Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.Stimmung verbunden war, daß dieselbe im ganzen Lande "mit Einschluß der Bis zu diesem letzteren Zeitpunkte hatte Wismar der Entwickelung der Der von dem Bürgerausschuß erhobene Anspruch einer Mitwirkung der Stimmung verbunden war, daß dieselbe im ganzen Lande „mit Einschluß der Bis zu diesem letzteren Zeitpunkte hatte Wismar der Entwickelung der Der von dem Bürgerausschuß erhobene Anspruch einer Mitwirkung der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0038" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287310"/> <p xml:id="ID_68" prev="#ID_67"> Stimmung verbunden war, daß dieselbe im ganzen Lande „mit Einschluß der<lb/> Städte Rostock und Wismar" am 1. Juli 1867 in Kraft treten solle. Am<lb/> 8. Juli 1867 wurde der Vertrag wegen der Fortdauer des Zoll- und Han¬<lb/> delsvereins abgeschlossen und nach Erledigung der anfangs noch entgegen¬<lb/> stehenden Hindernisse am 11. August 1868 der Anschluß Mecklenburgs an<lb/> den Zollverein vollzogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_69"> Bis zu diesem letzteren Zeitpunkte hatte Wismar der Entwickelung der<lb/> Dinge ruhig zugesehen. Als aber im Anfang August dieses Jahres die<lb/> Kunde sich verbreitete, daß die Binnenlinie südlich von Wismar laufen und<lb/> dieses demnach in den Grenzbezirk fallen solle, gerieth die ganze Bevölkerung<lb/> der Stadt, indem sie die Zerstörung des Handelsverkehrs als die nothwen¬<lb/> dige Folge dieser Anordnung ansah, in eine fieberhafte Aufregung. Ver¬<lb/> sammlungen wurden gehalten, Petitionen und Deputationen in Bewegung<lb/> gesetzt; der Magistrat, der Bürgerausschuß, die kaufmännischen Korporatio¬<lb/> nen, die gesammte Bürgerschaft richteten an den Großherzog, an das gro߬<lb/> herzogliche Ministerium, an das Bundeskanzleramt, an den Zollvereins-<lb/> Bundesrath die nachdrücklichsten Vorstellungen. Namentlich zeigte der Bürger¬<lb/> ausschuß sich eifrig um die Abwehr der Anordnung bemüht, indem er die¬<lb/> selbe nicht nur als eine schwere Benachtheiligung der Stadt, sondern auch<lb/> als eine schreiende Verletzung ihrer Rechte auffaßte. Kaum war die Ver¬<lb/> ordnung wegen der Binnenlinie erschienen, so richtete er (7. August) an den<lb/> Rath die Aufforderung, „unter Protest gegen die erfolgte willenlose Hinein¬<lb/> ziehung Wismars in den Zollgrenzbezirk eine Rechtsverwahrung wegen<lb/> aller durch solchen Act verletzten Privilegien.der Stadt" gemeinschaftlich mit<lb/> der Bürgerschaft einzulegen, wozu indessen der Rath, ungeachtet mehrmals<lb/> erneuerten Antrags, die Hand zu bieten sich weigerte.</p><lb/> <p xml:id="ID_70" next="#ID_71"> Der von dem Bürgerausschuß erhobene Anspruch einer Mitwirkung der<lb/> Stadt bei der Bestimmung der Binnenlinie, wenn auch nur in Form einer<lb/> der Entscheidung vorangehenden Aeußerung ihrer Wünsche, geht von dem<lb/> Rechte der Stadt aus, in allen ihre Zoll- und Steuerverhältnisse berühren¬<lb/> den Fragen mindestens gehört zu werden. Da die Stadt bisher nicht un¬<lb/> bedingt ihre Unterwerfung unter die Zollgesetzgebung erklärt habe, so habe<lb/> sie das Recht gewahrt, die Bedingungen zu bestimmen, unter welchen sie<lb/> dem Zollverein sich anschließen wolle. Als solche Bedingung wird nun die<lb/> Mitwirkung der Stadt bei Bestimmung der Zollbinnenlinie, soweit dabei die<lb/> wismar'schen Verkehrsinteressen in Frage kommen, aufgestellt. Zur Ver¬<lb/> stärkung dieses Anspruches wird dann noch geltend gemacht, daß die Zoll¬<lb/> gesetzgebung auch noch anderweitig in die der Stadt vertragsmäßig gesicherten<lb/> Rechte eingreife, namentlich in deren Gerichtsbarkeit und Polizeirecht. Der<lb/> Bürgerausschuß beruft sich dabei theils auf den malmöer Vertrag vom</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
Stimmung verbunden war, daß dieselbe im ganzen Lande „mit Einschluß der
Städte Rostock und Wismar" am 1. Juli 1867 in Kraft treten solle. Am
8. Juli 1867 wurde der Vertrag wegen der Fortdauer des Zoll- und Han¬
delsvereins abgeschlossen und nach Erledigung der anfangs noch entgegen¬
stehenden Hindernisse am 11. August 1868 der Anschluß Mecklenburgs an
den Zollverein vollzogen.
Bis zu diesem letzteren Zeitpunkte hatte Wismar der Entwickelung der
Dinge ruhig zugesehen. Als aber im Anfang August dieses Jahres die
Kunde sich verbreitete, daß die Binnenlinie südlich von Wismar laufen und
dieses demnach in den Grenzbezirk fallen solle, gerieth die ganze Bevölkerung
der Stadt, indem sie die Zerstörung des Handelsverkehrs als die nothwen¬
dige Folge dieser Anordnung ansah, in eine fieberhafte Aufregung. Ver¬
sammlungen wurden gehalten, Petitionen und Deputationen in Bewegung
gesetzt; der Magistrat, der Bürgerausschuß, die kaufmännischen Korporatio¬
nen, die gesammte Bürgerschaft richteten an den Großherzog, an das gro߬
herzogliche Ministerium, an das Bundeskanzleramt, an den Zollvereins-
Bundesrath die nachdrücklichsten Vorstellungen. Namentlich zeigte der Bürger¬
ausschuß sich eifrig um die Abwehr der Anordnung bemüht, indem er die¬
selbe nicht nur als eine schwere Benachtheiligung der Stadt, sondern auch
als eine schreiende Verletzung ihrer Rechte auffaßte. Kaum war die Ver¬
ordnung wegen der Binnenlinie erschienen, so richtete er (7. August) an den
Rath die Aufforderung, „unter Protest gegen die erfolgte willenlose Hinein¬
ziehung Wismars in den Zollgrenzbezirk eine Rechtsverwahrung wegen
aller durch solchen Act verletzten Privilegien.der Stadt" gemeinschaftlich mit
der Bürgerschaft einzulegen, wozu indessen der Rath, ungeachtet mehrmals
erneuerten Antrags, die Hand zu bieten sich weigerte.
Der von dem Bürgerausschuß erhobene Anspruch einer Mitwirkung der
Stadt bei der Bestimmung der Binnenlinie, wenn auch nur in Form einer
der Entscheidung vorangehenden Aeußerung ihrer Wünsche, geht von dem
Rechte der Stadt aus, in allen ihre Zoll- und Steuerverhältnisse berühren¬
den Fragen mindestens gehört zu werden. Da die Stadt bisher nicht un¬
bedingt ihre Unterwerfung unter die Zollgesetzgebung erklärt habe, so habe
sie das Recht gewahrt, die Bedingungen zu bestimmen, unter welchen sie
dem Zollverein sich anschließen wolle. Als solche Bedingung wird nun die
Mitwirkung der Stadt bei Bestimmung der Zollbinnenlinie, soweit dabei die
wismar'schen Verkehrsinteressen in Frage kommen, aufgestellt. Zur Ver¬
stärkung dieses Anspruches wird dann noch geltend gemacht, daß die Zoll¬
gesetzgebung auch noch anderweitig in die der Stadt vertragsmäßig gesicherten
Rechte eingreife, namentlich in deren Gerichtsbarkeit und Polizeirecht. Der
Bürgerausschuß beruft sich dabei theils auf den malmöer Vertrag vom
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