Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.Cap. XVII. durch T--k in Zarncke's Centralblatt, 1868, Ur. 6, S. 134); ganz be¬ Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Gckardt. Verlag von F. L. Hervig. -- Druck von Hüthel H Segler in Leipzig. Cap. XVII. durch T—k in Zarncke's Centralblatt, 1868, Ur. 6, S. 134); ganz be¬ Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Gckardt. Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel H Segler in Leipzig. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0092" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287364"/> <p xml:id="ID_217" prev="#ID_216"> Cap. XVII. durch T—k in Zarncke's Centralblatt, 1868, Ur. 6, S. 134); ganz be¬<lb/> sonders interessant aber ist der Abschnitt, in welchem eine neue Auffassung von der<lb/> aristotelischen Lehre über das ^xos, die Länge von Tragödie und Epos, nieder¬<lb/> gelegt ist. Teichmüller wendet sich nämlich gegen die Ansicht, daß Aristoteles in der<lb/> Poetik 5, 8 unter Melos die Zeit der erdichteten Handlung verstehe, und daß er<lb/> also die Vorschrift gebe, die Handlung einer Tragödie müsse die Einheit der Zeit<lb/> festhalten und dürfe nicht das Maß eines Tages überschreiten, wie denn allerdings<lb/> die meisten antiken Tragödien innerhalb des Zeitraums eines Tages zu spielen<lb/> scheinen und die französischen Dramatiker hierauf einen wesentlichen Punkt ihrer<lb/> dramatischen Theorie gegründet haben. Teichmüller hingegen stellt die Ansicht auf,<lb/> daß „^xos" hier den äußeren Umfang eines Dichterwerkes, also die Zeit be¬<lb/> zeichne, welche seine Aufführung oder Vorlesung beanspruche, wornach also die Vor¬<lb/> schrift besagen würde, daß eine Tragödie nur so lang sein dürfe, daß sie innerhalb<lb/> eines Tages aufgeführt werden könne. Der mit diesen Fragen Vertraute wird er¬<lb/> kennen, wie wichtig und eingreifend diese neue Auffassung ist und daß sie auch für<lb/> die Frage nach der Tetralogie, die Art der Aufführung und Vertheilung wett-<lb/> kämpsender Tragödien auf die drei Tage der dramatischen Frstspiele Bedeutung<lb/> gewinnt, und der Verfasser hat sich auch die nothwendigen Konsequenzen, welche<lb/> sich aus seiner Erklärung für jene Fragen ergeben, nicht entgehen lassen (vgl. S. 384 ff.).<lb/> Die neue Ansicht hat außerordentlich viel Wahrscheinliches, und mehrere früher un¬<lb/> gelöste Schwierigkeiten beseitigt sie auf das glücklichste. Wer aber wie. Referent<lb/> sich nicht zu der Schöll'schen Hypothese von durchgängiger trilogischer oder tetra¬<lb/> logischer Komposition der griechischen Tragödie bekennt, sondern die Anschauung<lb/> festhält, daß z. B. Sophokles in späterer Zeit zwar ebenfalls drei, aber durch¬<lb/> aus selbständig nebeneinander stehende Tragödien zusammen aufführte, der wird<lb/> darin noch ein gewichtiges Bedenken gegen die Hypothese des Verfassers finden.<lb/> Denn wenn die Worte des Aristoteles in ihrer neuen Deutung sehr wohl auf eine<lb/> Tragödie oder auf eine vollkommene Trilogie passen, so sind sie weit schwerer auf je drei<lb/> Tragödien zu beziehen, deren hauptsächliche Verknüpfung nur darin zuliegen scheint,<lb/> daß sie von einem Dichter geschrieben und an einem Tage aufgeführt wurden. —<lb/> Wenn Aristoteles a. a. O. zum Schlüsse sagt, daß diese Differenz zwischen Epos<lb/> und Tragödie nicht bestanden habe, so erklärt dies der Verfasser S. 180 in einer<lb/> Weise, mit der Res. nicht einverstanden ist. Tragödien, in denen die Dichter ihren<lb/> Stoff mehrere Tage hintereinander rhapsodisch fortspinnen wie die homerischen Rhapso¬<lb/> dien — dies streitet ebenso sehr gegen, das Wesen des griechischen Dramas, wie<lb/> gegen das, was wir von seiner historischen Entwickelung kennen. Weit eher möchte<lb/> man geneigt sein, dem ältesten Epos eine ähnliche zeitliche Beschränkung zuzu¬<lb/> schreiben, wie sie der Tragödie von Anfang an innewohnt. — Dem folgenden<lb/> Bande, welcher unter Anderem auch das vielbehandelte Problem von der Katharsis<lb/> enthalten wird, sehen wir mit Verlangen entgegen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Gckardt.<lb/> Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel H Segler in Leipzig.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0092]
Cap. XVII. durch T—k in Zarncke's Centralblatt, 1868, Ur. 6, S. 134); ganz be¬
sonders interessant aber ist der Abschnitt, in welchem eine neue Auffassung von der
aristotelischen Lehre über das ^xos, die Länge von Tragödie und Epos, nieder¬
gelegt ist. Teichmüller wendet sich nämlich gegen die Ansicht, daß Aristoteles in der
Poetik 5, 8 unter Melos die Zeit der erdichteten Handlung verstehe, und daß er
also die Vorschrift gebe, die Handlung einer Tragödie müsse die Einheit der Zeit
festhalten und dürfe nicht das Maß eines Tages überschreiten, wie denn allerdings
die meisten antiken Tragödien innerhalb des Zeitraums eines Tages zu spielen
scheinen und die französischen Dramatiker hierauf einen wesentlichen Punkt ihrer
dramatischen Theorie gegründet haben. Teichmüller hingegen stellt die Ansicht auf,
daß „^xos" hier den äußeren Umfang eines Dichterwerkes, also die Zeit be¬
zeichne, welche seine Aufführung oder Vorlesung beanspruche, wornach also die Vor¬
schrift besagen würde, daß eine Tragödie nur so lang sein dürfe, daß sie innerhalb
eines Tages aufgeführt werden könne. Der mit diesen Fragen Vertraute wird er¬
kennen, wie wichtig und eingreifend diese neue Auffassung ist und daß sie auch für
die Frage nach der Tetralogie, die Art der Aufführung und Vertheilung wett-
kämpsender Tragödien auf die drei Tage der dramatischen Frstspiele Bedeutung
gewinnt, und der Verfasser hat sich auch die nothwendigen Konsequenzen, welche
sich aus seiner Erklärung für jene Fragen ergeben, nicht entgehen lassen (vgl. S. 384 ff.).
Die neue Ansicht hat außerordentlich viel Wahrscheinliches, und mehrere früher un¬
gelöste Schwierigkeiten beseitigt sie auf das glücklichste. Wer aber wie. Referent
sich nicht zu der Schöll'schen Hypothese von durchgängiger trilogischer oder tetra¬
logischer Komposition der griechischen Tragödie bekennt, sondern die Anschauung
festhält, daß z. B. Sophokles in späterer Zeit zwar ebenfalls drei, aber durch¬
aus selbständig nebeneinander stehende Tragödien zusammen aufführte, der wird
darin noch ein gewichtiges Bedenken gegen die Hypothese des Verfassers finden.
Denn wenn die Worte des Aristoteles in ihrer neuen Deutung sehr wohl auf eine
Tragödie oder auf eine vollkommene Trilogie passen, so sind sie weit schwerer auf je drei
Tragödien zu beziehen, deren hauptsächliche Verknüpfung nur darin zuliegen scheint,
daß sie von einem Dichter geschrieben und an einem Tage aufgeführt wurden. —
Wenn Aristoteles a. a. O. zum Schlüsse sagt, daß diese Differenz zwischen Epos
und Tragödie nicht bestanden habe, so erklärt dies der Verfasser S. 180 in einer
Weise, mit der Res. nicht einverstanden ist. Tragödien, in denen die Dichter ihren
Stoff mehrere Tage hintereinander rhapsodisch fortspinnen wie die homerischen Rhapso¬
dien — dies streitet ebenso sehr gegen, das Wesen des griechischen Dramas, wie
gegen das, was wir von seiner historischen Entwickelung kennen. Weit eher möchte
man geneigt sein, dem ältesten Epos eine ähnliche zeitliche Beschränkung zuzu¬
schreiben, wie sie der Tragödie von Anfang an innewohnt. — Dem folgenden
Bande, welcher unter Anderem auch das vielbehandelte Problem von der Katharsis
enthalten wird, sehen wir mit Verlangen entgegen.
Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Gckardt.
Verlag von F. L. Hervig. — Druck von Hüthel H Segler in Leipzig.
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