Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.Veranlassung gab Gefühle auszudrücken, welche mit denen sämmtlicher Parteien Aber es ist schwer zu sagen was die Linke damit eigentlich erreichen will. Das Ministerium sieht daß irgend ein Schritt in der römischen Frage Veranlassung gab Gefühle auszudrücken, welche mit denen sämmtlicher Parteien Aber es ist schwer zu sagen was die Linke damit eigentlich erreichen will. Das Ministerium sieht daß irgend ein Schritt in der römischen Frage <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0434" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287706"/> <p xml:id="ID_1081" prev="#ID_1080"> Veranlassung gab Gefühle auszudrücken, welche mit denen sämmtlicher Parteien<lb/> übereinstimmten. Doch wurde der Beschluß, der einer Vertrauenserklärung<lb/> für Menabrea gleichkommt, nur mit kleiner Mehrheit gefaßt. Jedenfalls ist<lb/> die stürmische Sitzung vom 23. nur das Vorspiel zu einem ernsteren<lb/> Gange.</p><lb/> <p xml:id="ID_1082"> Aber es ist schwer zu sagen was die Linke damit eigentlich erreichen will.<lb/> Zu der Taktik der extremen Parteien, die in Italien nicht schlechter und nicht<lb/> besser sind als überall, gehört es, dieses Ministerium als einen Ausbund von<lb/> reactionärer Gesinnung, als ein gehorsames, sclavisches Werkzeug der französischen<lb/> Politik darzustellen. Der Ruf: adg,s80 it miuistsro! darf überhaupt niemals<lb/> fehlen, gleichviel wer die wenig beneidenswerthen und doch vielbegehrten Sitze<lb/> inne hat. In Wirklichkeit ist das Ministerium Menabrea, obwohl es eine eonser-<lb/> vativere Färbung hat als seine Vorgänger, so correct verfassungsmäßig gewesen<lb/> als diese und es hat sich auch in der römischen Frage, obwohl nach Mendana<lb/> ins Amt getreten, immer zu denselben Grundsätzen bekannt, wie Cavour<lb/> und dessen sämmtliche Nachfolger. Auch seine Meinung ist, daß die Einheit<lb/> Italiens erst auf dem Capitol vollendet sein wird, daß aber nur moralische<lb/> Mittel zu diesem Ziele fuhren und daß es nur im Einverständniß mit Frank¬<lb/> reich erlangt werden könne. Erst unlängst hielt der Minister Broglio vor<lb/> seinen Wählern in Bassano eine Rede, worin er ganz unumwunden den<lb/> Besitz Roms als Ziel der italienischen Politik hinstellte. Der hartnäckige<lb/> Widerstand L. Napoleon's und die thatsächliche Abhängigkeit von dessen Willen<lb/> wird von dem Ministerium ohne Zweifel noch viel lebhafter empfunden, als<lb/> von den Ungeduldigen, die ihm vorwerfen nach der Pfeife der Tuilerien zu<lb/> tanzen. Die Zeiten der herzlichen Allianz sind längst vorbei; was von ihr<lb/> übrig, ist wenig mehr als verhaltener Haß und wenn die „Consorterie"<lb/> dennoch an dem Bündniß mit Frankreich festhält, während die Linke offen<lb/> ihre Sympathien für Preußen ausspricht, so geschieht jenes nicht, weil man<lb/> auf der conservativen Seite Sympathien für Frankreich hätte — diese sind<lb/> jetzt dünn gesät in Italien — sondern einfach weil Frankreich thatsächlich<lb/> die Gewalt in der römischen Frage besitzt, weil ein Bruch Italiens mit<lb/> Frankreich unter den jetzigen Umständen unmöglich ist und, wenn versucht,<lb/> jedenfalls nur dazu dienen würde, die französische Herrschaft die im Mittel¬<lb/> punkt Italiens aufgerichtet ist zu befestigen. Man weiß daß es an Sym¬<lb/> pathien für die preußische Allianz auch den Staatsmännern der Consorterie<lb/> nicht fehlt, wenn ihnen auch eine darauf gebaute Politik — ohne Zweifel<lb/> mit Recht — für jetzt nicht praktisch erscheint. ^.</p><lb/> <p xml:id="ID_1083" next="#ID_1084"> Das Ministerium sieht daß irgend ein Schritt in der römischen Frage<lb/> geschehen muß, aber es muß gleichzeitig die Unmöglichkeit bekennen diesen<lb/> Schritt von den Tuilerien zu erzwingen. Das ist eine schwierige, unleidliche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0434]
Veranlassung gab Gefühle auszudrücken, welche mit denen sämmtlicher Parteien
übereinstimmten. Doch wurde der Beschluß, der einer Vertrauenserklärung
für Menabrea gleichkommt, nur mit kleiner Mehrheit gefaßt. Jedenfalls ist
die stürmische Sitzung vom 23. nur das Vorspiel zu einem ernsteren
Gange.
Aber es ist schwer zu sagen was die Linke damit eigentlich erreichen will.
Zu der Taktik der extremen Parteien, die in Italien nicht schlechter und nicht
besser sind als überall, gehört es, dieses Ministerium als einen Ausbund von
reactionärer Gesinnung, als ein gehorsames, sclavisches Werkzeug der französischen
Politik darzustellen. Der Ruf: adg,s80 it miuistsro! darf überhaupt niemals
fehlen, gleichviel wer die wenig beneidenswerthen und doch vielbegehrten Sitze
inne hat. In Wirklichkeit ist das Ministerium Menabrea, obwohl es eine eonser-
vativere Färbung hat als seine Vorgänger, so correct verfassungsmäßig gewesen
als diese und es hat sich auch in der römischen Frage, obwohl nach Mendana
ins Amt getreten, immer zu denselben Grundsätzen bekannt, wie Cavour
und dessen sämmtliche Nachfolger. Auch seine Meinung ist, daß die Einheit
Italiens erst auf dem Capitol vollendet sein wird, daß aber nur moralische
Mittel zu diesem Ziele fuhren und daß es nur im Einverständniß mit Frank¬
reich erlangt werden könne. Erst unlängst hielt der Minister Broglio vor
seinen Wählern in Bassano eine Rede, worin er ganz unumwunden den
Besitz Roms als Ziel der italienischen Politik hinstellte. Der hartnäckige
Widerstand L. Napoleon's und die thatsächliche Abhängigkeit von dessen Willen
wird von dem Ministerium ohne Zweifel noch viel lebhafter empfunden, als
von den Ungeduldigen, die ihm vorwerfen nach der Pfeife der Tuilerien zu
tanzen. Die Zeiten der herzlichen Allianz sind längst vorbei; was von ihr
übrig, ist wenig mehr als verhaltener Haß und wenn die „Consorterie"
dennoch an dem Bündniß mit Frankreich festhält, während die Linke offen
ihre Sympathien für Preußen ausspricht, so geschieht jenes nicht, weil man
auf der conservativen Seite Sympathien für Frankreich hätte — diese sind
jetzt dünn gesät in Italien — sondern einfach weil Frankreich thatsächlich
die Gewalt in der römischen Frage besitzt, weil ein Bruch Italiens mit
Frankreich unter den jetzigen Umständen unmöglich ist und, wenn versucht,
jedenfalls nur dazu dienen würde, die französische Herrschaft die im Mittel¬
punkt Italiens aufgerichtet ist zu befestigen. Man weiß daß es an Sym¬
pathien für die preußische Allianz auch den Staatsmännern der Consorterie
nicht fehlt, wenn ihnen auch eine darauf gebaute Politik — ohne Zweifel
mit Recht — für jetzt nicht praktisch erscheint. ^.
Das Ministerium sieht daß irgend ein Schritt in der römischen Frage
geschehen muß, aber es muß gleichzeitig die Unmöglichkeit bekennen diesen
Schritt von den Tuilerien zu erzwingen. Das ist eine schwierige, unleidliche
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