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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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guKi-AM polongis allerhand hübsche Gedanken fassen, aber im Raume selber
stoßen sich die Sachen sehr hart, und die deutschen Demokraten müßten sich
allmählich die Grausamkeit abgewöhnen, die Polen mit anderen als rein
menschlichen Sympathien zu verwirren, besonders sollten das Männer, die
gewohnt sind, von Freiheit und Manneswürde zu singen. Das sind Reste
vaterlandsloser Tändeleien, deren Zeit vorüber ist. --


K.


Literatur.

1869, Deutscher Kalender für Jedermann aus dem Volke von A. Bernstein.
(Berlin, Selbstverlag des Herausgebers.)

Der vor einigen Wochen erschienene Berstein'sche Kalender (wie wir glauben
möchten, der erste dieser Vorboten des Jahreswechsels, der in die Oeffentlichkeit ge¬
drungen) enthält eine Reihe naturwissenschaftlicher Aufsätze, welche mit dem Geschicke
geschrieben sind, durch welches der Herausgeber sich schon vor 18 Jahren als einer
der talentvollsten Volksschriftsteller Deutschlands hervorgethan. Wer es verstanden,
zur Zeit reactionciren Drucks durch Leitartikel über naturwissenschaftliche Fragen
seinen Namen bekannt zu machen und dadurch seinem Journal- (der Berliner Volks-
zeitung) eine für Deutschland ungewöhnliche Verbreitung zu erwerben, dem müssen
Kalenderaufsätze, wie "die Sonne und die Uhr", "die Himmelserscheinungen von
1869" , "die Wunderbauten unserer Zeit" , "die Legung des transatlantischen
Kabels" natürlich in glänzender Weise glücken. Die Darstellung ist von einer
Klarheit, Durchsichtigkeit und Einfachheit, die das Buch zu einem echten und ver¬
dienstvollen Volksbuch macht. Auch die beigefügte Uebersicht über die geschichtlichen
Ereignisse der letzten zwei Jahre wird der Mehrzahl der Leser nützlich und will¬
kommen sein. Den Aufsatz "über die Religionen der Menschen" hätte Herr Bern¬
stein sich vielleicht sparen können; zwar läßt auch dieser an Einfachheit, Bündigkeit
und Gemeinverständlichkeit nichts zu wünschen übrig, aber diese Art Dinge cow-
plicirter Natur in einfache Formeln aufzulösen, scheint uns ebensowenig die wahr¬
haft populäre d. h. dem Volk zuträgliche zu sein, wie die der Volkszeitung eigen¬
thümliche Art des politischen Raisonnements. Unwillkürlich werden wir bei jeder
Lectüre Bernstein'scher Artikel über Politik und Religion an jene Charakteristik des
Börne'schen Radicalismus erinnert, welchen Julian Schmidt in seiner Literaturge¬
schichte sehr treffend in dem Ausdruck die "Politik des Entweder-Oder" zusammen¬
gefaßt hat. Diese Art "gesunden Menschenverstands" glaubt in der That Alles
widerlegt zu haben "was ihr langweilig ist". -- Immerhin ist das Bernstein'sche
Büchlein als Quelle für naturwissenschaftliche Belehrung des Volks entschieden zü
empfehlen; Fragen dieser Art dürften kaum jemals mit gleicher Meisterschaft be¬
handelt worden sein, wie von dem Herausgeber dieses Kalenders.




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herdig. -- Druck von Hüthel Segler in Leipzig.

guKi-AM polongis allerhand hübsche Gedanken fassen, aber im Raume selber
stoßen sich die Sachen sehr hart, und die deutschen Demokraten müßten sich
allmählich die Grausamkeit abgewöhnen, die Polen mit anderen als rein
menschlichen Sympathien zu verwirren, besonders sollten das Männer, die
gewohnt sind, von Freiheit und Manneswürde zu singen. Das sind Reste
vaterlandsloser Tändeleien, deren Zeit vorüber ist. —


K.


Literatur.

1869, Deutscher Kalender für Jedermann aus dem Volke von A. Bernstein.
(Berlin, Selbstverlag des Herausgebers.)

Der vor einigen Wochen erschienene Berstein'sche Kalender (wie wir glauben
möchten, der erste dieser Vorboten des Jahreswechsels, der in die Oeffentlichkeit ge¬
drungen) enthält eine Reihe naturwissenschaftlicher Aufsätze, welche mit dem Geschicke
geschrieben sind, durch welches der Herausgeber sich schon vor 18 Jahren als einer
der talentvollsten Volksschriftsteller Deutschlands hervorgethan. Wer es verstanden,
zur Zeit reactionciren Drucks durch Leitartikel über naturwissenschaftliche Fragen
seinen Namen bekannt zu machen und dadurch seinem Journal- (der Berliner Volks-
zeitung) eine für Deutschland ungewöhnliche Verbreitung zu erwerben, dem müssen
Kalenderaufsätze, wie „die Sonne und die Uhr", „die Himmelserscheinungen von
1869" , „die Wunderbauten unserer Zeit" , „die Legung des transatlantischen
Kabels" natürlich in glänzender Weise glücken. Die Darstellung ist von einer
Klarheit, Durchsichtigkeit und Einfachheit, die das Buch zu einem echten und ver¬
dienstvollen Volksbuch macht. Auch die beigefügte Uebersicht über die geschichtlichen
Ereignisse der letzten zwei Jahre wird der Mehrzahl der Leser nützlich und will¬
kommen sein. Den Aufsatz „über die Religionen der Menschen" hätte Herr Bern¬
stein sich vielleicht sparen können; zwar läßt auch dieser an Einfachheit, Bündigkeit
und Gemeinverständlichkeit nichts zu wünschen übrig, aber diese Art Dinge cow-
plicirter Natur in einfache Formeln aufzulösen, scheint uns ebensowenig die wahr¬
haft populäre d. h. dem Volk zuträgliche zu sein, wie die der Volkszeitung eigen¬
thümliche Art des politischen Raisonnements. Unwillkürlich werden wir bei jeder
Lectüre Bernstein'scher Artikel über Politik und Religion an jene Charakteristik des
Börne'schen Radicalismus erinnert, welchen Julian Schmidt in seiner Literaturge¬
schichte sehr treffend in dem Ausdruck die „Politik des Entweder-Oder" zusammen¬
gefaßt hat. Diese Art „gesunden Menschenverstands" glaubt in der That Alles
widerlegt zu haben „was ihr langweilig ist". — Immerhin ist das Bernstein'sche
Büchlein als Quelle für naturwissenschaftliche Belehrung des Volks entschieden zü
empfehlen; Fragen dieser Art dürften kaum jemals mit gleicher Meisterschaft be¬
handelt worden sein, wie von dem Herausgeber dieses Kalenders.




Verantwortliche Redacteure: Gustav Freytag u. Julius Eckardt.
Verlag von F. L. Herdig. — Druck von Hüthel Segler in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/470>, abgerufen am 04.07.2024.