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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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loig, par ^,mgMs Inierr^)." Der Ritter, welcher so grausam prüft, kauert
im Hintergrunde erwartungsvoll am Ufer; -- das Kindchen zappelt mit
Händen und Füßen in seiner improvisirten Wiege, einem umgekehrten Schilde,
dem Wasser-Orakel preisgegeben, -- aber die Welle trägt! --

Herr Ehrmann, den wir diesmal mit Recht am Ehrenplatz wiederfin¬
den, hat jedoch alle seine Nebenbuhler an Poesie und Anmuth in seinem
"Morgenstern" überflügelt. Die leicht aufschwebende Gestalt mit den noch
traumgeküßten Augen, die unter dem Erwachen sich dehnenden Arme, welche
das lichtblaue, ins Purpurne spielende Gewand von dem elfenhafter Glieder¬
baue hinwegziehen, endlich der silberne Stern im goldenen Haar erblassend,
das schon der erste Sonnenstrahl durchspielt, erinnern an Milton's erha¬
bene Ode:


Mo? tus KriZbt morninZ Star, tus äa^s uarbinxer
Loach äanoinZ trora tlo sast.....

Wir dürfen es hier nicht versäumen auch noch Herrn Charles Marchal
unsere Huldigung darzubringen, der die naiven Sittenbilder seines Schwarz¬
waldes plötzlich verlassend in Phryne und Penelope dem pariser Tagesge¬
schmack schmeichelt, in dem er den Gegensatz einer "xranäö üawö" (an novae)
zu einer "petite Zaine" (oder nach Gautier, "ä'uns tewme comink it kaut,
zu den leinenes eomme it en kaut") -- welches heutzutage das einzige Thema aller
französischen Mode-Romane und Theaterstücke ist, durch zwei vorzüglich
concipirte Figuren in das hellste Licht stellt. Weit entfernt der antiken
Penelope zu gleichen, borgt die distinguirte junge Frau im grauen Seiden¬
kleide, die wir im Profil, stehend, mit weiblicher Arbeit und dem Portrait
des abwesenden Gatten, vor dem eine Persee blüht, beschäftigt erblicken, von
der Griechenfürstin nur den keuschen Namen und den häuslichen Fleiß.
Die moderne Phryne dagegen hat eben ein galantes "xoulot" mit fürstlichem
Wappen empfangen und rüstet sich jetzt mit allen Waffen künstlicher Reize
zur Behauptung ihrer Eroberung. Zollen wir dem brillanten Colorit und
der feinen Ironie des Herrn Zamacois hier noch einen Blick des Beifalls,
der seinen aufgeblähten Hofzwerg, zur Zeit von einem Windhunde geleitet,
die Schloßtreppe herabsteigen und die sarkastische Huldigung der Hofleute
augenscheinlich für baare Münze nehmen läßt, -- der ferner die Gourmandise
fetter spanischer Mönche beim Mahl im Refectorium, an dem auch Katzen
und Elstern theilnehmen, humoristisch geißelt.

Herr Alma-Tadema, Schüler von Seys, einer der Koryphäen der neu¬
griechischen Schule bringt uns in einem zu sehr in die Breite gedrängten
Galleriestück die Siesta eines vornehmen Griechen an der Seite seines Pä-


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loig, par ^,mgMs Inierr^)." Der Ritter, welcher so grausam prüft, kauert
im Hintergrunde erwartungsvoll am Ufer; — das Kindchen zappelt mit
Händen und Füßen in seiner improvisirten Wiege, einem umgekehrten Schilde,
dem Wasser-Orakel preisgegeben, — aber die Welle trägt! —

Herr Ehrmann, den wir diesmal mit Recht am Ehrenplatz wiederfin¬
den, hat jedoch alle seine Nebenbuhler an Poesie und Anmuth in seinem
„Morgenstern" überflügelt. Die leicht aufschwebende Gestalt mit den noch
traumgeküßten Augen, die unter dem Erwachen sich dehnenden Arme, welche
das lichtblaue, ins Purpurne spielende Gewand von dem elfenhafter Glieder¬
baue hinwegziehen, endlich der silberne Stern im goldenen Haar erblassend,
das schon der erste Sonnenstrahl durchspielt, erinnern an Milton's erha¬
bene Ode:


Mo? tus KriZbt morninZ Star, tus äa^s uarbinxer
Loach äanoinZ trora tlo sast.....

Wir dürfen es hier nicht versäumen auch noch Herrn Charles Marchal
unsere Huldigung darzubringen, der die naiven Sittenbilder seines Schwarz¬
waldes plötzlich verlassend in Phryne und Penelope dem pariser Tagesge¬
schmack schmeichelt, in dem er den Gegensatz einer „xranäö üawö" (an novae)
zu einer „petite Zaine" (oder nach Gautier, „ä'uns tewme comink it kaut,
zu den leinenes eomme it en kaut") — welches heutzutage das einzige Thema aller
französischen Mode-Romane und Theaterstücke ist, durch zwei vorzüglich
concipirte Figuren in das hellste Licht stellt. Weit entfernt der antiken
Penelope zu gleichen, borgt die distinguirte junge Frau im grauen Seiden¬
kleide, die wir im Profil, stehend, mit weiblicher Arbeit und dem Portrait
des abwesenden Gatten, vor dem eine Persee blüht, beschäftigt erblicken, von
der Griechenfürstin nur den keuschen Namen und den häuslichen Fleiß.
Die moderne Phryne dagegen hat eben ein galantes „xoulot" mit fürstlichem
Wappen empfangen und rüstet sich jetzt mit allen Waffen künstlicher Reize
zur Behauptung ihrer Eroberung. Zollen wir dem brillanten Colorit und
der feinen Ironie des Herrn Zamacois hier noch einen Blick des Beifalls,
der seinen aufgeblähten Hofzwerg, zur Zeit von einem Windhunde geleitet,
die Schloßtreppe herabsteigen und die sarkastische Huldigung der Hofleute
augenscheinlich für baare Münze nehmen läßt, — der ferner die Gourmandise
fetter spanischer Mönche beim Mahl im Refectorium, an dem auch Katzen
und Elstern theilnehmen, humoristisch geißelt.

Herr Alma-Tadema, Schüler von Seys, einer der Koryphäen der neu¬
griechischen Schule bringt uns in einem zu sehr in die Breite gedrängten
Galleriestück die Siesta eines vornehmen Griechen an der Seite seines Pä-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/361>, abgerufen am 04.07.2024.