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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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kommt dann rechts das Ende dieser grünen in der grasigen Niederung schwach
hervortretenden Befestigung und damit steigen zugleich die Wälle von Weichs el-
münde dicht vor unsern Augen empor. Während drüben auf dem linken
Ufer die Conturen des Brückenkopfes sich abzeichnen, der diesen Punkt der
Weichsel gegen Westen schützt, erhebt sich rechts am Strome das eigentliche
Weichselmünde, im Wesentlichen ein bastionirtes Viereck mit hohen grünen
Wällen, aus denen das ragende Steinmauerwerk der gleichfalls viereckigen
Reduits (Citadelle) hervor und herüber schaute, während außen noch einige
Raveline und "Deal-Lumer" die Werke verstärken. In seinem Innern aber
birgt das weitläufige Reduit auf einem weiten viereckigen Platze außer den
Kasernen und dem freundlichen Kirchthurm nur spärliche Gruppen ganz ein¬
facher Häuser für die Unterbeamten und Magazine, die sich doch in Verbin¬
dung mit den Gärtchen daran und den.hohen Laubkronen zahlreicher Bäume
malerisch genug ausnehmen, während ein uralter dicker runder Vertheidigungs¬
thurm in seinem hellen Weiß diesen Eindruck noch verstärkt. Weichselabwärts
von hier aus führt, als gedeckte Verbindung der Strandschanzen mit Weichsel¬
münde, aus dem rechten Ufer ein langer Weg zwischen zwei hohen grünen
Dämmen oder Wällen mit Saillants dahin, mit der Aussicht rechts auf
flaches Gefilde und später auch auf Binnenwasferflächen, links mit dem Blick
auf die Weichsel, die zunächst genau parallel läuft, plötzlich aber mit ihrem
Haupttheile halblinks abbiegt, also in scharfer Biegung gen Westen, während
rechts ein Nebenarm in die See geht, und durch eine Schleuse in jener
Biegung mit dem Hauptstrom in Verbindung steht. Das Delta welches beide
Arme bilden, ist die Westerplatte, eine reizende, größtentheils mit frischem
Laubwald bedeckte Insel, deren Seefront im Kriege von 1864 mit einigen
Strandschanzen bewehrt worden ist, einfachen flankirten Facen, deren Kehlen
mit Pallisaden geschlossen sind, während schwere Geschütze von den Wällen
auf die öden Dünen herabstarren und weite Aussicht auf die See bieten.
Der östliche Weichselarm, welcher die Westerplatte, diese anmuthige, gehölz¬
bedeckte Insel mitbildet, sührt auch an mehreren Schanzen vorbei, namentlich
an der starken fünfeckigen Mövenschanze, die eine gemauerte Kehle besitzt.
Der westliche, der Hauptarm dagegen bietet im Gegensatz zu dem öden Ostara
ein äußerst lebensvolles Bild: hier ist der eigentliche Haupthafen Danzigs,
wo sich im Strome Hunderte von Schiffen, größtentheils stolze dreimastige
Barkschiffe, Klipper und Briggs aneinander drängen, aus deren schwarzem
Masten- und Taugewirr bunt die Flaggen der verschiedenen Nationen flat¬
ternd hervorleuchten. Hier liegt ein Amerikaner mit stolzer Obergaffel, dort
eine Gruppe plumper schmutziger englicher Kohlenbriggs, hier lachen die hei¬
teren Flaggen Frankreichs, und dort das Savoyische Kreuz in der grünweiß-
rothen Farbe des neuen Italien. Rechts, aus der Westerplatte, von dem


kommt dann rechts das Ende dieser grünen in der grasigen Niederung schwach
hervortretenden Befestigung und damit steigen zugleich die Wälle von Weichs el-
münde dicht vor unsern Augen empor. Während drüben auf dem linken
Ufer die Conturen des Brückenkopfes sich abzeichnen, der diesen Punkt der
Weichsel gegen Westen schützt, erhebt sich rechts am Strome das eigentliche
Weichselmünde, im Wesentlichen ein bastionirtes Viereck mit hohen grünen
Wällen, aus denen das ragende Steinmauerwerk der gleichfalls viereckigen
Reduits (Citadelle) hervor und herüber schaute, während außen noch einige
Raveline und „Deal-Lumer" die Werke verstärken. In seinem Innern aber
birgt das weitläufige Reduit auf einem weiten viereckigen Platze außer den
Kasernen und dem freundlichen Kirchthurm nur spärliche Gruppen ganz ein¬
facher Häuser für die Unterbeamten und Magazine, die sich doch in Verbin¬
dung mit den Gärtchen daran und den.hohen Laubkronen zahlreicher Bäume
malerisch genug ausnehmen, während ein uralter dicker runder Vertheidigungs¬
thurm in seinem hellen Weiß diesen Eindruck noch verstärkt. Weichselabwärts
von hier aus führt, als gedeckte Verbindung der Strandschanzen mit Weichsel¬
münde, aus dem rechten Ufer ein langer Weg zwischen zwei hohen grünen
Dämmen oder Wällen mit Saillants dahin, mit der Aussicht rechts auf
flaches Gefilde und später auch auf Binnenwasferflächen, links mit dem Blick
auf die Weichsel, die zunächst genau parallel läuft, plötzlich aber mit ihrem
Haupttheile halblinks abbiegt, also in scharfer Biegung gen Westen, während
rechts ein Nebenarm in die See geht, und durch eine Schleuse in jener
Biegung mit dem Hauptstrom in Verbindung steht. Das Delta welches beide
Arme bilden, ist die Westerplatte, eine reizende, größtentheils mit frischem
Laubwald bedeckte Insel, deren Seefront im Kriege von 1864 mit einigen
Strandschanzen bewehrt worden ist, einfachen flankirten Facen, deren Kehlen
mit Pallisaden geschlossen sind, während schwere Geschütze von den Wällen
auf die öden Dünen herabstarren und weite Aussicht auf die See bieten.
Der östliche Weichselarm, welcher die Westerplatte, diese anmuthige, gehölz¬
bedeckte Insel mitbildet, sührt auch an mehreren Schanzen vorbei, namentlich
an der starken fünfeckigen Mövenschanze, die eine gemauerte Kehle besitzt.
Der westliche, der Hauptarm dagegen bietet im Gegensatz zu dem öden Ostara
ein äußerst lebensvolles Bild: hier ist der eigentliche Haupthafen Danzigs,
wo sich im Strome Hunderte von Schiffen, größtentheils stolze dreimastige
Barkschiffe, Klipper und Briggs aneinander drängen, aus deren schwarzem
Masten- und Taugewirr bunt die Flaggen der verschiedenen Nationen flat¬
ternd hervorleuchten. Hier liegt ein Amerikaner mit stolzer Obergaffel, dort
eine Gruppe plumper schmutziger englicher Kohlenbriggs, hier lachen die hei¬
teren Flaggen Frankreichs, und dort das Savoyische Kreuz in der grünweiß-
rothen Farbe des neuen Italien. Rechts, aus der Westerplatte, von dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/352>, abgerufen am 04.07.2024.