Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.naheliegende Betrachtung folgt, wird der Brief eines langjährigen Corre- III. Endlich hat der ezechische Leu für seine Tücken eins auf die Pfoten be¬ Den unmittelbaren Anlaß zu diesen Maßregeln gaben die letzten czechi- Die Wurzel des Uebels liegt darin, daß die ezechische, besser die czechoma- naheliegende Betrachtung folgt, wird der Brief eines langjährigen Corre- III. Endlich hat der ezechische Leu für seine Tücken eins auf die Pfoten be¬ Den unmittelbaren Anlaß zu diesen Maßregeln gaben die letzten czechi- Die Wurzel des Uebels liegt darin, daß die ezechische, besser die czechoma- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287415"/> <p xml:id="ID_341" prev="#ID_340"> naheliegende Betrachtung folgt, wird der Brief eines langjährigen Corre-<lb/> spondenten d. Bl. mitgetheilt, welcher uns genau die Stimmung der Deut¬<lb/> schen in Böhmen auszudrücken scheint.</p><lb/> </div> <div n="1"> <head> </head><lb/> <div n="2"> <head> III.</head><lb/> <p xml:id="ID_342"> Endlich hat der ezechische Leu für seine Tücken eins auf die Pfoten be¬<lb/> kommen. Mit andern Worten, die Regierung hat sich gezwungen gesehen,<lb/> das Vereins- und Versammlungsrecht nebst einigen anderen Rechten in Prag<lb/> zu suspendiren, und Feldmarschall-Lieutenant v. Kollar, seinem Rufe nach ein<lb/> zweiter Windischgrätz, thront als Statthalter in der böhmischen Hauptstadt.</p><lb/> <p xml:id="ID_343"> Den unmittelbaren Anlaß zu diesen Maßregeln gaben die letzten czechi-<lb/> schen Auftritte in Prag. Am 4. Oct. wurde der Versuch gemacht, ein gesetzwidri¬<lb/> ges Meeting vor den Thoren zu veranstalten. Vor dem Veto, welches drei<lb/> Bataillone Infanterie und eine Schwadron Husaren einlegten, stob die un¬<lb/> geheure Volksmasse zwar auseinander, aber sie strömte in das Innere der<lb/> Stadt, zerstörte hier die Wohnung eines deutschen Redacteurs und zerschmet¬<lb/> terte die Fensterscheiben verschiedener mißliebiger Institute, wie z. B. des<lb/> deutschen Castnos, wo ein faustgroßer Kieselstein einen langsam flüchtenden<lb/> alten Herrn glücklich am Schädel traf. Die städtische Polizei steht unter dem<lb/> von der Gemeinde erwählten Bürgermeister; und da Dr. Claudi, der gegen¬<lb/> wärtige Lord-Mayor, ein gewitzigter Mann ist, der wegen einer Anwandlung<lb/> von Unparteilichkeit schon einmal in Gefahr schwebte zu täglicher Katzenmusik<lb/> und lebenslänglicher UnPopularität verurtheilt zu werden, so sah die Polizei<lb/> zu und lächelte. Die Bewegung hatte somit einen nach ezechischen Begriffen<lb/> glänzenden Triumph errungen, und den Führern schwoll der Kamm. Sie<lb/> forderten ihren Troß zu neuen Meetings desselben Charakters auf, und diesen<lb/> Plänen ist von Wien aus ein militärischer Riegel vorgeschoben worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_344" next="#ID_345"> Die Wurzel des Uebels liegt darin, daß die ezechische, besser die czechoma-<lb/> nische Logik andere Gesetze hat als die deutsche. Es gibt ezechische Begriffe,<lb/> die man außerhalb Czechiens kaum für möglich hält. Wenn Einer aber mit<lb/> den Patrioten auf dem Lande einigemal politisire, so wird er bald belehrt.<lb/> „Wenn's hätten kein Militär geschickt" sagte Czapka, der Instrumenten-<lb/> macher, „wär' kein Scandal gewesen." Verzeihung, Herr Czapka, gab es<lb/> keinen Scandal in China, keinen in Hochstadt, keinen in Kosteletz und bei<lb/> andern Massenmeetings in diesem Sommer? Da erschien überall anstatt des<lb/> Militärs ein einzelner wehrloser Beamter, der den Leuten gütlich erklärte,<lb/> daß und warum die Versammlung gesetzwidrig sei. Was war die Folge?<lb/> Der Bezirksvorsteher, Herr Smolarz, wurde von dem Kaufmann Labskt von</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0143]
naheliegende Betrachtung folgt, wird der Brief eines langjährigen Corre-
spondenten d. Bl. mitgetheilt, welcher uns genau die Stimmung der Deut¬
schen in Böhmen auszudrücken scheint.
III.
Endlich hat der ezechische Leu für seine Tücken eins auf die Pfoten be¬
kommen. Mit andern Worten, die Regierung hat sich gezwungen gesehen,
das Vereins- und Versammlungsrecht nebst einigen anderen Rechten in Prag
zu suspendiren, und Feldmarschall-Lieutenant v. Kollar, seinem Rufe nach ein
zweiter Windischgrätz, thront als Statthalter in der böhmischen Hauptstadt.
Den unmittelbaren Anlaß zu diesen Maßregeln gaben die letzten czechi-
schen Auftritte in Prag. Am 4. Oct. wurde der Versuch gemacht, ein gesetzwidri¬
ges Meeting vor den Thoren zu veranstalten. Vor dem Veto, welches drei
Bataillone Infanterie und eine Schwadron Husaren einlegten, stob die un¬
geheure Volksmasse zwar auseinander, aber sie strömte in das Innere der
Stadt, zerstörte hier die Wohnung eines deutschen Redacteurs und zerschmet¬
terte die Fensterscheiben verschiedener mißliebiger Institute, wie z. B. des
deutschen Castnos, wo ein faustgroßer Kieselstein einen langsam flüchtenden
alten Herrn glücklich am Schädel traf. Die städtische Polizei steht unter dem
von der Gemeinde erwählten Bürgermeister; und da Dr. Claudi, der gegen¬
wärtige Lord-Mayor, ein gewitzigter Mann ist, der wegen einer Anwandlung
von Unparteilichkeit schon einmal in Gefahr schwebte zu täglicher Katzenmusik
und lebenslänglicher UnPopularität verurtheilt zu werden, so sah die Polizei
zu und lächelte. Die Bewegung hatte somit einen nach ezechischen Begriffen
glänzenden Triumph errungen, und den Führern schwoll der Kamm. Sie
forderten ihren Troß zu neuen Meetings desselben Charakters auf, und diesen
Plänen ist von Wien aus ein militärischer Riegel vorgeschoben worden.
Die Wurzel des Uebels liegt darin, daß die ezechische, besser die czechoma-
nische Logik andere Gesetze hat als die deutsche. Es gibt ezechische Begriffe,
die man außerhalb Czechiens kaum für möglich hält. Wenn Einer aber mit
den Patrioten auf dem Lande einigemal politisire, so wird er bald belehrt.
„Wenn's hätten kein Militär geschickt" sagte Czapka, der Instrumenten-
macher, „wär' kein Scandal gewesen." Verzeihung, Herr Czapka, gab es
keinen Scandal in China, keinen in Hochstadt, keinen in Kosteletz und bei
andern Massenmeetings in diesem Sommer? Da erschien überall anstatt des
Militärs ein einzelner wehrloser Beamter, der den Leuten gütlich erklärte,
daß und warum die Versammlung gesetzwidrig sei. Was war die Folge?
Der Bezirksvorsteher, Herr Smolarz, wurde von dem Kaufmann Labskt von
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |