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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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den Feinden auch mit Löwenmuth begegnet. An ihnen hätten selbst Ga-
muret und Parzival harte Gegner gefunden, die Herr Wolfram von Eschen¬
bach so hochgepriesen habe, obschon er keinen von ihnen je gesehen; ihm
aber, sagte Seifried, seien jene wohlbekannt gewesen. "Die Edlen klag' ich
ewiglich." So schließt er die Bilder der alten Zeit und wendet sich zur
neuen. "Doch muß ich nun erhalten mich, aus welche Art ich immer kann.
Lieber Freund, Herr Julian, komm' ich in Markt' und Städte, find' Hel¬
den ich am Brette; die raunen sich und winken. Hei, wie die Wackern
trinken, die Speerewälderbrecher! Man sieht sie volle Becher in ihren Händen
schwenken und sie-zur Tjoste senken, die ihnen nicht viel Mühe schafft- Und
wenn sie nun den Rebensaft besiegt, sieht man sie Schnippchen schlagen:
,Hurrah, Gesell, das muß ich sagen, ein edler Wein, ein schöner Fund!
Wer könnt' versagen ihm den Mund! Er ist so schneidig, lind und klar."
Gar klüglich stell' ich dann mich dar Und bringe meinen Gruß so an. Den
höre lieber Julian. Ich sag' "Von Dänemark Herr Frut, der geb' euch
ewig frohen Muth, und mög' zu diesem schönen Wein Herr Saladin euch
Glück verleihn!" (König Frut und Saladin sind die stehenden Muster und
Schutzpatrone der Freigebigkeit, der Milde.) "So grüß' ich diese werthen
Herrn. Mir sehn dich, lieber Seifried, gern/ So ruft ein frommer Knappe
mir. ,Frau, bringt ihm Wein, und kostet's vier!' Der andere läßt sich hören:
,Das sollt' mich wenig ehren, wollt' ich den Gruß ihm nicht gedenken.
Frau, heißt ihm für sechs Pfenning schenken! die nimm zu Liebe mir und
trink, mein Seifried, lieber Helbling!' Der dritte und der vierte dann die
bieten mir noch andres an. Nun steht mein Spiel so wie es soll. Und bin
ich zur Genüge voll, auf tropf ich mir das Röcklein dann. ,Jhr edlen
Herren, hört mich an: Ich kann euch gute Mähre sagen. Ich sah wohl zehen
Krämerwagen -- bei meiner Treu, 's ist ungelogen -- die auf der Kreuser'
Straße zogen. Die Ladung ist nicht gerade schwer, sie führen jetzt ihr Geld
daher für Weizen an die Ems hinaus/ Nun Julian, jetzt pass mir auf,
was sie für Namen haben, es sind gar schlaue Knaben. .Seifried, sei still,
du sprachst zu laut!' So ruft mir Künzel Unkraut. Brechenfried und Bauern¬
haß die sagen leise .Sprich und laß uns hören, was du kannst berichten-^
Der Herzog wird doch nimmer richten. Der hat soviel zu schaffen mit Laien
und mit Pfaffen; so kommt er nimmermehr dazu/ ,der läßt uns noch auf
lange Ruh. Drum laßt das Glück uns haschen!' Sprach Eilinsgrab Steh-
beiderflaschen. ,Wir wollen Eidgenossen sein. Laßt, wie sie woll'n, die
Pfaffen schrein, wir schaffen uns Gut und Gewinn. Und trat der Teufel
vor mich hin, ich schlug ihm eins in seine Kehle, He, Endohnreu und Mord-
dieseele, Auf, eure Kraft zu messen! Daß euch die Bären fressen!' ,Herr
Grollhard, hört!' sprach Knickdenriegel, ,Wenn ich nicht heut die Bauern


den Feinden auch mit Löwenmuth begegnet. An ihnen hätten selbst Ga-
muret und Parzival harte Gegner gefunden, die Herr Wolfram von Eschen¬
bach so hochgepriesen habe, obschon er keinen von ihnen je gesehen; ihm
aber, sagte Seifried, seien jene wohlbekannt gewesen. „Die Edlen klag' ich
ewiglich." So schließt er die Bilder der alten Zeit und wendet sich zur
neuen. „Doch muß ich nun erhalten mich, aus welche Art ich immer kann.
Lieber Freund, Herr Julian, komm' ich in Markt' und Städte, find' Hel¬
den ich am Brette; die raunen sich und winken. Hei, wie die Wackern
trinken, die Speerewälderbrecher! Man sieht sie volle Becher in ihren Händen
schwenken und sie-zur Tjoste senken, die ihnen nicht viel Mühe schafft- Und
wenn sie nun den Rebensaft besiegt, sieht man sie Schnippchen schlagen:
,Hurrah, Gesell, das muß ich sagen, ein edler Wein, ein schöner Fund!
Wer könnt' versagen ihm den Mund! Er ist so schneidig, lind und klar."
Gar klüglich stell' ich dann mich dar Und bringe meinen Gruß so an. Den
höre lieber Julian. Ich sag' „Von Dänemark Herr Frut, der geb' euch
ewig frohen Muth, und mög' zu diesem schönen Wein Herr Saladin euch
Glück verleihn!" (König Frut und Saladin sind die stehenden Muster und
Schutzpatrone der Freigebigkeit, der Milde.) „So grüß' ich diese werthen
Herrn. Mir sehn dich, lieber Seifried, gern/ So ruft ein frommer Knappe
mir. ,Frau, bringt ihm Wein, und kostet's vier!' Der andere läßt sich hören:
,Das sollt' mich wenig ehren, wollt' ich den Gruß ihm nicht gedenken.
Frau, heißt ihm für sechs Pfenning schenken! die nimm zu Liebe mir und
trink, mein Seifried, lieber Helbling!' Der dritte und der vierte dann die
bieten mir noch andres an. Nun steht mein Spiel so wie es soll. Und bin
ich zur Genüge voll, auf tropf ich mir das Röcklein dann. ,Jhr edlen
Herren, hört mich an: Ich kann euch gute Mähre sagen. Ich sah wohl zehen
Krämerwagen — bei meiner Treu, 's ist ungelogen — die auf der Kreuser'
Straße zogen. Die Ladung ist nicht gerade schwer, sie führen jetzt ihr Geld
daher für Weizen an die Ems hinaus/ Nun Julian, jetzt pass mir auf,
was sie für Namen haben, es sind gar schlaue Knaben. .Seifried, sei still,
du sprachst zu laut!' So ruft mir Künzel Unkraut. Brechenfried und Bauern¬
haß die sagen leise .Sprich und laß uns hören, was du kannst berichten-^
Der Herzog wird doch nimmer richten. Der hat soviel zu schaffen mit Laien
und mit Pfaffen; so kommt er nimmermehr dazu/ ,der läßt uns noch auf
lange Ruh. Drum laßt das Glück uns haschen!' Sprach Eilinsgrab Steh-
beiderflaschen. ,Wir wollen Eidgenossen sein. Laßt, wie sie woll'n, die
Pfaffen schrein, wir schaffen uns Gut und Gewinn. Und trat der Teufel
vor mich hin, ich schlug ihm eins in seine Kehle, He, Endohnreu und Mord-
dieseele, Auf, eure Kraft zu messen! Daß euch die Bären fressen!' ,Herr
Grollhard, hört!' sprach Knickdenriegel, ,Wenn ich nicht heut die Bauern


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[0334] den Feinden auch mit Löwenmuth begegnet. An ihnen hätten selbst Ga- muret und Parzival harte Gegner gefunden, die Herr Wolfram von Eschen¬ bach so hochgepriesen habe, obschon er keinen von ihnen je gesehen; ihm aber, sagte Seifried, seien jene wohlbekannt gewesen. „Die Edlen klag' ich ewiglich." So schließt er die Bilder der alten Zeit und wendet sich zur neuen. „Doch muß ich nun erhalten mich, aus welche Art ich immer kann. Lieber Freund, Herr Julian, komm' ich in Markt' und Städte, find' Hel¬ den ich am Brette; die raunen sich und winken. Hei, wie die Wackern trinken, die Speerewälderbrecher! Man sieht sie volle Becher in ihren Händen schwenken und sie-zur Tjoste senken, die ihnen nicht viel Mühe schafft- Und wenn sie nun den Rebensaft besiegt, sieht man sie Schnippchen schlagen: ,Hurrah, Gesell, das muß ich sagen, ein edler Wein, ein schöner Fund! Wer könnt' versagen ihm den Mund! Er ist so schneidig, lind und klar." Gar klüglich stell' ich dann mich dar Und bringe meinen Gruß so an. Den höre lieber Julian. Ich sag' „Von Dänemark Herr Frut, der geb' euch ewig frohen Muth, und mög' zu diesem schönen Wein Herr Saladin euch Glück verleihn!" (König Frut und Saladin sind die stehenden Muster und Schutzpatrone der Freigebigkeit, der Milde.) „So grüß' ich diese werthen Herrn. Mir sehn dich, lieber Seifried, gern/ So ruft ein frommer Knappe mir. ,Frau, bringt ihm Wein, und kostet's vier!' Der andere läßt sich hören: ,Das sollt' mich wenig ehren, wollt' ich den Gruß ihm nicht gedenken. Frau, heißt ihm für sechs Pfenning schenken! die nimm zu Liebe mir und trink, mein Seifried, lieber Helbling!' Der dritte und der vierte dann die bieten mir noch andres an. Nun steht mein Spiel so wie es soll. Und bin ich zur Genüge voll, auf tropf ich mir das Röcklein dann. ,Jhr edlen Herren, hört mich an: Ich kann euch gute Mähre sagen. Ich sah wohl zehen Krämerwagen — bei meiner Treu, 's ist ungelogen — die auf der Kreuser' Straße zogen. Die Ladung ist nicht gerade schwer, sie führen jetzt ihr Geld daher für Weizen an die Ems hinaus/ Nun Julian, jetzt pass mir auf, was sie für Namen haben, es sind gar schlaue Knaben. .Seifried, sei still, du sprachst zu laut!' So ruft mir Künzel Unkraut. Brechenfried und Bauern¬ haß die sagen leise .Sprich und laß uns hören, was du kannst berichten-^ Der Herzog wird doch nimmer richten. Der hat soviel zu schaffen mit Laien und mit Pfaffen; so kommt er nimmermehr dazu/ ,der läßt uns noch auf lange Ruh. Drum laßt das Glück uns haschen!' Sprach Eilinsgrab Steh- beiderflaschen. ,Wir wollen Eidgenossen sein. Laßt, wie sie woll'n, die Pfaffen schrein, wir schaffen uns Gut und Gewinn. Und trat der Teufel vor mich hin, ich schlug ihm eins in seine Kehle, He, Endohnreu und Mord- dieseele, Auf, eure Kraft zu messen! Daß euch die Bären fressen!' ,Herr Grollhard, hört!' sprach Knickdenriegel, ,Wenn ich nicht heut die Bauern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/334>, abgerufen am 24.08.2024.