Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.stehen gekommen war, wegen der Sandmengen, die vom Westwind be¬ Ungünstig war auch das Schicksal der ostfr'esischen Häfen. Emden stehen gekommen war, wegen der Sandmengen, die vom Westwind be¬ Ungünstig war auch das Schicksal der ostfr'esischen Häfen. Emden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0233" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287505"/> <p xml:id="ID_599" prev="#ID_598"> stehen gekommen war, wegen der Sandmengen, die vom Westwind be¬<lb/> ständig auf die östliche Seite des Grundes getrieben werden. Der Grund<lb/> hatte sich folglich in 16 Jahren ungefähr 1000 Ellen ostwärts verschoben<lb/> und an Stellen, wo man früher 8—9 Faden (ungefähr 80 Fuß) Wasser<lb/> zur Zeit der niedrigsten Ebbe hatte, fand man 1852 vier Fuß Sand über ge-<lb/> roöhnlicher Fluth. Im Heverstrom, der von Husum in die offene Nordsee<lb/> führt, zeigte eine Rinne im Jahre 1852 eine Veränderung ihrer Breite von<lb/> 25 Fuß auf 8 Fuß binnen 6 Jahren, und jetzt ist dieselbe gänzlich verschwun¬<lb/> den, und tiefgehende Schiffe wagen gar nicht, sich in dieses veränderliche<lb/> Fahrwasser zu begeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_600" next="#ID_601"> Ungünstig war auch das Schicksal der ostfr'esischen Häfen. Emden<lb/> besaß in seiner unmittelbaren Nähe bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts<lb/> an der Emsmündung einen schönen, tiefen, für große Kauffahrtei- und Kriegs¬<lb/> schiffe passenden Hafen, dessen ausgezeichnete Eigenschaften von Zeitgenossen<lb/> gelobt werden. Aber dieselben Sturmfluthen, die durch ihre Einbrüche ins<lb/> Land den Jahdebusen bildeten, änderten auch hier. Sie rissen namentlich<lb/> 1277 die Deiche des linken Ufers gegenüber der Stadt ein, und bildeten,<lb/> da die uneinigen Ostfriesen nicht an die Wiederherstellung gingen, schließlich<lb/> einen großen fast kreisförmigen Busen, der in die linke Flanke des Ems-<lb/> stroms mündet, d. h. den Dollart. Der Hauptstrom aber brach sich von<lb/> Ost nach West eine neue Rille quer durch den Dollart. die jetzt nur 6—8<lb/> Fuß Wasser bei niedrigster Ebbe besitzt — die Nebenrillen haben noch weniger<lb/> —- und das alte nördlichere Bett verschlemmt. Alle Kunstbauten, welche<lb/> diesen Uebelständen zu steuern versuchten, halfen nichts: die 1583 begonnenen<lb/> Deichbauten, welche den Strom in sein altes Bett zurückdrängen sollten,<lb/> wurden immerfort wieder durchbrochen, bis man 1632 die Sache aufgab.<lb/> Ein 1768 von der Mündung des Binnenhafens nach dem tiefen Wasser des<lb/> Dollart gezogener Canal verschlammte wieder trotz gänzlicher Abdämmung<lb/> des verschickten alten Fahrwassers; eine 1804 ins Werk gesetzte Austiefung<lb/> und Verbreiterung half ebenfalls nicht auf die Dauer, das Fahrwasser wurde<lb/> vielmehr immer schmaler und seichter. Auch die 1846 von der hannöverschen<lb/> Regierung versuchte Correction, ein von der Stadt nach dem tiefen Wasser<lb/> im Dollart gegrabner gerader Canal mit einer Schleuse in der Mitte, von<lb/> welcher seitwärts zwei Deiche zum Schutz der Stadt gegen Überschwemmun¬<lb/> gen abgingen, verfehlte insofern ihren Zweck, als der Hafenzugang doch nicht<lb/> offen und tief blieb und jetzt zu einer seichten und so engen Rille geworden<lb/> ist. daß zwei Schiffe einander nicht ausweichen können und bei Fluth Schiffe<lb/> von höchstens 12 Fuß Tiefgang zu Passiren vermögen — und doch hat die<lb/> Anlage der Stadt an 267.000 Thlr. gekostet! Darum ist man jetzt von dem<lb/> Plane einer Correction des eigentlichen Hafens von Emden abgegangen, und</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0233]
stehen gekommen war, wegen der Sandmengen, die vom Westwind be¬
ständig auf die östliche Seite des Grundes getrieben werden. Der Grund
hatte sich folglich in 16 Jahren ungefähr 1000 Ellen ostwärts verschoben
und an Stellen, wo man früher 8—9 Faden (ungefähr 80 Fuß) Wasser
zur Zeit der niedrigsten Ebbe hatte, fand man 1852 vier Fuß Sand über ge-
roöhnlicher Fluth. Im Heverstrom, der von Husum in die offene Nordsee
führt, zeigte eine Rinne im Jahre 1852 eine Veränderung ihrer Breite von
25 Fuß auf 8 Fuß binnen 6 Jahren, und jetzt ist dieselbe gänzlich verschwun¬
den, und tiefgehende Schiffe wagen gar nicht, sich in dieses veränderliche
Fahrwasser zu begeben.
Ungünstig war auch das Schicksal der ostfr'esischen Häfen. Emden
besaß in seiner unmittelbaren Nähe bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts
an der Emsmündung einen schönen, tiefen, für große Kauffahrtei- und Kriegs¬
schiffe passenden Hafen, dessen ausgezeichnete Eigenschaften von Zeitgenossen
gelobt werden. Aber dieselben Sturmfluthen, die durch ihre Einbrüche ins
Land den Jahdebusen bildeten, änderten auch hier. Sie rissen namentlich
1277 die Deiche des linken Ufers gegenüber der Stadt ein, und bildeten,
da die uneinigen Ostfriesen nicht an die Wiederherstellung gingen, schließlich
einen großen fast kreisförmigen Busen, der in die linke Flanke des Ems-
stroms mündet, d. h. den Dollart. Der Hauptstrom aber brach sich von
Ost nach West eine neue Rille quer durch den Dollart. die jetzt nur 6—8
Fuß Wasser bei niedrigster Ebbe besitzt — die Nebenrillen haben noch weniger
—- und das alte nördlichere Bett verschlemmt. Alle Kunstbauten, welche
diesen Uebelständen zu steuern versuchten, halfen nichts: die 1583 begonnenen
Deichbauten, welche den Strom in sein altes Bett zurückdrängen sollten,
wurden immerfort wieder durchbrochen, bis man 1632 die Sache aufgab.
Ein 1768 von der Mündung des Binnenhafens nach dem tiefen Wasser des
Dollart gezogener Canal verschlammte wieder trotz gänzlicher Abdämmung
des verschickten alten Fahrwassers; eine 1804 ins Werk gesetzte Austiefung
und Verbreiterung half ebenfalls nicht auf die Dauer, das Fahrwasser wurde
vielmehr immer schmaler und seichter. Auch die 1846 von der hannöverschen
Regierung versuchte Correction, ein von der Stadt nach dem tiefen Wasser
im Dollart gegrabner gerader Canal mit einer Schleuse in der Mitte, von
welcher seitwärts zwei Deiche zum Schutz der Stadt gegen Überschwemmun¬
gen abgingen, verfehlte insofern ihren Zweck, als der Hafenzugang doch nicht
offen und tief blieb und jetzt zu einer seichten und so engen Rille geworden
ist. daß zwei Schiffe einander nicht ausweichen können und bei Fluth Schiffe
von höchstens 12 Fuß Tiefgang zu Passiren vermögen — und doch hat die
Anlage der Stadt an 267.000 Thlr. gekostet! Darum ist man jetzt von dem
Plane einer Correction des eigentlichen Hafens von Emden abgegangen, und
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