Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.Ca Buch über Minister und MinistervcranwortlichKeit. "Das Princip der Ministerverantwortlichkeit in der constitutionellen Monarchie." Die Zeiten der politischen Scholastik sind für uns Deutsche noch lange Grenzboten. IV. 1868. , 46
Ca Buch über Minister und MinistervcranwortlichKeit. „Das Princip der Ministerverantwortlichkeit in der constitutionellen Monarchie." Die Zeiten der politischen Scholastik sind für uns Deutsche noch lange Grenzboten. IV. 1868. , 46
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Ca Buch über Minister und MinistervcranwortlichKeit.
„Das Princip der Ministerverantwortlichkeit in der constitutionellen Monarchie."
Eine staatsrechtliche Abhandlung von Dr. Adolf Samuely. Berlin 1869.
Die Zeiten der politischen Scholastik sind für uns Deutsche noch lange
nicht vorüber. Einige von uns hat zwar das Stück Geschichte seit dem
Frühjahr 1866 heraus- und fortgerissen aus den politischen Formeln und
Antithesen zur Werktagsarbeit praktischer Staatsmänner. Andere sind rück-
haltslos in den Dienst der wirthschaftlichen Interessen hinübergetreten, und
Andere sind durch den realistischen Zug ihres Naturells der Doctrin ent¬
fremdet. Aber die Mehrzahl unserer Gebildeten unter den Auspicien der
Juristen ist doch mit ihren Neigungen des Kopfs wie des Herzens, sei es
dem Dogma, sei es doch der Methode jener politischen Wissenschaft treu ge¬
blieben, deren Gebäude in den öden Jahrzehnten zwischen den Freiheits¬
kriegen und der deutschen Revolution von einer Reihe unserer besten Männer
und tüchtigsten Gelehrten zum Trost und Nutzen der Zeitgenossen aufgeführt
wurde. Der deutsche Liberalismus kann die klangvollen Namen eines Dahl-
mann, Mohl, Rotteck, Zachariae u. A. nicht leicht vergessen, die ernste Gra¬
vität ihrer Gedanken, die keusche Reinheit ihrer idealen Anschauungen auch
nicht leicht entbehren. Und noch mehr hängen unsere Gewohnheiten in
Sprache, Ausdrucksweise, Gedankenrichtung an jener Schule strenger Syste¬
matiker, denen das formale Staatsrecht, die sogenannte constitutive Politik
als das Fundament alles politischen Wissens galt. Von ihnen her haftet
an den Worten „Verfassung", „Volksvertretung", „constitutionelle Mon¬
archie", „Ministerverantwortlichkeit" noch immer der Zauber, als seien sie
nicht, was sie doch in der That nur sind, willkürliche Bezeichnungen rein
formellen Charakters für irgend welche höchst unbestimmte Postulate, sondern
Axiome von absolutesten Werth, lebendigstem Inhalt, untrüglichsten Heil,
auf deren richtige Durchführung Alles ankommt. Die zünftige Gelehrsamkeit
der deutschen Universitäten und ihrer Docenten des Staatsrechts thut dann
das Uebrige, um immer neuen Wein in die Mer Schläuche zu gießen und
Grenzboten. IV. 1868. , 46
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