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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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Geschenke für Gropius abgezweigt wurde, vorbehaltlich des einstigen Nück-
erwerbs, wenn staatliche Interessen denselben nöthig erscheinen lassen sollten, ein
Recht, welches die Negierung bei Gelegenheit des Verkaufs im Jahre 1866
nur aus Rücksicht auf die damaligen Zeitverhältnisse ruhen ließ. Wir wün¬
schen nun freilich aufs lebhafteste, daß eine immer wachsende und großartigere
Betheiligung des Publikums dem Institut diese Uebernahme durch den Staat
fern halten und ihm seinen Charakter der Selbstverwaltung untz, Unabhängig¬
keit auch ferner wahren möge, der ihm schon jetzt in seinen Anfängen zur
eigenthümlichsten Auszeichnung vor andern künstlerischen und gewerblichen
Bildungsanstalten gereicht. Ebenso auffallend, von preußischen Gewohnheiten
abweichend, als erfreulich bleibt es übrigens, daß von Seiten des Staats
seither noch so wenig versucht worden ist, aus der Bewilligung jener 13,000
Thlr. zu Ankäufen, oder auch aus seiner allgültigen Autorität das Recht zur
Einmischung, Beaufsichtigung, Ordnung des Lehrplans u. tgi. herzuleiten.
Er ließ im Gegentheil die Begründer und Mitglieder in allen diesen Dingen
völlig frei gewähren. Wie in Bezug auf die Sammlungen hat man sich
auch hinsichtlich des Unterrichts vorläufig den verfügbaren Mitteln entspre¬
chend in bescheidenem Maßstab eingerichtet, immer so, daß mit dem Anwachsen
der letzteren auch diese gesammte Einrichtung sich fort und fort ausdehnen
kann. In den Museums- und Hörsälen, Classenräumen, Bureaux ist jede
Art von baulichen oder dekorativem Luxus streng vermieden; aber sie sind
durchweg zweckmäßig und praktisch.

Die Abtheilung der Sammlungen ist noch nicht vollständig einge¬
richtet und daher bis jetzt (Februar) dem Besuch des Publikums noch nicht
zugänglich gemacht worden. Man hatte zur Beschaffung der Objecte drei
Wege erwählt; durch Kauf, resp. Tausch und Schenkung, durch Entlehnung,
durch Ausstellung neuer Erzeugnisse seitens der sie provocirenden Gewerb-
treibenden. Auf dem ersten ist man, wie bereits oben erwähnt, nach besten
Kräften vorgegangen. Leider hat ein an die Industriellen erlassener Aufruf,
Institut durch "Ueberlassung von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Fabrik¬
proben, welche durch systematische Anordnung geeignet sind, einen Fabrikations-
ürveig zu veranschaulichen und auch als Hilfsmittel für den technologischen
Unterricht zu dienen", so gut wie gar keinen Erfolg gehabt; die Schenkungen
^schränken sich auf die von berliner Freunden des Museums seinen Samm¬
lungen hinzugebrachten Erzeugnisse verschiedener Kunstgewerbe. Auch der
zweite Weg zur Vervollständigung jener, das Leiden ganzer Sammlungen
^der einzelner wichtiger und interessanter Objecte durch reiche Privatbesitzer,
Weg, der sich in England beim South-Kensington-Museum und neuer¬
dings bei dem verwandten wiener Institut so glänzend bewährt hat, führte
bei uns bis jetzt freilich auch noch nicht zu dem gewünschten Erfolg. Aber


Geschenke für Gropius abgezweigt wurde, vorbehaltlich des einstigen Nück-
erwerbs, wenn staatliche Interessen denselben nöthig erscheinen lassen sollten, ein
Recht, welches die Negierung bei Gelegenheit des Verkaufs im Jahre 1866
nur aus Rücksicht auf die damaligen Zeitverhältnisse ruhen ließ. Wir wün¬
schen nun freilich aufs lebhafteste, daß eine immer wachsende und großartigere
Betheiligung des Publikums dem Institut diese Uebernahme durch den Staat
fern halten und ihm seinen Charakter der Selbstverwaltung untz, Unabhängig¬
keit auch ferner wahren möge, der ihm schon jetzt in seinen Anfängen zur
eigenthümlichsten Auszeichnung vor andern künstlerischen und gewerblichen
Bildungsanstalten gereicht. Ebenso auffallend, von preußischen Gewohnheiten
abweichend, als erfreulich bleibt es übrigens, daß von Seiten des Staats
seither noch so wenig versucht worden ist, aus der Bewilligung jener 13,000
Thlr. zu Ankäufen, oder auch aus seiner allgültigen Autorität das Recht zur
Einmischung, Beaufsichtigung, Ordnung des Lehrplans u. tgi. herzuleiten.
Er ließ im Gegentheil die Begründer und Mitglieder in allen diesen Dingen
völlig frei gewähren. Wie in Bezug auf die Sammlungen hat man sich
auch hinsichtlich des Unterrichts vorläufig den verfügbaren Mitteln entspre¬
chend in bescheidenem Maßstab eingerichtet, immer so, daß mit dem Anwachsen
der letzteren auch diese gesammte Einrichtung sich fort und fort ausdehnen
kann. In den Museums- und Hörsälen, Classenräumen, Bureaux ist jede
Art von baulichen oder dekorativem Luxus streng vermieden; aber sie sind
durchweg zweckmäßig und praktisch.

Die Abtheilung der Sammlungen ist noch nicht vollständig einge¬
richtet und daher bis jetzt (Februar) dem Besuch des Publikums noch nicht
zugänglich gemacht worden. Man hatte zur Beschaffung der Objecte drei
Wege erwählt; durch Kauf, resp. Tausch und Schenkung, durch Entlehnung,
durch Ausstellung neuer Erzeugnisse seitens der sie provocirenden Gewerb-
treibenden. Auf dem ersten ist man, wie bereits oben erwähnt, nach besten
Kräften vorgegangen. Leider hat ein an die Industriellen erlassener Aufruf,
Institut durch „Ueberlassung von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Fabrik¬
proben, welche durch systematische Anordnung geeignet sind, einen Fabrikations-
ürveig zu veranschaulichen und auch als Hilfsmittel für den technologischen
Unterricht zu dienen", so gut wie gar keinen Erfolg gehabt; die Schenkungen
^schränken sich auf die von berliner Freunden des Museums seinen Samm¬
lungen hinzugebrachten Erzeugnisse verschiedener Kunstgewerbe. Auch der
zweite Weg zur Vervollständigung jener, das Leiden ganzer Sammlungen
^der einzelner wichtiger und interessanter Objecte durch reiche Privatbesitzer,
Weg, der sich in England beim South-Kensington-Museum und neuer¬
dings bei dem verwandten wiener Institut so glänzend bewährt hat, führte
bei uns bis jetzt freilich auch noch nicht zu dem gewünschten Erfolg. Aber


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[0429] Geschenke für Gropius abgezweigt wurde, vorbehaltlich des einstigen Nück- erwerbs, wenn staatliche Interessen denselben nöthig erscheinen lassen sollten, ein Recht, welches die Negierung bei Gelegenheit des Verkaufs im Jahre 1866 nur aus Rücksicht auf die damaligen Zeitverhältnisse ruhen ließ. Wir wün¬ schen nun freilich aufs lebhafteste, daß eine immer wachsende und großartigere Betheiligung des Publikums dem Institut diese Uebernahme durch den Staat fern halten und ihm seinen Charakter der Selbstverwaltung untz, Unabhängig¬ keit auch ferner wahren möge, der ihm schon jetzt in seinen Anfängen zur eigenthümlichsten Auszeichnung vor andern künstlerischen und gewerblichen Bildungsanstalten gereicht. Ebenso auffallend, von preußischen Gewohnheiten abweichend, als erfreulich bleibt es übrigens, daß von Seiten des Staats seither noch so wenig versucht worden ist, aus der Bewilligung jener 13,000 Thlr. zu Ankäufen, oder auch aus seiner allgültigen Autorität das Recht zur Einmischung, Beaufsichtigung, Ordnung des Lehrplans u. tgi. herzuleiten. Er ließ im Gegentheil die Begründer und Mitglieder in allen diesen Dingen völlig frei gewähren. Wie in Bezug auf die Sammlungen hat man sich auch hinsichtlich des Unterrichts vorläufig den verfügbaren Mitteln entspre¬ chend in bescheidenem Maßstab eingerichtet, immer so, daß mit dem Anwachsen der letzteren auch diese gesammte Einrichtung sich fort und fort ausdehnen kann. In den Museums- und Hörsälen, Classenräumen, Bureaux ist jede Art von baulichen oder dekorativem Luxus streng vermieden; aber sie sind durchweg zweckmäßig und praktisch. Die Abtheilung der Sammlungen ist noch nicht vollständig einge¬ richtet und daher bis jetzt (Februar) dem Besuch des Publikums noch nicht zugänglich gemacht worden. Man hatte zur Beschaffung der Objecte drei Wege erwählt; durch Kauf, resp. Tausch und Schenkung, durch Entlehnung, durch Ausstellung neuer Erzeugnisse seitens der sie provocirenden Gewerb- treibenden. Auf dem ersten ist man, wie bereits oben erwähnt, nach besten Kräften vorgegangen. Leider hat ein an die Industriellen erlassener Aufruf, Institut durch „Ueberlassung von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Fabrik¬ proben, welche durch systematische Anordnung geeignet sind, einen Fabrikations- ürveig zu veranschaulichen und auch als Hilfsmittel für den technologischen Unterricht zu dienen", so gut wie gar keinen Erfolg gehabt; die Schenkungen ^schränken sich auf die von berliner Freunden des Museums seinen Samm¬ lungen hinzugebrachten Erzeugnisse verschiedener Kunstgewerbe. Auch der zweite Weg zur Vervollständigung jener, das Leiden ganzer Sammlungen ^der einzelner wichtiger und interessanter Objecte durch reiche Privatbesitzer, Weg, der sich in England beim South-Kensington-Museum und neuer¬ dings bei dem verwandten wiener Institut so glänzend bewährt hat, führte bei uns bis jetzt freilich auch noch nicht zu dem gewünschten Erfolg. Aber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/429>, abgerufen am 01.10.2024.