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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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taten desselben die gebührende Anerkennung gezollt und mit der Versicherung geschlossen,
Herr v. Bismarck werde trotz der Elasticität seines Geistes stets die Quelle der Ver¬
legenheiten Derer sein, welche in ihm etwas Anderes sehen, als den Aristokraten,
der sich des Fortschritts nicht aus Liebe zur Freiheit, sondern aus politischem Jn-
stinct bedient. Auf diese Weise hat der Verfasser die Sache der nationalen Politik
in das für die Franzosen richtige Licht gestellt und doch zugleich die orthodoxe Rein¬
heit seines demokratischen Katechismus gewahrt.

Wir werden uns hüten, mit dem Verfasser über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit
eines Urtheils zu streiten, welches in letzter Instanz nur von der Nachwelt, nicht von
der Mitwelt gesprochen werden kann. Gerade darum müssen wir gestehen, trotz aller
Anerkennung des patriotischen Eifers, mit dem der Verfasser darauf ausgegangen
ist, die französischen Vorurtheile zu beseitigen -- nicht verstehen zu können, warum
er in eine deutsche Uebersetzung seiner Schrift gewilligt hat. Bücher dieser Art haben
in Deutschland keine rechte Statt und stehen der deutschen Art und Weise um so
ferner, je glücklicher sie für die Franzosen den richtigen Ton treffen. Anhänger der
nationalen Sache und näher stehende Zeugen des preußischen Verfassungsconflictes
werden mit den Anschauungen und den etwas absolut gehaltenen Urtheilen des Ver¬
fassers schwerlich übereinstimmen, unsere Gegner diese Art der Apologie nicht gelten
lassen, aus ihr am Ende gar Capital schlagen. Wir sind gespannt, die bezüglichen
Urtheile der östreichischen und kleinstaatlichen Presse zu hören und werden uns freuen,
wenn wir die Wirkungen, welche die vorliegende Schrift auf diese üben wird, falsch
angeschlagen haben.




Schiller's sämmtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. 3. Theil: Fiesko.
Cabale und Liebe, Rheinische Thalia. Herausgegeben von Vollmer. 4. Theil:
Arbeiten der Leipzig-Dresdner Zeit.

Wir haben beim Erscheinen der beiden ersten Bände dieser historisch-kritischen
Schiller-Ausgabe Gelegenheit gehabt, unsere Stellung zu der philologischen Manier
dieser Herausgabe ebenso zu bezeichnen, wie unsere Meinung über die Veröffentlichung
sämmtlicher, auch der von dem Dichter selbst verurtheilten Jugendarbeiten zu sagen.
Was die Art und Weise der Textherstellung und der Registrirung sämmtlicher ver¬
schiedener Lesarten anlangt, haben wir über die beiden neu erschienenen Bände Nichts
nachzutragen. Anders steht es mit den neuen Publicationen, welche aus der Zeit
der Mannheimer und der Dresden-Leipziger Periode Schillers herrühren und
deren Herausgabe schon darum unter einen andern Gesichtspunkt fällt, als das
Hervorsuchen von Jugendverirrungen, welche unserer Meinung nach besser der Ver¬
gessenheit verfallen wären. Als solche Herausgaben von wirklichem Interesse sind
"Das Lied". "Die Gedichte an Körner", die Aufsätze über Philipp II. (nach
Mercier) und die "Verschwörung des Marquis Bodemar gegen die venetianische Re¬
publik" besonders zu nennen.




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von Hiithel K Segler in Leipzig.

taten desselben die gebührende Anerkennung gezollt und mit der Versicherung geschlossen,
Herr v. Bismarck werde trotz der Elasticität seines Geistes stets die Quelle der Ver¬
legenheiten Derer sein, welche in ihm etwas Anderes sehen, als den Aristokraten,
der sich des Fortschritts nicht aus Liebe zur Freiheit, sondern aus politischem Jn-
stinct bedient. Auf diese Weise hat der Verfasser die Sache der nationalen Politik
in das für die Franzosen richtige Licht gestellt und doch zugleich die orthodoxe Rein¬
heit seines demokratischen Katechismus gewahrt.

Wir werden uns hüten, mit dem Verfasser über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit
eines Urtheils zu streiten, welches in letzter Instanz nur von der Nachwelt, nicht von
der Mitwelt gesprochen werden kann. Gerade darum müssen wir gestehen, trotz aller
Anerkennung des patriotischen Eifers, mit dem der Verfasser darauf ausgegangen
ist, die französischen Vorurtheile zu beseitigen — nicht verstehen zu können, warum
er in eine deutsche Uebersetzung seiner Schrift gewilligt hat. Bücher dieser Art haben
in Deutschland keine rechte Statt und stehen der deutschen Art und Weise um so
ferner, je glücklicher sie für die Franzosen den richtigen Ton treffen. Anhänger der
nationalen Sache und näher stehende Zeugen des preußischen Verfassungsconflictes
werden mit den Anschauungen und den etwas absolut gehaltenen Urtheilen des Ver¬
fassers schwerlich übereinstimmen, unsere Gegner diese Art der Apologie nicht gelten
lassen, aus ihr am Ende gar Capital schlagen. Wir sind gespannt, die bezüglichen
Urtheile der östreichischen und kleinstaatlichen Presse zu hören und werden uns freuen,
wenn wir die Wirkungen, welche die vorliegende Schrift auf diese üben wird, falsch
angeschlagen haben.




Schiller's sämmtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. 3. Theil: Fiesko.
Cabale und Liebe, Rheinische Thalia. Herausgegeben von Vollmer. 4. Theil:
Arbeiten der Leipzig-Dresdner Zeit.

Wir haben beim Erscheinen der beiden ersten Bände dieser historisch-kritischen
Schiller-Ausgabe Gelegenheit gehabt, unsere Stellung zu der philologischen Manier
dieser Herausgabe ebenso zu bezeichnen, wie unsere Meinung über die Veröffentlichung
sämmtlicher, auch der von dem Dichter selbst verurtheilten Jugendarbeiten zu sagen.
Was die Art und Weise der Textherstellung und der Registrirung sämmtlicher ver¬
schiedener Lesarten anlangt, haben wir über die beiden neu erschienenen Bände Nichts
nachzutragen. Anders steht es mit den neuen Publicationen, welche aus der Zeit
der Mannheimer und der Dresden-Leipziger Periode Schillers herrühren und
deren Herausgabe schon darum unter einen andern Gesichtspunkt fällt, als das
Hervorsuchen von Jugendverirrungen, welche unserer Meinung nach besser der Ver¬
gessenheit verfallen wären. Als solche Herausgaben von wirklichem Interesse sind
„Das Lied". „Die Gedichte an Körner", die Aufsätze über Philipp II. (nach
Mercier) und die „Verschwörung des Marquis Bodemar gegen die venetianische Re¬
publik" besonders zu nennen.




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von Hiithel K Segler in Leipzig.
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[0386] taten desselben die gebührende Anerkennung gezollt und mit der Versicherung geschlossen, Herr v. Bismarck werde trotz der Elasticität seines Geistes stets die Quelle der Ver¬ legenheiten Derer sein, welche in ihm etwas Anderes sehen, als den Aristokraten, der sich des Fortschritts nicht aus Liebe zur Freiheit, sondern aus politischem Jn- stinct bedient. Auf diese Weise hat der Verfasser die Sache der nationalen Politik in das für die Franzosen richtige Licht gestellt und doch zugleich die orthodoxe Rein¬ heit seines demokratischen Katechismus gewahrt. Wir werden uns hüten, mit dem Verfasser über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Urtheils zu streiten, welches in letzter Instanz nur von der Nachwelt, nicht von der Mitwelt gesprochen werden kann. Gerade darum müssen wir gestehen, trotz aller Anerkennung des patriotischen Eifers, mit dem der Verfasser darauf ausgegangen ist, die französischen Vorurtheile zu beseitigen — nicht verstehen zu können, warum er in eine deutsche Uebersetzung seiner Schrift gewilligt hat. Bücher dieser Art haben in Deutschland keine rechte Statt und stehen der deutschen Art und Weise um so ferner, je glücklicher sie für die Franzosen den richtigen Ton treffen. Anhänger der nationalen Sache und näher stehende Zeugen des preußischen Verfassungsconflictes werden mit den Anschauungen und den etwas absolut gehaltenen Urtheilen des Ver¬ fassers schwerlich übereinstimmen, unsere Gegner diese Art der Apologie nicht gelten lassen, aus ihr am Ende gar Capital schlagen. Wir sind gespannt, die bezüglichen Urtheile der östreichischen und kleinstaatlichen Presse zu hören und werden uns freuen, wenn wir die Wirkungen, welche die vorliegende Schrift auf diese üben wird, falsch angeschlagen haben. Schiller's sämmtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. 3. Theil: Fiesko. Cabale und Liebe, Rheinische Thalia. Herausgegeben von Vollmer. 4. Theil: Arbeiten der Leipzig-Dresdner Zeit. Wir haben beim Erscheinen der beiden ersten Bände dieser historisch-kritischen Schiller-Ausgabe Gelegenheit gehabt, unsere Stellung zu der philologischen Manier dieser Herausgabe ebenso zu bezeichnen, wie unsere Meinung über die Veröffentlichung sämmtlicher, auch der von dem Dichter selbst verurtheilten Jugendarbeiten zu sagen. Was die Art und Weise der Textherstellung und der Registrirung sämmtlicher ver¬ schiedener Lesarten anlangt, haben wir über die beiden neu erschienenen Bände Nichts nachzutragen. Anders steht es mit den neuen Publicationen, welche aus der Zeit der Mannheimer und der Dresden-Leipziger Periode Schillers herrühren und deren Herausgabe schon darum unter einen andern Gesichtspunkt fällt, als das Hervorsuchen von Jugendverirrungen, welche unserer Meinung nach besser der Ver¬ gessenheit verfallen wären. Als solche Herausgaben von wirklichem Interesse sind „Das Lied". „Die Gedichte an Körner", die Aufsätze über Philipp II. (nach Mercier) und die „Verschwörung des Marquis Bodemar gegen die venetianische Re¬ publik" besonders zu nennen. Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von Hiithel K Segler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/386>, abgerufen am 05.02.2025.