Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.schen Unterstützens der rumänischen BewegungM größer, als den eventuellen Ueber die Verhandlungen mit der Curie können wir uns kurz fassen; schen Unterstützens der rumänischen BewegungM größer, als den eventuellen Ueber die Verhandlungen mit der Curie können wir uns kurz fassen; <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0453" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287725"/> <p xml:id="ID_1133" prev="#ID_1132"> schen Unterstützens der rumänischen BewegungM größer, als den eventuellen<lb/> Nutzen, welchen Preußen von den Waffen Rumäniens zu hoffen hat. Was<lb/> den Reichskanzler betrifft, so wird man nicht leugnen können, daß die von<lb/> ihm veröffentlichten compromittirenden Actenstücke wesentlich dazu beigetragen<lb/> haben des Ministerium Bratiano unmöglich zu machen und damit eine Ge¬<lb/> fahr des Friedens zu beseitigen. Im Sinne des Friedens, dessen Oestreich<lb/> so sehr bedarf, sind auch gewiß seine Rathschläge an die Pforte für die Be¬<lb/> handlung der inneren Fragen gemeint; aber wir bezweifeln, daß dieselben<lb/> im wirklichen Interesse Oestreichs sind, wenn man sich nicht an den Augen¬<lb/> blick hält. Graf Reuse faßt nämlich als Lösung der orientalischen Frage<lb/> die Erfüllung der Aufgabe „die nationalen Bestrebungen und Interessen ihrer<lb/> Provinzen in innigen Verband mit den oberherrlicher Rechten der Pforte<lb/> zu bringen" (Rothbuch S. 4 Al. 3.) d. h. also den nationalen Bestrebungen<lb/> die größtmöglichen Concessionen zu machen. Daß dies bei Serbien geboten<lb/> War ist nicht in Abrede zu stellen, weil dort die Oberherrlichkeit der Pforte<lb/> schon längst nur nominell war und durch die Besatzung in Belgrad nicht<lb/> stärker wurde; aber dies als Princip der Pforte empfehlen scheint uns mehr<lb/> im russischen als östreichischen Interesse, denn die consequente Anwendung<lb/> des Grundsatzes würde unfehlbar zur Auflösung der Türkei führen. Serbien<lb/> ist so gut wie unabhängig geworden, weil es eine compacte Nationalität<lb/> bildet; dies ist aber von keinem der Stämme in den andern Provinzen zu<lb/> sagen, welche sich vielmehr unter einander weit mehr als die Türken hassen:<lb/> Wollte die Pforte ihren nationalen Bestrebungen Raum geben, so würden<lb/> sie sich nur unter einander bekriegen und es würde daraus einfach jene<lb/> Anarchie entstehen, auf welche Rußland hinarbeitet, seit ihm durch den<lb/> Pariser Frieden directe Angriffe unmöglich geworden sind. Hätte die Pforte<lb/> nach diesem Grundsatz gehandelt, so hätte sie Candia an Griechenland ab¬<lb/> treten müssen. Ganz in ihrem eigenen Interesse ist es dagegen, wenn Oest¬<lb/> reich mit andern Mächten auf energischeres Vorgehen in den inneren Refor¬<lb/> men dringt; hierin allein liegt noch eine Zukunft für die Türkei oder wenig¬<lb/> stens doch die Aussicht, daß sich die Rajah allmälig so cultiviren um für die<lb/> Selbständigkeit reif zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1134" next="#ID_1135"> Ueber die Verhandlungen mit der Curie können wir uns kurz fassen;<lb/> in ihr stehen die Sympathien der ganzen nichtultramontanen Welt aus<lb/> Oestreichs Seite und allgemein läßt man dem Grafen Beust Gerechtigkeit wider-<lb/> fahren für die Festigkeit und Geschicklichkeit, mit der er diese Frage durch¬<lb/> geführt. Das Concordat, zugleich Gesetz und auswärtiger unkündbarer Ver¬<lb/> mag, war ein Cirkel aus dem ohne einen Sprung nicht herauszukommen<lb/> war; da man sich in Wien selbstverständlich hinter das non xossumus ver¬<lb/> schanzte, mußte man von Seiten des Staates einseitig vorgehen. Man setzte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0453]
schen Unterstützens der rumänischen BewegungM größer, als den eventuellen
Nutzen, welchen Preußen von den Waffen Rumäniens zu hoffen hat. Was
den Reichskanzler betrifft, so wird man nicht leugnen können, daß die von
ihm veröffentlichten compromittirenden Actenstücke wesentlich dazu beigetragen
haben des Ministerium Bratiano unmöglich zu machen und damit eine Ge¬
fahr des Friedens zu beseitigen. Im Sinne des Friedens, dessen Oestreich
so sehr bedarf, sind auch gewiß seine Rathschläge an die Pforte für die Be¬
handlung der inneren Fragen gemeint; aber wir bezweifeln, daß dieselben
im wirklichen Interesse Oestreichs sind, wenn man sich nicht an den Augen¬
blick hält. Graf Reuse faßt nämlich als Lösung der orientalischen Frage
die Erfüllung der Aufgabe „die nationalen Bestrebungen und Interessen ihrer
Provinzen in innigen Verband mit den oberherrlicher Rechten der Pforte
zu bringen" (Rothbuch S. 4 Al. 3.) d. h. also den nationalen Bestrebungen
die größtmöglichen Concessionen zu machen. Daß dies bei Serbien geboten
War ist nicht in Abrede zu stellen, weil dort die Oberherrlichkeit der Pforte
schon längst nur nominell war und durch die Besatzung in Belgrad nicht
stärker wurde; aber dies als Princip der Pforte empfehlen scheint uns mehr
im russischen als östreichischen Interesse, denn die consequente Anwendung
des Grundsatzes würde unfehlbar zur Auflösung der Türkei führen. Serbien
ist so gut wie unabhängig geworden, weil es eine compacte Nationalität
bildet; dies ist aber von keinem der Stämme in den andern Provinzen zu
sagen, welche sich vielmehr unter einander weit mehr als die Türken hassen:
Wollte die Pforte ihren nationalen Bestrebungen Raum geben, so würden
sie sich nur unter einander bekriegen und es würde daraus einfach jene
Anarchie entstehen, auf welche Rußland hinarbeitet, seit ihm durch den
Pariser Frieden directe Angriffe unmöglich geworden sind. Hätte die Pforte
nach diesem Grundsatz gehandelt, so hätte sie Candia an Griechenland ab¬
treten müssen. Ganz in ihrem eigenen Interesse ist es dagegen, wenn Oest¬
reich mit andern Mächten auf energischeres Vorgehen in den inneren Refor¬
men dringt; hierin allein liegt noch eine Zukunft für die Türkei oder wenig¬
stens doch die Aussicht, daß sich die Rajah allmälig so cultiviren um für die
Selbständigkeit reif zu werden.
Ueber die Verhandlungen mit der Curie können wir uns kurz fassen;
in ihr stehen die Sympathien der ganzen nichtultramontanen Welt aus
Oestreichs Seite und allgemein läßt man dem Grafen Beust Gerechtigkeit wider-
fahren für die Festigkeit und Geschicklichkeit, mit der er diese Frage durch¬
geführt. Das Concordat, zugleich Gesetz und auswärtiger unkündbarer Ver¬
mag, war ein Cirkel aus dem ohne einen Sprung nicht herauszukommen
war; da man sich in Wien selbstverständlich hinter das non xossumus ver¬
schanzte, mußte man von Seiten des Staates einseitig vorgehen. Man setzte
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