Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Mitte des achtzehnten Jahrhunderts konnte einer dieser letzteren mit Stolz Die Abgeschiedenheit der Ausgewanderten, durch die als Regel geltenden Immerhin blieben auch nach dieser erlangten Toleranz noch Beschränkun¬ Mitte des achtzehnten Jahrhunderts konnte einer dieser letzteren mit Stolz Die Abgeschiedenheit der Ausgewanderten, durch die als Regel geltenden Immerhin blieben auch nach dieser erlangten Toleranz noch Beschränkun¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117688"/> <p xml:id="ID_488" prev="#ID_487"> Mitte des achtzehnten Jahrhunderts konnte einer dieser letzteren mit Stolz<lb/> — und mindestens für seine Linie mit Recht — das Factum verzeichnen (16),<lb/> daß seine Vorfahren „sorgfaltig" bedacht gewesen seien, „nicht nur sich in<lb/> Basel mit denen dasigen angesehensten Familien zu verbinden, sondern auch<lb/> nachher in Frankfurt keine andere Ehe einzugehen als mit solchen, deren Vor¬<lb/> fahren entweder in Frankreich oder in denen Niederlanden unter den ange¬<lb/> sehensten adeligen Familien geblühet haben." Und anderseits blieb auch bei<lb/> den in der ?i'g,mets eoiute zurückgebliebenen Passavcmts die nahe Beziehung<lb/> zu dem Ausgewanderten unvergessen. An zwei Urenkel desselben, deren Vater<lb/> bereits nach Frankfurt übergesiedelt war, gelangte im Anfange des vorigen<lb/> Jahrhunderts die Einladung, einen oder zwei Söhne zu Erhaltung des Namens<lb/> und der Güter der Familie in die welsche Heimath zu senden, wo das Ge-<lb/> schlecht dem Aussterben nahe war. Aber die treuen jungen Männer hätten<lb/> es für Sünde gehalten, die glänzenden Aussichten, welche die katholischen<lb/> Stammvettern ihren Kindern eröffneten, auch nur in ernstliche Erwägung zu<lb/> ziehen, da der Religionswechsel als eine unerläßliche Bedingung aufgestellt<lb/> war. So vernichteten sie die betreffenden wiederholten Briefe, ließen sie<lb/> unbeantwortet und theilten ihren Nachkommen das Anerbieten erst mit, und<lb/> zwar als größtes Familien-Geheimniß (I, 16), wenn diese herangewachsen<lb/> waren, etwa von der Universität zurückkamen.</p><lb/> <p xml:id="ID_489"> Die Abgeschiedenheit der Ausgewanderten, durch die als Regel geltenden<lb/> Zwischenheirathen ohnehin erhalten, wurde nun aber durch die exceptionelle<lb/> kirchliche Stellung nicht wenig gefördert, die sie in Frankfurt einnahmen.<lb/> 'Bereits der Ahnherr des dortigen Zweiges, der im Jahre 1718 starb, hat<lb/> sich veranlaßt gefunden, in dem nächsten gräflich hanauischen Dorfe eine Be¬<lb/> sitzung zu erwerben, um an reformirten Gottesdienste, der in Frankfurt<lb/> untersagt war, allsonntäglich gemächlich Theil nehmen zu können. In der<lb/> That datirt die den Reformirten in Frankfurt gestattete Ausübung ihres<lb/> Kirchenbrauches erst aus dem November 1787, sieben Wochen nach der Ge¬<lb/> burt unseres Kunstschriftstellers, dessen Interesse für die Vergangenheit der<lb/> Familie diesen Rückblick nicht am wenigsten ermöglicht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_490" next="#ID_491"> Immerhin blieben auch nach dieser erlangten Toleranz noch Beschränkun¬<lb/> gen, und Bande gemeinsamen ehrenhaften Ertragens hielten, wenn auch min¬<lb/> der scharf als früher, die Gemeindegenosfen aus der Fremde zusammen. NoH<lb/> war unvergessen, daß bei der Krönung Kaiser Joseph des ersten die be¬<lb/> sondere Gnade und Aufmerksamkeit des neuen Monarchen dazu gehört hatte<lb/> (I, 34), das damalige Haupt der Familie Passavant trotz seines Reichthumes<lb/> aus der Stellung eines an der Thüre des Kaisersaales Wache stehenden Ge¬<lb/> meinen der Bürgermiliz zum Offizier zu ernennen; denn fortwährend waren<lb/> die Reformirten von den höheren Aemtern ausgeschlossen. Und andererseits</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts konnte einer dieser letzteren mit Stolz
— und mindestens für seine Linie mit Recht — das Factum verzeichnen (16),
daß seine Vorfahren „sorgfaltig" bedacht gewesen seien, „nicht nur sich in
Basel mit denen dasigen angesehensten Familien zu verbinden, sondern auch
nachher in Frankfurt keine andere Ehe einzugehen als mit solchen, deren Vor¬
fahren entweder in Frankreich oder in denen Niederlanden unter den ange¬
sehensten adeligen Familien geblühet haben." Und anderseits blieb auch bei
den in der ?i'g,mets eoiute zurückgebliebenen Passavcmts die nahe Beziehung
zu dem Ausgewanderten unvergessen. An zwei Urenkel desselben, deren Vater
bereits nach Frankfurt übergesiedelt war, gelangte im Anfange des vorigen
Jahrhunderts die Einladung, einen oder zwei Söhne zu Erhaltung des Namens
und der Güter der Familie in die welsche Heimath zu senden, wo das Ge-
schlecht dem Aussterben nahe war. Aber die treuen jungen Männer hätten
es für Sünde gehalten, die glänzenden Aussichten, welche die katholischen
Stammvettern ihren Kindern eröffneten, auch nur in ernstliche Erwägung zu
ziehen, da der Religionswechsel als eine unerläßliche Bedingung aufgestellt
war. So vernichteten sie die betreffenden wiederholten Briefe, ließen sie
unbeantwortet und theilten ihren Nachkommen das Anerbieten erst mit, und
zwar als größtes Familien-Geheimniß (I, 16), wenn diese herangewachsen
waren, etwa von der Universität zurückkamen.
Die Abgeschiedenheit der Ausgewanderten, durch die als Regel geltenden
Zwischenheirathen ohnehin erhalten, wurde nun aber durch die exceptionelle
kirchliche Stellung nicht wenig gefördert, die sie in Frankfurt einnahmen.
'Bereits der Ahnherr des dortigen Zweiges, der im Jahre 1718 starb, hat
sich veranlaßt gefunden, in dem nächsten gräflich hanauischen Dorfe eine Be¬
sitzung zu erwerben, um an reformirten Gottesdienste, der in Frankfurt
untersagt war, allsonntäglich gemächlich Theil nehmen zu können. In der
That datirt die den Reformirten in Frankfurt gestattete Ausübung ihres
Kirchenbrauches erst aus dem November 1787, sieben Wochen nach der Ge¬
burt unseres Kunstschriftstellers, dessen Interesse für die Vergangenheit der
Familie diesen Rückblick nicht am wenigsten ermöglicht hat.
Immerhin blieben auch nach dieser erlangten Toleranz noch Beschränkun¬
gen, und Bande gemeinsamen ehrenhaften Ertragens hielten, wenn auch min¬
der scharf als früher, die Gemeindegenosfen aus der Fremde zusammen. NoH
war unvergessen, daß bei der Krönung Kaiser Joseph des ersten die be¬
sondere Gnade und Aufmerksamkeit des neuen Monarchen dazu gehört hatte
(I, 34), das damalige Haupt der Familie Passavant trotz seines Reichthumes
aus der Stellung eines an der Thüre des Kaisersaales Wache stehenden Ge¬
meinen der Bürgermiliz zum Offizier zu ernennen; denn fortwährend waren
die Reformirten von den höheren Aemtern ausgeschlossen. Und andererseits
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