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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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Kugelwechsel mit den dänischen Schiffen, ebenso wie am 19. April nach den
Manövern gegen "SMand", "Geyser" und "Holger Danske" wieder in den
Hafen zurück, dessen Schwächen sich nach dem Urtheil eines ganz competen-
ten Gewährsmannes nie nachtheiliger für die preußische Marine herausgestellt
haben als eben bei Gelegenheit dieses Krieges, in welchem Danzig außer
den eben erwähnten Rencontres keine Action der Marine zu sehen bekam.*)

Uebrigens ist für Dcmzigs Benutzung zum Kriegshafen auch der lebhafte
Verkehr der Handelsmarine äußerst störend, und selbst eine Marinestation
würde aus diesem Grunde nicht hier, sondern, wie wir oben vorschlugen,
in Oxhoft anzulegen sein.

Den besten Ueberblick über die ganze Gegend mit ihren Befestigungen,
dem unteren Lauf der Weichsel und seinen Verzweigungen gewährt wohl der
Karlsberg oder die Königshöhe bei Oliv" : während man auf dem Belvedere
mitten im Walde selbst in einem wahren Meere von Laub zu schweben scheint,
überblickt das Auge die ganze weite grüne Landschaft, durche welche sich der
Strom wie ein breites Silberband dahinzieht, bis nach dem IV- deutsche
Meilen entfernten Neufahrwasser, es erblickt den hohen hellen Thurm von
Hela, übersteht fast die ganze Danziger Bucht, auf der zu Zeiten über 40
Segel, Kauffahrer und Fischerboote zu zählen sind, und verliert sich erst
viele Meilen weiter da, wo der Horizont den blauen Spiegel der See begrenzt.
Dann wendet sich der Blick wieder dorthin zurück, von wo wir ausgegangen
sind: zu den Thürmen, der weiland Hansestadt, der späteren Handelsrepublik
dem nordischen Nürnberg oder Venedig, wie man Danzig genannt hat. Und
doch schließt jede solche Bezeichnung, die doch rühmen soll, eine Verkennung
gerade der bedeutendsten Schönheiten des Ortes' in sich. Mag auch Nürn¬
berg an Einzelschätzen der Kunst reicher sein; im Ganzen ist der Eindruck
von Danzig unendlich viel reicher und poetischer; mag Venedig, als meerum-
schlungene und meerdurchschlungene Marmorstadt prächtiger erscheinen, lieb¬
licher und frischer ist gewiß Danzig im grünen Kranze seiner Umgebung und
der Laubkronen auf Wällen und Straßen. Auch das "hundertthürmige" Prag
steht an Schönheit seiner architectonischen Physiognomie hinter dieser alten
Metropole polnischen Handelslebens und deutschen Bürgerfleißes zurück.





") Und doch hatten die Dänen zur Beobachtung der "Vineta" schon im Anfang April
auf der Höhe zwischen Hela und Rixhöft. dann bei Jershöft stets fünf Kriegsschiffe kreuzen
lassen.
Grenzboten III. 1868.42

Kugelwechsel mit den dänischen Schiffen, ebenso wie am 19. April nach den
Manövern gegen „SMand", „Geyser" und „Holger Danske" wieder in den
Hafen zurück, dessen Schwächen sich nach dem Urtheil eines ganz competen-
ten Gewährsmannes nie nachtheiliger für die preußische Marine herausgestellt
haben als eben bei Gelegenheit dieses Krieges, in welchem Danzig außer
den eben erwähnten Rencontres keine Action der Marine zu sehen bekam.*)

Uebrigens ist für Dcmzigs Benutzung zum Kriegshafen auch der lebhafte
Verkehr der Handelsmarine äußerst störend, und selbst eine Marinestation
würde aus diesem Grunde nicht hier, sondern, wie wir oben vorschlugen,
in Oxhoft anzulegen sein.

Den besten Ueberblick über die ganze Gegend mit ihren Befestigungen,
dem unteren Lauf der Weichsel und seinen Verzweigungen gewährt wohl der
Karlsberg oder die Königshöhe bei Oliv« : während man auf dem Belvedere
mitten im Walde selbst in einem wahren Meere von Laub zu schweben scheint,
überblickt das Auge die ganze weite grüne Landschaft, durche welche sich der
Strom wie ein breites Silberband dahinzieht, bis nach dem IV- deutsche
Meilen entfernten Neufahrwasser, es erblickt den hohen hellen Thurm von
Hela, übersteht fast die ganze Danziger Bucht, auf der zu Zeiten über 40
Segel, Kauffahrer und Fischerboote zu zählen sind, und verliert sich erst
viele Meilen weiter da, wo der Horizont den blauen Spiegel der See begrenzt.
Dann wendet sich der Blick wieder dorthin zurück, von wo wir ausgegangen
sind: zu den Thürmen, der weiland Hansestadt, der späteren Handelsrepublik
dem nordischen Nürnberg oder Venedig, wie man Danzig genannt hat. Und
doch schließt jede solche Bezeichnung, die doch rühmen soll, eine Verkennung
gerade der bedeutendsten Schönheiten des Ortes' in sich. Mag auch Nürn¬
berg an Einzelschätzen der Kunst reicher sein; im Ganzen ist der Eindruck
von Danzig unendlich viel reicher und poetischer; mag Venedig, als meerum-
schlungene und meerdurchschlungene Marmorstadt prächtiger erscheinen, lieb¬
licher und frischer ist gewiß Danzig im grünen Kranze seiner Umgebung und
der Laubkronen auf Wällen und Straßen. Auch das „hundertthürmige" Prag
steht an Schönheit seiner architectonischen Physiognomie hinter dieser alten
Metropole polnischen Handelslebens und deutschen Bürgerfleißes zurück.





") Und doch hatten die Dänen zur Beobachtung der „Vineta" schon im Anfang April
auf der Höhe zwischen Hela und Rixhöft. dann bei Jershöft stets fünf Kriegsschiffe kreuzen
lassen.
Grenzboten III. 1868.42
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[0355] Kugelwechsel mit den dänischen Schiffen, ebenso wie am 19. April nach den Manövern gegen „SMand", „Geyser" und „Holger Danske" wieder in den Hafen zurück, dessen Schwächen sich nach dem Urtheil eines ganz competen- ten Gewährsmannes nie nachtheiliger für die preußische Marine herausgestellt haben als eben bei Gelegenheit dieses Krieges, in welchem Danzig außer den eben erwähnten Rencontres keine Action der Marine zu sehen bekam.*) Uebrigens ist für Dcmzigs Benutzung zum Kriegshafen auch der lebhafte Verkehr der Handelsmarine äußerst störend, und selbst eine Marinestation würde aus diesem Grunde nicht hier, sondern, wie wir oben vorschlugen, in Oxhoft anzulegen sein. Den besten Ueberblick über die ganze Gegend mit ihren Befestigungen, dem unteren Lauf der Weichsel und seinen Verzweigungen gewährt wohl der Karlsberg oder die Königshöhe bei Oliv« : während man auf dem Belvedere mitten im Walde selbst in einem wahren Meere von Laub zu schweben scheint, überblickt das Auge die ganze weite grüne Landschaft, durche welche sich der Strom wie ein breites Silberband dahinzieht, bis nach dem IV- deutsche Meilen entfernten Neufahrwasser, es erblickt den hohen hellen Thurm von Hela, übersteht fast die ganze Danziger Bucht, auf der zu Zeiten über 40 Segel, Kauffahrer und Fischerboote zu zählen sind, und verliert sich erst viele Meilen weiter da, wo der Horizont den blauen Spiegel der See begrenzt. Dann wendet sich der Blick wieder dorthin zurück, von wo wir ausgegangen sind: zu den Thürmen, der weiland Hansestadt, der späteren Handelsrepublik dem nordischen Nürnberg oder Venedig, wie man Danzig genannt hat. Und doch schließt jede solche Bezeichnung, die doch rühmen soll, eine Verkennung gerade der bedeutendsten Schönheiten des Ortes' in sich. Mag auch Nürn¬ berg an Einzelschätzen der Kunst reicher sein; im Ganzen ist der Eindruck von Danzig unendlich viel reicher und poetischer; mag Venedig, als meerum- schlungene und meerdurchschlungene Marmorstadt prächtiger erscheinen, lieb¬ licher und frischer ist gewiß Danzig im grünen Kranze seiner Umgebung und der Laubkronen auf Wällen und Straßen. Auch das „hundertthürmige" Prag steht an Schönheit seiner architectonischen Physiognomie hinter dieser alten Metropole polnischen Handelslebens und deutschen Bürgerfleißes zurück. ") Und doch hatten die Dänen zur Beobachtung der „Vineta" schon im Anfang April auf der Höhe zwischen Hela und Rixhöft. dann bei Jershöft stets fünf Kriegsschiffe kreuzen lassen. Grenzboten III. 1868.42

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/355>, abgerufen am 04.07.2024.