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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Waaren nur noch in den besseren Gattungen nach den Ver. Se. verkaufen,
während der frühere große Bedarf von ordinären durch das amerikanische
Fabrikat gedeckt wird. -- Stuttgart kann seine Corsets, wenigstens die Massen¬
artikel, auch nur noch mit Schaden nach den Ver. Se. ausführen.

Daß, wie in der erwähnten wiener Rede behauptet wird, die Ameri¬
kaner keine Stecknadeln fabricirten, kann ich nicht zugeben, sondern muß
sogar im Gegentheil erklären, daß dieser kleine hübsche Artikel der deutschen
Industrie mit rundem Kopfe, der durch Hunderte von Händen gehen soll, ehe
er in den Welthandel tritt und in den Verdacht kommt, die Handelsbilanz
der Ver. Se. mit niederzudrücken, in Amerika nur ausnahmsweise vorkommt
(ich habe ihn dort nie gesehen), dagegen durch einen Namensvetter, mit
glattem Kopfe wie der eines Nagels, aber von amerikanischer Geburt voll¬
kommen ersetzt wird.

An eine Reduction des Tarifs für fabricirte Waaren ist bei der Aussicht,
daß General Grant zum Präsidenten erwählt wird und daß die republikanische
Partei, die Schöpferin des hohen Tarifs, demnach am Ruder bleibt, in den
nächsten vier Jahren nicht zu denken. Auf Rohstoffe dagegen mögen die
Zölle herabgesetzt werden, wenn sich das mit den sonstigen Staatseinnahmen
verträgt.

Die allgemeine Fabrikationssteuer von S°/o auf die meisten Artikel, aber
von einem viel höheren Satze auf einige, unter welcher die amerikanische Indu¬
strie seit etlichen Jahren geseufzt hat und die durch mehrfache wiederholte Auf¬
legung auf einzelne durch verschiedene Hände gehende Bestandtheile einige
anscheinend nur mit S"/" besteuerte Artikel noch viel mehr belastet hat, ist to
vergangenen März auf bei weitem die meisten Objecte ganz aufgehoben
worden und damit wäre dieser Hemmschuh der amerikanischen Industrie be¬
seitigt. -- Die Steuer von 3 Cents pro Pfund auf die rohe Baumwolle
hört- mit dem 1. September dieses Jahres auf.

Als Curiosum führe ich hier an, daß das Axiom der Schutzzöllner in
Amerika, der hohe Tarif werde eine stärkere Production und im Lause der
Zeit durch die Concurrenz viel billigere Preise herbeiführen, sich im Herbste
1867 bewahrheitet hat. Damals sind wollene Waaren in der um 30°/o
entwertheten Papierwährung billiger verkauft worden, als sieben und acht
Jahre vorher in Gold; freilich wurden diese Verkäufe in einer Wqarenkrisis
gemacht, die manchem Fabrikanten Haut und Haare weggenommen hat. ^"

Schließlich mache ich Sie noch aus einige Zahlen aufmerksam, die einer
mit vollem Vertrauen zu betrachtenden Aufstellung des II. 8. Sxoeial
OomimWionör ok KsvermL, David A. Wells, vom 9. Juli d. I. ent'
nommer sind und der finanziellen Lage der Ver. Staaten ein recht günstiges
Zeugniß ausstellen.


Waaren nur noch in den besseren Gattungen nach den Ver. Se. verkaufen,
während der frühere große Bedarf von ordinären durch das amerikanische
Fabrikat gedeckt wird. — Stuttgart kann seine Corsets, wenigstens die Massen¬
artikel, auch nur noch mit Schaden nach den Ver. Se. ausführen.

Daß, wie in der erwähnten wiener Rede behauptet wird, die Ameri¬
kaner keine Stecknadeln fabricirten, kann ich nicht zugeben, sondern muß
sogar im Gegentheil erklären, daß dieser kleine hübsche Artikel der deutschen
Industrie mit rundem Kopfe, der durch Hunderte von Händen gehen soll, ehe
er in den Welthandel tritt und in den Verdacht kommt, die Handelsbilanz
der Ver. Se. mit niederzudrücken, in Amerika nur ausnahmsweise vorkommt
(ich habe ihn dort nie gesehen), dagegen durch einen Namensvetter, mit
glattem Kopfe wie der eines Nagels, aber von amerikanischer Geburt voll¬
kommen ersetzt wird.

An eine Reduction des Tarifs für fabricirte Waaren ist bei der Aussicht,
daß General Grant zum Präsidenten erwählt wird und daß die republikanische
Partei, die Schöpferin des hohen Tarifs, demnach am Ruder bleibt, in den
nächsten vier Jahren nicht zu denken. Auf Rohstoffe dagegen mögen die
Zölle herabgesetzt werden, wenn sich das mit den sonstigen Staatseinnahmen
verträgt.

Die allgemeine Fabrikationssteuer von S°/o auf die meisten Artikel, aber
von einem viel höheren Satze auf einige, unter welcher die amerikanische Indu¬
strie seit etlichen Jahren geseufzt hat und die durch mehrfache wiederholte Auf¬
legung auf einzelne durch verschiedene Hände gehende Bestandtheile einige
anscheinend nur mit S"/« besteuerte Artikel noch viel mehr belastet hat, ist to
vergangenen März auf bei weitem die meisten Objecte ganz aufgehoben
worden und damit wäre dieser Hemmschuh der amerikanischen Industrie be¬
seitigt. — Die Steuer von 3 Cents pro Pfund auf die rohe Baumwolle
hört- mit dem 1. September dieses Jahres auf.

Als Curiosum führe ich hier an, daß das Axiom der Schutzzöllner in
Amerika, der hohe Tarif werde eine stärkere Production und im Lause der
Zeit durch die Concurrenz viel billigere Preise herbeiführen, sich im Herbste
1867 bewahrheitet hat. Damals sind wollene Waaren in der um 30°/o
entwertheten Papierwährung billiger verkauft worden, als sieben und acht
Jahre vorher in Gold; freilich wurden diese Verkäufe in einer Wqarenkrisis
gemacht, die manchem Fabrikanten Haut und Haare weggenommen hat. ^"

Schließlich mache ich Sie noch aus einige Zahlen aufmerksam, die einer
mit vollem Vertrauen zu betrachtenden Aufstellung des II. 8. Sxoeial
OomimWionör ok KsvermL, David A. Wells, vom 9. Juli d. I. ent'
nommer sind und der finanziellen Lage der Ver. Staaten ein recht günstiges
Zeugniß ausstellen.


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[0520] Waaren nur noch in den besseren Gattungen nach den Ver. Se. verkaufen, während der frühere große Bedarf von ordinären durch das amerikanische Fabrikat gedeckt wird. — Stuttgart kann seine Corsets, wenigstens die Massen¬ artikel, auch nur noch mit Schaden nach den Ver. Se. ausführen. Daß, wie in der erwähnten wiener Rede behauptet wird, die Ameri¬ kaner keine Stecknadeln fabricirten, kann ich nicht zugeben, sondern muß sogar im Gegentheil erklären, daß dieser kleine hübsche Artikel der deutschen Industrie mit rundem Kopfe, der durch Hunderte von Händen gehen soll, ehe er in den Welthandel tritt und in den Verdacht kommt, die Handelsbilanz der Ver. Se. mit niederzudrücken, in Amerika nur ausnahmsweise vorkommt (ich habe ihn dort nie gesehen), dagegen durch einen Namensvetter, mit glattem Kopfe wie der eines Nagels, aber von amerikanischer Geburt voll¬ kommen ersetzt wird. An eine Reduction des Tarifs für fabricirte Waaren ist bei der Aussicht, daß General Grant zum Präsidenten erwählt wird und daß die republikanische Partei, die Schöpferin des hohen Tarifs, demnach am Ruder bleibt, in den nächsten vier Jahren nicht zu denken. Auf Rohstoffe dagegen mögen die Zölle herabgesetzt werden, wenn sich das mit den sonstigen Staatseinnahmen verträgt. Die allgemeine Fabrikationssteuer von S°/o auf die meisten Artikel, aber von einem viel höheren Satze auf einige, unter welcher die amerikanische Indu¬ strie seit etlichen Jahren geseufzt hat und die durch mehrfache wiederholte Auf¬ legung auf einzelne durch verschiedene Hände gehende Bestandtheile einige anscheinend nur mit S"/« besteuerte Artikel noch viel mehr belastet hat, ist to vergangenen März auf bei weitem die meisten Objecte ganz aufgehoben worden und damit wäre dieser Hemmschuh der amerikanischen Industrie be¬ seitigt. — Die Steuer von 3 Cents pro Pfund auf die rohe Baumwolle hört- mit dem 1. September dieses Jahres auf. Als Curiosum führe ich hier an, daß das Axiom der Schutzzöllner in Amerika, der hohe Tarif werde eine stärkere Production und im Lause der Zeit durch die Concurrenz viel billigere Preise herbeiführen, sich im Herbste 1867 bewahrheitet hat. Damals sind wollene Waaren in der um 30°/o entwertheten Papierwährung billiger verkauft worden, als sieben und acht Jahre vorher in Gold; freilich wurden diese Verkäufe in einer Wqarenkrisis gemacht, die manchem Fabrikanten Haut und Haare weggenommen hat. ^" Schließlich mache ich Sie noch aus einige Zahlen aufmerksam, die einer mit vollem Vertrauen zu betrachtenden Aufstellung des II. 8. Sxoeial OomimWionör ok KsvermL, David A. Wells, vom 9. Juli d. I. ent' nommer sind und der finanziellen Lage der Ver. Staaten ein recht günstiges Zeugniß ausstellen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/520>, abgerufen am 04.07.2024.