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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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neue Druckenmüller acceptirte, welches die Herabsetzung der Eisenzölle
außerdem von der Gegenseitigkeit gegenüber Frankreich. Belgien und Oest¬
reich abhängig macht, d. h. vollends g>ä s^lsnäas Zmeeas vertagt. Er hätte
getrost noch die charakteristische süddeutsche Clausel aufnehmen dürfen: "inso¬
weit, als die Rücksicht auf die dabei maßgebenden mannigfachen Bedingungen
unserer Coneurrenzfähigkeit dies zuläßt", welche später von Moll-Mann¬
heim mit gewohnter Eleganz vertheidigt wurde.

Der Correferent Stadtberg-Stettin begründete mit wohlthuender Klar¬
heit und Kürze, wenn auch ohne neue Gesichtspunkte, seinen (später durch
einige Zusätze ergänzten) Antrag: "Der Handelstag erklärt die gänzliche
Beseitigung des Zolles auf Roheisen und eine angemessene Herabminderung
der Tarifsätze für Eisenwaaren, besonders für gröbere, für nothwendig und
unaufschiebbar".

Mit großer Aufmerksamkeit und wiederholten, dort ernstlich, hier ironisch
gemeinten Beifallsbezeugungen hörte die Versammlung den großen schlesischen
Eisen-Industriellen Friedländer an, welcher, übrigens an den Gedanken¬
kreis des Referenten sich anschließend, offen bekannte: "Aushalten können wir
die Aufhebung der Eisenzölle -- aushalten kann man viel -- aber ange¬
nehmer wäre es uns, wenn man damit nur allmälig und bedingungsweise
vorginge. Tragen Sie das Haus allmälig ab, nur schießen Sie nicht mit
der Bombe hinein".

Die Schutzzöllner blieben in der Mehrheit, obgleich die Vertreter der
großen Handelsstädte durchgängig für den Antrag des Correferenten, in
zweiter Linie für das taktisch geschickte Amendement des Dr. E räh und Ge¬
nossen stimmten, welche den ersten Satz des Referenten adoptiren, ihm aber
den Zusatz beifügen wollten, daß der Termin der gänzlichen Beseitigung der
Eisenzölle im Voraus fixirt werde. Der Antrag des Referenten mit dem
Amendement Druckenmüller wurde schließlich mit 61 gegen 37 Stimmen an¬
genommen. Dafür stimmte u. A. auch der Vertreter des "deutschen Manchester".

XI. In Folge einer von dem Centralcomite kaufmännischer Vereine
eingereichten Petition schlug der Ausschuß noch die folgende Resolution
vor: "In Erwägung, daß das Vorhandensein eines Bedürfnisses, die
Geschäftszeit für junge Kaufleute in vielen Fällen abzukürzen und
ihre Sonntagsarbeit einzuschränken, anerkannt werden muß und Ab¬
hilfe dieser Uebelstände, wo sie bestehen, dringend wünschenswert!) erscheint,
beschließt der deutsche Handelstag. seinen Mitgliedern zu empfehlen, in der
ihnen geeignet scheinenden Weise in dieser Richtung wirken zu wollen." Von
Wesenfelv-Barmer kurz befürwortet, fand dieselbe einstimmige Annahme.

XII. Ein Antrag von Christ-Siegen, die Beschlagnahme von
Arbeitslöh n en betreffend, wurde dem Ausschuß zur Behandlung überwiesen.

Demselben überließ man auch die Entscheidung der Frage, an welchem
Orte der nächste Handelstag abgehalten werden solle. Einladungen lagen
vor von Hannover, Bremen und Leipzig. Gewiß würde letzteres die mit
ernstem Streben, wenn auch, bei ihrer Stellung zwischen entgegengesetzten
Interessen, nicht immer mit Erfolg arbeitende Versammlung freudig in ihren


neue Druckenmüller acceptirte, welches die Herabsetzung der Eisenzölle
außerdem von der Gegenseitigkeit gegenüber Frankreich. Belgien und Oest¬
reich abhängig macht, d. h. vollends g>ä s^lsnäas Zmeeas vertagt. Er hätte
getrost noch die charakteristische süddeutsche Clausel aufnehmen dürfen: „inso¬
weit, als die Rücksicht auf die dabei maßgebenden mannigfachen Bedingungen
unserer Coneurrenzfähigkeit dies zuläßt", welche später von Moll-Mann¬
heim mit gewohnter Eleganz vertheidigt wurde.

Der Correferent Stadtberg-Stettin begründete mit wohlthuender Klar¬
heit und Kürze, wenn auch ohne neue Gesichtspunkte, seinen (später durch
einige Zusätze ergänzten) Antrag: „Der Handelstag erklärt die gänzliche
Beseitigung des Zolles auf Roheisen und eine angemessene Herabminderung
der Tarifsätze für Eisenwaaren, besonders für gröbere, für nothwendig und
unaufschiebbar".

Mit großer Aufmerksamkeit und wiederholten, dort ernstlich, hier ironisch
gemeinten Beifallsbezeugungen hörte die Versammlung den großen schlesischen
Eisen-Industriellen Friedländer an, welcher, übrigens an den Gedanken¬
kreis des Referenten sich anschließend, offen bekannte: „Aushalten können wir
die Aufhebung der Eisenzölle — aushalten kann man viel — aber ange¬
nehmer wäre es uns, wenn man damit nur allmälig und bedingungsweise
vorginge. Tragen Sie das Haus allmälig ab, nur schießen Sie nicht mit
der Bombe hinein".

Die Schutzzöllner blieben in der Mehrheit, obgleich die Vertreter der
großen Handelsstädte durchgängig für den Antrag des Correferenten, in
zweiter Linie für das taktisch geschickte Amendement des Dr. E räh und Ge¬
nossen stimmten, welche den ersten Satz des Referenten adoptiren, ihm aber
den Zusatz beifügen wollten, daß der Termin der gänzlichen Beseitigung der
Eisenzölle im Voraus fixirt werde. Der Antrag des Referenten mit dem
Amendement Druckenmüller wurde schließlich mit 61 gegen 37 Stimmen an¬
genommen. Dafür stimmte u. A. auch der Vertreter des „deutschen Manchester".

XI. In Folge einer von dem Centralcomite kaufmännischer Vereine
eingereichten Petition schlug der Ausschuß noch die folgende Resolution
vor: „In Erwägung, daß das Vorhandensein eines Bedürfnisses, die
Geschäftszeit für junge Kaufleute in vielen Fällen abzukürzen und
ihre Sonntagsarbeit einzuschränken, anerkannt werden muß und Ab¬
hilfe dieser Uebelstände, wo sie bestehen, dringend wünschenswert!) erscheint,
beschließt der deutsche Handelstag. seinen Mitgliedern zu empfehlen, in der
ihnen geeignet scheinenden Weise in dieser Richtung wirken zu wollen." Von
Wesenfelv-Barmer kurz befürwortet, fand dieselbe einstimmige Annahme.

XII. Ein Antrag von Christ-Siegen, die Beschlagnahme von
Arbeitslöh n en betreffend, wurde dem Ausschuß zur Behandlung überwiesen.

Demselben überließ man auch die Entscheidung der Frage, an welchem
Orte der nächste Handelstag abgehalten werden solle. Einladungen lagen
vor von Hannover, Bremen und Leipzig. Gewiß würde letzteres die mit
ernstem Streben, wenn auch, bei ihrer Stellung zwischen entgegengesetzten
Interessen, nicht immer mit Erfolg arbeitende Versammlung freudig in ihren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/259>, abgerufen am 05.02.2025.