Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

keit theilweise beeinträchtigt wird, ist die Panzerung, die Deckung des Ge¬
schützes und des Schiffs gegen die Geschosse des Feindes. Und wo möglich
noch wichtiger ist die Differenz der früheren und der heutigen Kriegsschiffs¬
typen hinsichtlich des Calibers ihrer Armirung. Der leichte Kutter früherer
Zeiten mit 4 glatten Sechspsündern, und der Monitor in'it 4 glatten 480-
Pfündern sind'eben beides Kriegsschiffe von 4 Kanonen; aber welch colossaler
Unterschied ist in der Wirkungsfähigkeit beider Schiffe! Man hat vor einiger
Zeit die Abschätzung der Stärke eines Schiffs nach dem Geschoßgewicht vor¬
geschlagen, das es mit allen seinen Geschützen auf einmal zu schleudern im
Stande ist und das bei dem eben angeführten Beispiel für den Kutter
24 Pfund, für den Monitor 1V20 Pfund ergibt. Noch größer ist der Unter¬
schied, wenn man die Stärke des Schiffs nach einer Breitseite abschätzt, nach
dem Geschoßgewicht, welches das Fahrzeug nach einer Seite, auf ein Object
zu schießen vermag: der Kutter hat dann blos 12 Pfund, der Monitor 1920
Pfund, weil er, Dank seinem Pivotsystem, alle Geschütze nach einer Flanke
zu richten vermag. Aber auch dieser Maßstab genügt noch nicht völlig: denn
hierbei ist ein Factor ganz -außer Acht gelassen, der heutzutage gegenüber den
Panzerschiffen von höchster Wichtigkeit ist. Es ist für die Percusfionskraft
des Geschosses dem Panzer gegenüber durchaus nicht gleichgiltig, mit welcher
Pulverladung es geschleudert wird, und die Möglichkeit der Verwendung
einer stärkeren oder schwächeren Pulverladung hängt hauptsächlich von der
Stärke des Geschützrohres ab. Daher werden die Kanonen gleichen Calibers
noch in Nummern I--IV geschieden, je nach dem Rohrgewicht und der Fähig¬
keit, eine größere oder.geringere Pulverladung aufzunehmen. Das Rohr¬
gewicht sämmtlicher Geschütze eines Schiffs ist deshalb derjenige Factor, wel¬
cher uns den sichersten Maßstab zur Beurtheilung der Stärke seiner Armirung
geben wird. Als Einheit wollen wir dabei je 40 Centner Rohrgewicht an¬
nehmen, eine Zahl, welche dem Einheitsgeschütz von mittlerem Durchschnitts-
caliber in den früheren Segelflotten am besten entsprechen dürfte. 40 Centner
bilden außerdem nach dem Schiffsgewicht gerade zwei Tons oder eine Last
(Schiffslast), und diese "Nyhrlast" wie wir sie nennen wollen, soll den
Maßstab für die Armirungsstärke jedes Schiffs geben, wie auch die Ge-
sammtzahl derselben die Stärke der Armirung einer Flotte am anschaulichsten
darstellt. Die Anzahl der Röhrkasten jedes Schiffs werden wir deshalb auch
in der folgenden tabellarischen Uebersicht der Schiffe unserer norddeutschen
Kriegsmarine in einer besonderen Columne als Maßstab der Armirungs¬
stärke*) beifügen.



Hinsichtlich der gezogenen Geschütze und des Materials, ob Bronze, Schmiedeeisen
oder Gußstahl vergleiche unten.

keit theilweise beeinträchtigt wird, ist die Panzerung, die Deckung des Ge¬
schützes und des Schiffs gegen die Geschosse des Feindes. Und wo möglich
noch wichtiger ist die Differenz der früheren und der heutigen Kriegsschiffs¬
typen hinsichtlich des Calibers ihrer Armirung. Der leichte Kutter früherer
Zeiten mit 4 glatten Sechspsündern, und der Monitor in'it 4 glatten 480-
Pfündern sind'eben beides Kriegsschiffe von 4 Kanonen; aber welch colossaler
Unterschied ist in der Wirkungsfähigkeit beider Schiffe! Man hat vor einiger
Zeit die Abschätzung der Stärke eines Schiffs nach dem Geschoßgewicht vor¬
geschlagen, das es mit allen seinen Geschützen auf einmal zu schleudern im
Stande ist und das bei dem eben angeführten Beispiel für den Kutter
24 Pfund, für den Monitor 1V20 Pfund ergibt. Noch größer ist der Unter¬
schied, wenn man die Stärke des Schiffs nach einer Breitseite abschätzt, nach
dem Geschoßgewicht, welches das Fahrzeug nach einer Seite, auf ein Object
zu schießen vermag: der Kutter hat dann blos 12 Pfund, der Monitor 1920
Pfund, weil er, Dank seinem Pivotsystem, alle Geschütze nach einer Flanke
zu richten vermag. Aber auch dieser Maßstab genügt noch nicht völlig: denn
hierbei ist ein Factor ganz -außer Acht gelassen, der heutzutage gegenüber den
Panzerschiffen von höchster Wichtigkeit ist. Es ist für die Percusfionskraft
des Geschosses dem Panzer gegenüber durchaus nicht gleichgiltig, mit welcher
Pulverladung es geschleudert wird, und die Möglichkeit der Verwendung
einer stärkeren oder schwächeren Pulverladung hängt hauptsächlich von der
Stärke des Geschützrohres ab. Daher werden die Kanonen gleichen Calibers
noch in Nummern I—IV geschieden, je nach dem Rohrgewicht und der Fähig¬
keit, eine größere oder.geringere Pulverladung aufzunehmen. Das Rohr¬
gewicht sämmtlicher Geschütze eines Schiffs ist deshalb derjenige Factor, wel¬
cher uns den sichersten Maßstab zur Beurtheilung der Stärke seiner Armirung
geben wird. Als Einheit wollen wir dabei je 40 Centner Rohrgewicht an¬
nehmen, eine Zahl, welche dem Einheitsgeschütz von mittlerem Durchschnitts-
caliber in den früheren Segelflotten am besten entsprechen dürfte. 40 Centner
bilden außerdem nach dem Schiffsgewicht gerade zwei Tons oder eine Last
(Schiffslast), und diese „Nyhrlast" wie wir sie nennen wollen, soll den
Maßstab für die Armirungsstärke jedes Schiffs geben, wie auch die Ge-
sammtzahl derselben die Stärke der Armirung einer Flotte am anschaulichsten
darstellt. Die Anzahl der Röhrkasten jedes Schiffs werden wir deshalb auch
in der folgenden tabellarischen Uebersicht der Schiffe unserer norddeutschen
Kriegsmarine in einer besonderen Columne als Maßstab der Armirungs¬
stärke*) beifügen.



Hinsichtlich der gezogenen Geschütze und des Materials, ob Bronze, Schmiedeeisen
oder Gußstahl vergleiche unten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0348" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117352"/>
            <p xml:id="ID_952" prev="#ID_951"> keit theilweise beeinträchtigt wird, ist die Panzerung, die Deckung des Ge¬<lb/>
schützes und des Schiffs gegen die Geschosse des Feindes. Und wo möglich<lb/>
noch wichtiger ist die Differenz der früheren und der heutigen Kriegsschiffs¬<lb/>
typen hinsichtlich des Calibers ihrer Armirung. Der leichte Kutter früherer<lb/>
Zeiten mit 4 glatten Sechspsündern, und der Monitor in'it 4 glatten 480-<lb/>
Pfündern sind'eben beides Kriegsschiffe von 4 Kanonen; aber welch colossaler<lb/>
Unterschied ist in der Wirkungsfähigkeit beider Schiffe! Man hat vor einiger<lb/>
Zeit die Abschätzung der Stärke eines Schiffs nach dem Geschoßgewicht vor¬<lb/>
geschlagen, das es mit allen seinen Geschützen auf einmal zu schleudern im<lb/>
Stande ist und das bei dem eben angeführten Beispiel für den Kutter<lb/>
24 Pfund, für den Monitor 1V20 Pfund ergibt. Noch größer ist der Unter¬<lb/>
schied, wenn man die Stärke des Schiffs nach einer Breitseite abschätzt, nach<lb/>
dem Geschoßgewicht, welches das Fahrzeug nach einer Seite, auf ein Object<lb/>
zu schießen vermag: der Kutter hat dann blos 12 Pfund, der Monitor 1920<lb/>
Pfund, weil er, Dank seinem Pivotsystem, alle Geschütze nach einer Flanke<lb/>
zu richten vermag. Aber auch dieser Maßstab genügt noch nicht völlig: denn<lb/>
hierbei ist ein Factor ganz -außer Acht gelassen, der heutzutage gegenüber den<lb/>
Panzerschiffen von höchster Wichtigkeit ist. Es ist für die Percusfionskraft<lb/>
des Geschosses dem Panzer gegenüber durchaus nicht gleichgiltig, mit welcher<lb/>
Pulverladung es geschleudert wird, und die Möglichkeit der Verwendung<lb/>
einer stärkeren oder schwächeren Pulverladung hängt hauptsächlich von der<lb/>
Stärke des Geschützrohres ab. Daher werden die Kanonen gleichen Calibers<lb/>
noch in Nummern I&#x2014;IV geschieden, je nach dem Rohrgewicht und der Fähig¬<lb/>
keit, eine größere oder.geringere Pulverladung aufzunehmen. Das Rohr¬<lb/>
gewicht sämmtlicher Geschütze eines Schiffs ist deshalb derjenige Factor, wel¬<lb/>
cher uns den sichersten Maßstab zur Beurtheilung der Stärke seiner Armirung<lb/>
geben wird. Als Einheit wollen wir dabei je 40 Centner Rohrgewicht an¬<lb/>
nehmen, eine Zahl, welche dem Einheitsgeschütz von mittlerem Durchschnitts-<lb/>
caliber in den früheren Segelflotten am besten entsprechen dürfte. 40 Centner<lb/>
bilden außerdem nach dem Schiffsgewicht gerade zwei Tons oder eine Last<lb/>
(Schiffslast), und diese &#x201E;Nyhrlast" wie wir sie nennen wollen, soll den<lb/>
Maßstab für die Armirungsstärke jedes Schiffs geben, wie auch die Ge-<lb/>
sammtzahl derselben die Stärke der Armirung einer Flotte am anschaulichsten<lb/>
darstellt. Die Anzahl der Röhrkasten jedes Schiffs werden wir deshalb auch<lb/>
in der folgenden tabellarischen Uebersicht der Schiffe unserer norddeutschen<lb/>
Kriegsmarine in einer besonderen Columne als Maßstab der Armirungs¬<lb/>
stärke*) beifügen.</p><lb/>
            <note xml:id="FID_31" place="foot"> Hinsichtlich der gezogenen Geschütze und des Materials, ob Bronze, Schmiedeeisen<lb/>
oder Gußstahl vergleiche unten.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0348] keit theilweise beeinträchtigt wird, ist die Panzerung, die Deckung des Ge¬ schützes und des Schiffs gegen die Geschosse des Feindes. Und wo möglich noch wichtiger ist die Differenz der früheren und der heutigen Kriegsschiffs¬ typen hinsichtlich des Calibers ihrer Armirung. Der leichte Kutter früherer Zeiten mit 4 glatten Sechspsündern, und der Monitor in'it 4 glatten 480- Pfündern sind'eben beides Kriegsschiffe von 4 Kanonen; aber welch colossaler Unterschied ist in der Wirkungsfähigkeit beider Schiffe! Man hat vor einiger Zeit die Abschätzung der Stärke eines Schiffs nach dem Geschoßgewicht vor¬ geschlagen, das es mit allen seinen Geschützen auf einmal zu schleudern im Stande ist und das bei dem eben angeführten Beispiel für den Kutter 24 Pfund, für den Monitor 1V20 Pfund ergibt. Noch größer ist der Unter¬ schied, wenn man die Stärke des Schiffs nach einer Breitseite abschätzt, nach dem Geschoßgewicht, welches das Fahrzeug nach einer Seite, auf ein Object zu schießen vermag: der Kutter hat dann blos 12 Pfund, der Monitor 1920 Pfund, weil er, Dank seinem Pivotsystem, alle Geschütze nach einer Flanke zu richten vermag. Aber auch dieser Maßstab genügt noch nicht völlig: denn hierbei ist ein Factor ganz -außer Acht gelassen, der heutzutage gegenüber den Panzerschiffen von höchster Wichtigkeit ist. Es ist für die Percusfionskraft des Geschosses dem Panzer gegenüber durchaus nicht gleichgiltig, mit welcher Pulverladung es geschleudert wird, und die Möglichkeit der Verwendung einer stärkeren oder schwächeren Pulverladung hängt hauptsächlich von der Stärke des Geschützrohres ab. Daher werden die Kanonen gleichen Calibers noch in Nummern I—IV geschieden, je nach dem Rohrgewicht und der Fähig¬ keit, eine größere oder.geringere Pulverladung aufzunehmen. Das Rohr¬ gewicht sämmtlicher Geschütze eines Schiffs ist deshalb derjenige Factor, wel¬ cher uns den sichersten Maßstab zur Beurtheilung der Stärke seiner Armirung geben wird. Als Einheit wollen wir dabei je 40 Centner Rohrgewicht an¬ nehmen, eine Zahl, welche dem Einheitsgeschütz von mittlerem Durchschnitts- caliber in den früheren Segelflotten am besten entsprechen dürfte. 40 Centner bilden außerdem nach dem Schiffsgewicht gerade zwei Tons oder eine Last (Schiffslast), und diese „Nyhrlast" wie wir sie nennen wollen, soll den Maßstab für die Armirungsstärke jedes Schiffs geben, wie auch die Ge- sammtzahl derselben die Stärke der Armirung einer Flotte am anschaulichsten darstellt. Die Anzahl der Röhrkasten jedes Schiffs werden wir deshalb auch in der folgenden tabellarischen Uebersicht der Schiffe unserer norddeutschen Kriegsmarine in einer besonderen Columne als Maßstab der Armirungs¬ stärke*) beifügen. Hinsichtlich der gezogenen Geschütze und des Materials, ob Bronze, Schmiedeeisen oder Gußstahl vergleiche unten.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/348
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/348>, abgerufen am 03.07.2024.