigen suchten — wurden jetzt von einem Historiker excerpirt und dem Publicum übergeben,, der aus ihnen seine schneidigsten Waffen gegen das alte System schmiedete, den Glauben an Metternichs richtige Behandlung der orientalischen Frage auf jeder Seite seines Buchs bestritt und zu widerlegen suchte und sein schlie߬ liches Urtheil über diesen Staatsmann und dessen in den I. 1821—27 ge¬ spickte Rolle in die Worte zusammenfaßte: „der quälende Peiniger mit ver¬ derblichem Rathe, hinterrückig. treulos, trügend, bethörend, kreuzend, versetzend so Freund wie Feind, die eigenen Diener verwirrend, dann verleugnend und blosstellend" habe damit geendigt, „von den Russen wie von den Türken als falscher Scheinfreund gebrandmarkt", von den Engländern der „größte Schuft und Lügner des Continents" genannt zu werden. Wie großen Einfluß die von Gervinus gemachten Mittheilungen über das, was bis dahin Geheimniß der Archive gewesen, geübt haben, dafür sei, — von zahlreichen anderen Zeugnissen abgesehen, nur der eine Umstand angeführt, daß die bekanntesten und gelesensten der modernen Specialhistoriker sich bei ihren, im Großen und Ganzen gleichlautenden Urtheilen über Metternichs griechische Politik direct auf Gervinus berufen: so Anton Springer, Geschichte Oestreichs, Bd. I-, S. 369. der der Bereicherung erwähnt, welche seine Kunde von den diplo¬ matischen Verhandlungen durch die von Gervinus a, a. O. veröffentlichten Aktenstücke erfahren habe, so Pauli. Geschichte Englands. I, 412, u. A. in. Das Gervinussche Werk gibt die benützten Quellen bekanntlich weder im ursprünglichen Wortlaut, noch in einer Uebersetzung wieder, sondern macht den Leser mit dem durch den Autor verarbeiteten, durch das Medium der persönlichen Anschauungen desselben gegangenen Inhalt bekannt. Die Thatsachen und des Autors Urtheile über dieselben, werden dem Leser

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_362043/234>, abgerufen am 15.01.2025.