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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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hinzieht, halbverdeckt von dem Mastengewirr der Schiffe, während oben über
die Häuser des Höhenrandes die Baumwipfel der Palmaille herüberschauen,
jener schönen doppelten Lindenallee, die sich schnurgerade in der langen
Hauptstraße Altonas hinzieht und ihren Namen wohl wie die holländischen
Maliebanen vom Ringstechen erhalten hat.

Das große Centrum des Elbhandels und der Verbindung mit Amerika,
Hamburg mit Altona und Harburg, liegt vor einem Angriffe durch feindliche
Flotten schon an sich ziemlich gesichert. Gegen leichte Kriegsfahrzeuge würden
in der Elbe stationirte Kanonenboote, die hier nicht Schlingern, genügend
schützen. schweren Kriegsschiffen verbietet die geringe Wassertiefe der Ebbezeit
das Herauskommen; auch während der Fluth dürfen sie es kaum wagen, aus
Furcht während der Ebbe abgeschnitten zu werden. Konnte doch der ameri¬
kanische Doppelthurmmonitor " Miantonomoh", obwohl er nur Is Fuß 10
Zoll Tiefgang hat und gerade Hamburg imponiren sollte, nicht einmal nach
Altona, geschweige denn nach Hamburg hinauskommen: er mußte bei.Neu¬
mühlen unterhalb Altona vor Anker gehen. Außerdem würde die hohe Lage
von Altona und dem neuen Theil Hamburgs den Monitors und selbst an¬
dern Kriegsschiffen nicht gestatten, mit ihren Geschützen beträchtlichen Schaden
zu thun, selbst wenn sie heraus kommen könnten. Schwere Kriegsschiffe
könnten höchstens bis Neumühlen, Panzerfregatten nicht einmal bis dahin
hinaufdampfen. Neumühlen liegt, wie wir von unserm Dampfer, der sich
stromab bewegt, deutlich sehen können, nahe jener Ecke, wo der Altona tra¬
gende Höhenzug scharf vom Wasser zurücktritt und flachen grünen Wiesen
das rechte Ufer überläßt, Schon beginnen die geankerten Schiffe seltener zu
werden, während wir in raschem Laufe zahlreiche ausgehende Schiffe über¬
holen -- links aber dehnt sich wie vorher flaches grünes Wiesenufer, der
Werber, dahin. Bald sehen wir, daß die Elbhöhen nur auf eine kurze
Strecke vom Flußlauf zurückgetreten sind; die Hügel von Blankenese mit ihren
Weißen Villen im Grün der Bäume erheben sich rechts wieder höher dicht
am Flusse. Nur das linke Ufer dehnt sich in flacher Einförmigkeit unab¬
sehbar grün dahin. Weiter führt uns der Dampfer, dem der weiße Gischt
am Buge emporspritzt: wir haben Stade oder vielmehr die auf dem linken
Ufer hart am Wasser liegenden Schanzen von Brunshausen erreicht. Hinter
niedrigen grünen Wällen schauen kleine rothe Jnspectionshäuser hervor.
Sie dienten früher, von der wehenden hannoverschen Flagge überragt, zur
Sicherung des Staber oder brunshäuser Elbzolls, und noch jetzt löschen hier
gewöhnlich die stromauf segelnden großen Klipper einen Theil ihrer Ladung
Mr Erleichterung der Fahrt -- auch transatlantische Dampfer steht man
aus gleichem Grunde öfters hier liegen. Es wird zweckmäßig sein diese
Schanzen, obwohl sie nicht gerade hohen fortificatorischen Werth beanspruchen


hinzieht, halbverdeckt von dem Mastengewirr der Schiffe, während oben über
die Häuser des Höhenrandes die Baumwipfel der Palmaille herüberschauen,
jener schönen doppelten Lindenallee, die sich schnurgerade in der langen
Hauptstraße Altonas hinzieht und ihren Namen wohl wie die holländischen
Maliebanen vom Ringstechen erhalten hat.

Das große Centrum des Elbhandels und der Verbindung mit Amerika,
Hamburg mit Altona und Harburg, liegt vor einem Angriffe durch feindliche
Flotten schon an sich ziemlich gesichert. Gegen leichte Kriegsfahrzeuge würden
in der Elbe stationirte Kanonenboote, die hier nicht Schlingern, genügend
schützen. schweren Kriegsschiffen verbietet die geringe Wassertiefe der Ebbezeit
das Herauskommen; auch während der Fluth dürfen sie es kaum wagen, aus
Furcht während der Ebbe abgeschnitten zu werden. Konnte doch der ameri¬
kanische Doppelthurmmonitor „ Miantonomoh", obwohl er nur Is Fuß 10
Zoll Tiefgang hat und gerade Hamburg imponiren sollte, nicht einmal nach
Altona, geschweige denn nach Hamburg hinauskommen: er mußte bei.Neu¬
mühlen unterhalb Altona vor Anker gehen. Außerdem würde die hohe Lage
von Altona und dem neuen Theil Hamburgs den Monitors und selbst an¬
dern Kriegsschiffen nicht gestatten, mit ihren Geschützen beträchtlichen Schaden
zu thun, selbst wenn sie heraus kommen könnten. Schwere Kriegsschiffe
könnten höchstens bis Neumühlen, Panzerfregatten nicht einmal bis dahin
hinaufdampfen. Neumühlen liegt, wie wir von unserm Dampfer, der sich
stromab bewegt, deutlich sehen können, nahe jener Ecke, wo der Altona tra¬
gende Höhenzug scharf vom Wasser zurücktritt und flachen grünen Wiesen
das rechte Ufer überläßt, Schon beginnen die geankerten Schiffe seltener zu
werden, während wir in raschem Laufe zahlreiche ausgehende Schiffe über¬
holen — links aber dehnt sich wie vorher flaches grünes Wiesenufer, der
Werber, dahin. Bald sehen wir, daß die Elbhöhen nur auf eine kurze
Strecke vom Flußlauf zurückgetreten sind; die Hügel von Blankenese mit ihren
Weißen Villen im Grün der Bäume erheben sich rechts wieder höher dicht
am Flusse. Nur das linke Ufer dehnt sich in flacher Einförmigkeit unab¬
sehbar grün dahin. Weiter führt uns der Dampfer, dem der weiße Gischt
am Buge emporspritzt: wir haben Stade oder vielmehr die auf dem linken
Ufer hart am Wasser liegenden Schanzen von Brunshausen erreicht. Hinter
niedrigen grünen Wällen schauen kleine rothe Jnspectionshäuser hervor.
Sie dienten früher, von der wehenden hannoverschen Flagge überragt, zur
Sicherung des Staber oder brunshäuser Elbzolls, und noch jetzt löschen hier
gewöhnlich die stromauf segelnden großen Klipper einen Theil ihrer Ladung
Mr Erleichterung der Fahrt — auch transatlantische Dampfer steht man
aus gleichem Grunde öfters hier liegen. Es wird zweckmäßig sein diese
Schanzen, obwohl sie nicht gerade hohen fortificatorischen Werth beanspruchen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/493>, abgerufen am 06.02.2025.