Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.seines Meisters am Portrait einer hochgestellten Frau das Beiwerk gemalt, Wenden wir uns demnächst zu einer Salamis und Hermaphrodite von seines Meisters am Portrait einer hochgestellten Frau das Beiwerk gemalt, Wenden wir uns demnächst zu einer Salamis und Hermaphrodite von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287072"/> <p xml:id="ID_917" prev="#ID_916"> seines Meisters am Portrait einer hochgestellten Frau das Beiwerk gemalt,<lb/> und der Mann derselben, seinem Talent mißtrauend, sich unzufrieden darü¬<lb/> ber geäußert. Der in seiner Eitelkeit gekränkte Kunstjünger habe empfind¬<lb/> liche Rache gelobt, und man behauptet jetzt den frappant ähnlichen Kops der<lb/> schönen unbescholtenen Frau in der Pose einer jener losen Nymphen wie¬<lb/> der zu erkennen. Gerechtfertigter erscheint die Revanche Horace Vernet's, der<lb/> einem der Häupter der Plutokratie, welcher mit ihm um den Preis seines<lb/> Portraits feilschte, gedroht hatte, ihn jetzt umsonst malen zu wollen, wonach<lb/> er ihn lebenstreu im Ueberfall seines algierischen Lagers in Versailles unter<lb/> dem Bilde des Juden, der diebisch mit dem vollen Beutel davon schleicht,<lb/> sür immer der Nachwelt überliefert hat, — allen Anerbietungen des Gold-<lb/> sürsten unerbittlich taub, der mit der zehnfachen Summe das Auslöschen dieses<lb/> Brandmals jetzt nur allzugern erkauft hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_918" next="#ID_919"> Wenden wir uns demnächst zu einer Salamis und Hermaphrodite von<lb/> M. Col, Schüler Bougereau's. Die schöne Najade, nackt mit aufgelöstem<lb/> Haar, entschlüpft dem Waldbach, um Hermaphroditos, der sich an einem die<lb/> Quelle beschattenden Zweig hält, mit ihren Elfenarmen zu umranken und<lb/> mit ihm in Eins zusammenzufließen. Das schöne Bild hätte ebensowohl<lb/> „Der Fischer nach Göthe" betitelt sein können, wenigstens deutet der Kampf<lb/> und Schmerzensausdruck in dem Gesicht des Jünglings, ehe er sein indivi¬<lb/> duelles Leben dem verlockenden Weibe hingibt, auf eine höhere moralische<lb/> Idee. Die allzugeleckten und durch Glasur fast crystallisirten Töne des<lb/> Fleisches gehören der Unterweisung Bougerau's, der in zwei nackt schlafenden<lb/> Kindchen, hold wie Amoretten, und in einer tanzenden Hirtenfamilie wieder sein<lb/> graziöses Pastorale modulirt, so farbenfreudig, kunstgerechtund anmuthig, daß Viele<lb/> ihm nachahmen, Keiner ihn erreicht. Erwähnen wir noch in der mit einer Medaille<lb/> gekrönten „Elegie" von Parrot einer keuschen Gestalt, der die zersprungene Leier<lb/> entsunken, und die melancholisch wie eineQuelle einsam zwischen den Felsen weint;<lb/> — einer Waldnymphe, zu deren Füßen Iris sprießen, die schelmisch mit dem Eros<lb/> tändelt, von Hagrel, ein vollendet graziöses Modell, — endlich noch einer<lb/> gleichfalls gekrönten, im eleganten Stil gehaltenen Bachantin von H. Dubois,<lb/> die, mit einer emporgehobenen Traube liebäugelnd sich im Vorgenufz be¬<lb/> rauscht, während sie mit dem Thyrsusstabe rasch dahineilend die Landschaft,<lb/> die der junge Maler leider zu sehr detaillirt hat, zu beherrschen scheint, —<lb/> dann glauben wjr uns der nicht leichten Pflicht, Unverhülltes decent zu<lb/> zeigen, entledigt zu haben. Ein besonderes Lob, ehe wir dies Thema<lb/> verlassen, verdient aber noch Herrn Coningk's Bild einer jungen Mutter,<lb/> die im Gottesurtheil der Wasserprobe den Beweis ihrer ehelichen Treue er¬<lb/> wartet; weil hier der Künstler wenigstens eine glückliche Rechtfertigung ge¬<lb/> funden, uns schöne Formern schleierlos sehen zu lassen, — „o'est 1s RKill, yui</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
seines Meisters am Portrait einer hochgestellten Frau das Beiwerk gemalt,
und der Mann derselben, seinem Talent mißtrauend, sich unzufrieden darü¬
ber geäußert. Der in seiner Eitelkeit gekränkte Kunstjünger habe empfind¬
liche Rache gelobt, und man behauptet jetzt den frappant ähnlichen Kops der
schönen unbescholtenen Frau in der Pose einer jener losen Nymphen wie¬
der zu erkennen. Gerechtfertigter erscheint die Revanche Horace Vernet's, der
einem der Häupter der Plutokratie, welcher mit ihm um den Preis seines
Portraits feilschte, gedroht hatte, ihn jetzt umsonst malen zu wollen, wonach
er ihn lebenstreu im Ueberfall seines algierischen Lagers in Versailles unter
dem Bilde des Juden, der diebisch mit dem vollen Beutel davon schleicht,
sür immer der Nachwelt überliefert hat, — allen Anerbietungen des Gold-
sürsten unerbittlich taub, der mit der zehnfachen Summe das Auslöschen dieses
Brandmals jetzt nur allzugern erkauft hätte.
Wenden wir uns demnächst zu einer Salamis und Hermaphrodite von
M. Col, Schüler Bougereau's. Die schöne Najade, nackt mit aufgelöstem
Haar, entschlüpft dem Waldbach, um Hermaphroditos, der sich an einem die
Quelle beschattenden Zweig hält, mit ihren Elfenarmen zu umranken und
mit ihm in Eins zusammenzufließen. Das schöne Bild hätte ebensowohl
„Der Fischer nach Göthe" betitelt sein können, wenigstens deutet der Kampf
und Schmerzensausdruck in dem Gesicht des Jünglings, ehe er sein indivi¬
duelles Leben dem verlockenden Weibe hingibt, auf eine höhere moralische
Idee. Die allzugeleckten und durch Glasur fast crystallisirten Töne des
Fleisches gehören der Unterweisung Bougerau's, der in zwei nackt schlafenden
Kindchen, hold wie Amoretten, und in einer tanzenden Hirtenfamilie wieder sein
graziöses Pastorale modulirt, so farbenfreudig, kunstgerechtund anmuthig, daß Viele
ihm nachahmen, Keiner ihn erreicht. Erwähnen wir noch in der mit einer Medaille
gekrönten „Elegie" von Parrot einer keuschen Gestalt, der die zersprungene Leier
entsunken, und die melancholisch wie eineQuelle einsam zwischen den Felsen weint;
— einer Waldnymphe, zu deren Füßen Iris sprießen, die schelmisch mit dem Eros
tändelt, von Hagrel, ein vollendet graziöses Modell, — endlich noch einer
gleichfalls gekrönten, im eleganten Stil gehaltenen Bachantin von H. Dubois,
die, mit einer emporgehobenen Traube liebäugelnd sich im Vorgenufz be¬
rauscht, während sie mit dem Thyrsusstabe rasch dahineilend die Landschaft,
die der junge Maler leider zu sehr detaillirt hat, zu beherrschen scheint, —
dann glauben wjr uns der nicht leichten Pflicht, Unverhülltes decent zu
zeigen, entledigt zu haben. Ein besonderes Lob, ehe wir dies Thema
verlassen, verdient aber noch Herrn Coningk's Bild einer jungen Mutter,
die im Gottesurtheil der Wasserprobe den Beweis ihrer ehelichen Treue er¬
wartet; weil hier der Künstler wenigstens eine glückliche Rechtfertigung ge¬
funden, uns schöne Formern schleierlos sehen zu lassen, — „o'est 1s RKill, yui
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