Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.erscheint der Entwurf als ein sehr vorsichtiger und gemäßigter Schritt, mit Ernsterer Natur ist ein anderer Vorwurf, zu welchem diese an sich so erscheint der Entwurf als ein sehr vorsichtiger und gemäßigter Schritt, mit Ernsterer Natur ist ein anderer Vorwurf, zu welchem diese an sich so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117692"/> <p xml:id="ID_505" prev="#ID_504"> erscheint der Entwurf als ein sehr vorsichtiger und gemäßigter Schritt, mit<lb/> welchem Herr von der Heydt sich zuerst auf die leuchtende Bahn der Peel und<lb/> Gladstone begibt. Daß er den Roheisenzoll von 7'/- auf 5 .Silbergroschen,<lb/> den Reiszoll von 1 auf V- Thaler herabsetzen will, anstatt beide ganz auf¬<lb/> zuheben, werden ihm ohne Zweifel viele als eine halbe Maßregel auslegen.<lb/> Ebenso schwer wird man begreifen, warum er Papier, Hopfen, Butter, Honig<lb/> nicht ganz freigeben, Südfrüchte und Häringe nicht auf die Hälfte ihres<lb/> jetzigen hohen Zolls ermäßigen will. Der vorauszusehende, anderweitig zu<lb/> deckende Ausfall der Zollvereinscasse würde damit allerdings um eine weitere<lb/> halbe oder ganze Million wachsen. Allein die jetzige Vorlage nimmt um¬<lb/> gekehrt einen Ueberschuß der Mehr- über die Mindererträge nach dem Voll¬<lb/> zuge der Reform in Aussicht, der eine viertel- bis eine halbe Million be¬<lb/> tragen soll; und man darf wohl fragen, ob das nothwendig, ja ob das<lb/> ohne ausdrückliche Begründung eines Mehrbedarfs auch nur zulässig erscheint,<lb/> da.auf der einen Seite der Zollverein lediglich eine Einnahme, keine Aus¬<lb/> gabeanstalt ist, und auf der anderen nichts sicherer sein wird, als daß die<lb/> bloße, allgemeine Zunahme des Verkehrs, selbst wenn man von jedem zu¬<lb/> folge der Reduction sofort eintretenden Zuwachs absetzn will, die Erträge nicht<lb/> unter das der Berechnung zu Grunde liegende Maß des Jahres 1867 sinken<lb/> lassen wird. Umgekehrt: es ist aller Grund vorhanden, anzunehmen, daß das<lb/> I. 1867 ungewöhnlich niedrige Zolleinkünfte geliefert hat. Sie überstiegen<lb/> zwar im ganzen diejenigen des Kriegsjahrs 1866 um 13—20 Procent; aber<lb/> die Einnahmen des letzten Vierteljahrs sind — ohne Zweifel eine Wirkung<lb/> der Misernte und des in verschiedenen Gegenden herrschenden Nothstandes<lb/> — hinter denen des letzten Vierteljahrs von 1866 zurückgeblieben. Dazu<lb/> kommt, daß auch von der Ermäßigung des Weinzolls von 4 auf 2V» Thlr.<lb/> ein voraussichtlich viel zu starker Ausfall berechnet ist. Kurz, schon in der<lb/> Gestalt, in welcher der Tarifreformplan augenblicklich vorliegt, würde er Spiel¬<lb/> raum darbieten, mit der Reduction sowohl in der Zahl der Positionen wie<lb/> in der Höhe der einzelnen Sätze ungleich entschlossener vorwärts zu gehen,<lb/> als die etwas ängstliche Finanzkunst des Herrn von der Heydt bis jetzt für<lb/> rathsam angesehen zu haben scheint.</p><lb/> <p xml:id="ID_506" next="#ID_507"> Ernsterer Natur ist ein anderer Vorwurf, zu welchem diese an sich so<lb/> erwünschte und nothwendige Vorlage herausfordert. Sie sucht die Ordnung<lb/> der aus der Reduction hervorgehenden Ausfälle erstens in einer Erhöhung<lb/> der Tabaksabgaben in beiderlei Gestalt, Zoll und Steuer, und zweitens in<lb/> einem ganz neuen Zoll, der auf Petroleum gelegt werden soll. Jenes Mittel<lb/> soll zwei Millionen, dieses eine halbe Million liefern. Auf dem Volkswirth-<lb/> schaftlichen Congresse in Hamburg war, als der jetzige Geheimrath im Bun-<lb/> deskanzleiamt, Dr. Otto Michaelis, dort zum ersten Male öffentlich einen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0160]
erscheint der Entwurf als ein sehr vorsichtiger und gemäßigter Schritt, mit
welchem Herr von der Heydt sich zuerst auf die leuchtende Bahn der Peel und
Gladstone begibt. Daß er den Roheisenzoll von 7'/- auf 5 .Silbergroschen,
den Reiszoll von 1 auf V- Thaler herabsetzen will, anstatt beide ganz auf¬
zuheben, werden ihm ohne Zweifel viele als eine halbe Maßregel auslegen.
Ebenso schwer wird man begreifen, warum er Papier, Hopfen, Butter, Honig
nicht ganz freigeben, Südfrüchte und Häringe nicht auf die Hälfte ihres
jetzigen hohen Zolls ermäßigen will. Der vorauszusehende, anderweitig zu
deckende Ausfall der Zollvereinscasse würde damit allerdings um eine weitere
halbe oder ganze Million wachsen. Allein die jetzige Vorlage nimmt um¬
gekehrt einen Ueberschuß der Mehr- über die Mindererträge nach dem Voll¬
zuge der Reform in Aussicht, der eine viertel- bis eine halbe Million be¬
tragen soll; und man darf wohl fragen, ob das nothwendig, ja ob das
ohne ausdrückliche Begründung eines Mehrbedarfs auch nur zulässig erscheint,
da.auf der einen Seite der Zollverein lediglich eine Einnahme, keine Aus¬
gabeanstalt ist, und auf der anderen nichts sicherer sein wird, als daß die
bloße, allgemeine Zunahme des Verkehrs, selbst wenn man von jedem zu¬
folge der Reduction sofort eintretenden Zuwachs absetzn will, die Erträge nicht
unter das der Berechnung zu Grunde liegende Maß des Jahres 1867 sinken
lassen wird. Umgekehrt: es ist aller Grund vorhanden, anzunehmen, daß das
I. 1867 ungewöhnlich niedrige Zolleinkünfte geliefert hat. Sie überstiegen
zwar im ganzen diejenigen des Kriegsjahrs 1866 um 13—20 Procent; aber
die Einnahmen des letzten Vierteljahrs sind — ohne Zweifel eine Wirkung
der Misernte und des in verschiedenen Gegenden herrschenden Nothstandes
— hinter denen des letzten Vierteljahrs von 1866 zurückgeblieben. Dazu
kommt, daß auch von der Ermäßigung des Weinzolls von 4 auf 2V» Thlr.
ein voraussichtlich viel zu starker Ausfall berechnet ist. Kurz, schon in der
Gestalt, in welcher der Tarifreformplan augenblicklich vorliegt, würde er Spiel¬
raum darbieten, mit der Reduction sowohl in der Zahl der Positionen wie
in der Höhe der einzelnen Sätze ungleich entschlossener vorwärts zu gehen,
als die etwas ängstliche Finanzkunst des Herrn von der Heydt bis jetzt für
rathsam angesehen zu haben scheint.
Ernsterer Natur ist ein anderer Vorwurf, zu welchem diese an sich so
erwünschte und nothwendige Vorlage herausfordert. Sie sucht die Ordnung
der aus der Reduction hervorgehenden Ausfälle erstens in einer Erhöhung
der Tabaksabgaben in beiderlei Gestalt, Zoll und Steuer, und zweitens in
einem ganz neuen Zoll, der auf Petroleum gelegt werden soll. Jenes Mittel
soll zwei Millionen, dieses eine halbe Million liefern. Auf dem Volkswirth-
schaftlichen Congresse in Hamburg war, als der jetzige Geheimrath im Bun-
deskanzleiamt, Dr. Otto Michaelis, dort zum ersten Male öffentlich einen
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