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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Wasser, das übrigens recht gut schmeckt, vergeudet werden kann. Links,
nördlich unseres Weges, zeigt uns der hohe viereckige Breterthurm einen
Zweiten Ort, wo künftig ein artesischer Brunnen sprudeln soll. Dicke Eisen¬
röhren, unten mit scharfem Rande, werden in die Tiefe niedergetrieben, und
zwar so, daß die folgende Röhre von immer kleinerem Kaliber ist als die
erste und sich durch dieselbe ohne Schwierigkeit versenken läßt.

Indem wir weiter vordringen, verschließt uns ein quer vorlaufender
Erdwall die Aussicht: wir besteigen ihn und stehen plötzlich vor einem An¬
blick von überraschender Großartigkeit. Ein mächtiges viereckiges Bassin von
enormer Tiefe öffnet sich dicht vor uns, ein so kolossaler Raum, daß wir
kaum begreifen, wie Menschenhände die Beseitigung dieser Erdmassen haben
bewältigen können. Zu unseren Füßen liegen ganz in der Tiefe zwei mäch¬
tige lange Platformen mit halbkreisförmigen Enden: es sind die Funda¬
mente zweier Trockendocks für große Kriegsschiffe, gerade im interessan¬
testen Stadium des Baues (seitdem fertig geworden). Zum Theil sieht man
noch den schwarzgrauen Untergrund des Bodens, von welchem die Erde eben
rveggegraben ist; der größte Theil ist schon mit einer Schicht rother Klinker
bedeckt, welche den eigentlichen Granit-Bodenplatten des Docks zur Unter¬
lage dienen sollen, und ein kleiner Theil der Trockendocks zeigt sich sogar
Mit eben diesen enormen Blöcken aus weißgrauem schwedischen Granit bereits
ausgelegt, die wir nachher aus mehreren Seeschiffen im provisorischen Liege¬
hafen löschen sehn werden. Diese Blöcke kommen aus Schweden schon völlig
ZUbehauen hier an, weil man mit dem Gewicht der Abfälle das Schiff nicht
unnütz beschweren will; gewisse Stücke sind sogar für späteren Gebrauch be¬
reits mit eisernen Ringen zum Festlegen der Schiffe versehn.

Die Dimensionen der beiden Docks erscheinen hier in dieser Umgebung
mit ihren riesenhaften Verhältnissen im Grunde zwischen den berghohen Erd¬
wänden nicht allzu bedeutend; wir würden fürchten, daß sie nur für unsere
gedeckten Corvetten, nicht aber für große Panzerschiffe genügen werden,
wüßten wir nicht, daß sie bei 30 Fuß größter Wassertiefe oben 84 Fuß
Breite und 440 Fuß Länge haben, während die längsten Panzerschisse (die
englischen "Warrior" und "Black Prince") oben 420 Fuß lang, und die
breitesten Panzerschiffe (die englischen "Minotaur". "Agincourt" und "Nor-
thumberland" 69 Fuß 4-^ Zoll breit sind (unser "Wilhelm" 68 V2 Fuß)- Auch
sür das tiefstgehende Panzerschiff der Gegenwart, den englischen "Achilles"
(mit 26 Fuß 11 Zoll hinten) würden die 30 Fuß Wasser unserer beiden
Docks völlig genügen. Großartig ist der Anblick solch eines Docks in der
Bollendung, wenn es mit seinen terrassirten Steinwänden ringsum den
Beschauer umgibt, einem mächtigen antiken Amphitheater ähnlicher als irgend
einem anderen Bauwerk. Noch aber strecken sich^.die beiden Platformen un-,


Grenzboten III. 1868. 58

Wasser, das übrigens recht gut schmeckt, vergeudet werden kann. Links,
nördlich unseres Weges, zeigt uns der hohe viereckige Breterthurm einen
Zweiten Ort, wo künftig ein artesischer Brunnen sprudeln soll. Dicke Eisen¬
röhren, unten mit scharfem Rande, werden in die Tiefe niedergetrieben, und
zwar so, daß die folgende Röhre von immer kleinerem Kaliber ist als die
erste und sich durch dieselbe ohne Schwierigkeit versenken läßt.

Indem wir weiter vordringen, verschließt uns ein quer vorlaufender
Erdwall die Aussicht: wir besteigen ihn und stehen plötzlich vor einem An¬
blick von überraschender Großartigkeit. Ein mächtiges viereckiges Bassin von
enormer Tiefe öffnet sich dicht vor uns, ein so kolossaler Raum, daß wir
kaum begreifen, wie Menschenhände die Beseitigung dieser Erdmassen haben
bewältigen können. Zu unseren Füßen liegen ganz in der Tiefe zwei mäch¬
tige lange Platformen mit halbkreisförmigen Enden: es sind die Funda¬
mente zweier Trockendocks für große Kriegsschiffe, gerade im interessan¬
testen Stadium des Baues (seitdem fertig geworden). Zum Theil sieht man
noch den schwarzgrauen Untergrund des Bodens, von welchem die Erde eben
rveggegraben ist; der größte Theil ist schon mit einer Schicht rother Klinker
bedeckt, welche den eigentlichen Granit-Bodenplatten des Docks zur Unter¬
lage dienen sollen, und ein kleiner Theil der Trockendocks zeigt sich sogar
Mit eben diesen enormen Blöcken aus weißgrauem schwedischen Granit bereits
ausgelegt, die wir nachher aus mehreren Seeschiffen im provisorischen Liege¬
hafen löschen sehn werden. Diese Blöcke kommen aus Schweden schon völlig
ZUbehauen hier an, weil man mit dem Gewicht der Abfälle das Schiff nicht
unnütz beschweren will; gewisse Stücke sind sogar für späteren Gebrauch be¬
reits mit eisernen Ringen zum Festlegen der Schiffe versehn.

Die Dimensionen der beiden Docks erscheinen hier in dieser Umgebung
mit ihren riesenhaften Verhältnissen im Grunde zwischen den berghohen Erd¬
wänden nicht allzu bedeutend; wir würden fürchten, daß sie nur für unsere
gedeckten Corvetten, nicht aber für große Panzerschiffe genügen werden,
wüßten wir nicht, daß sie bei 30 Fuß größter Wassertiefe oben 84 Fuß
Breite und 440 Fuß Länge haben, während die längsten Panzerschisse (die
englischen „Warrior" und „Black Prince") oben 420 Fuß lang, und die
breitesten Panzerschiffe (die englischen „Minotaur". „Agincourt" und „Nor-
thumberland" 69 Fuß 4-^ Zoll breit sind (unser „Wilhelm" 68 V2 Fuß)- Auch
sür das tiefstgehende Panzerschiff der Gegenwart, den englischen „Achilles"
(mit 26 Fuß 11 Zoll hinten) würden die 30 Fuß Wasser unserer beiden
Docks völlig genügen. Großartig ist der Anblick solch eines Docks in der
Bollendung, wenn es mit seinen terrassirten Steinwänden ringsum den
Beschauer umgibt, einem mächtigen antiken Amphitheater ähnlicher als irgend
einem anderen Bauwerk. Noch aber strecken sich^.die beiden Platformen un-,


Grenzboten III. 1868. 58
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/489>, abgerufen am 04.07.2024.