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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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Canal bei Se> Malo, in Concarneau bei Quimper, auf den Inseln R6 und
Olvron bei La Rochelle sind derartige Anlagen gemacht und neuerdings viel
von wißbegierigen Engländern besucht worden. Was sie an diesen Versuchen
nachcchmenswerth und erfolgversprechend gefunden haben, wird gegenwärtig
sowohl in irischen Buchten und Strommündungen als auf dem unvergleich¬
lichen Austerngrunde des Themseausflusses in größerem Maßstabe zur An¬
wendung gebracht, und bei der geschäftlichen Energie, die dem Engländer
meistens eigen ist, dürfen wir bald von bedeutenden Ergebnissen zu hören
erwarten.

Mit der künstlichen Austernzucht ist es nicht ganz dasselbe, wie z. B.
mit der künstlichen Lachszucht; man kann sich der lebensfähigen Eier nicht
bemächtigen, ehe oder unmittelbar nachdem sie den Mutterleib verlassen haben,
um sie dann in eine solche Lage zu versetzen, daß sie zu selbständiger Bewe¬
gung und Ernährung heranreifen können. Aber was man vermag, ist, ihnen
die unentbehrliche Basis weiterer Entwicklung darzubieten. In den Parks
an der französischen Westküste werden zu diesem Ende Scherben aller Art
und dann hauptsächlich eine besondere Art von Ziegeln ausgelegt. Ein
Grund, der auch beim tiefsten Ebbestand noch eben mit Wasser bedeckt ist,
wird eingefriedigt durch eine niedrige Mauer von halb hohlen Ziegeln, je
vier übereinander, welche zusammen nicht höher als einen Fuß sind. Um
auf keinen Fall weggeschwemmt zu werden, sind sie mit Steinen beschwert,
Theils unter diese Ziegel, theils auf die den Grund bedeckenden Scherben
von Töpfen und anderer irdener Waare liebt es die eben ausgeschlüpfte
Auster sich niederzulassen, um den einmal gefundenen sicheren Platz freiwillig
dann nicht mehr zu verlassen. Man legte anfangs Faschinen, Reisigbündel,
hat aber bald gefunden, daß in diesen sich zu viel Schlamm ansetzte, als daß
die Brut darin hätte gedeihen sollen. Die Auster ist ein auf Reinlichkeit
haltendes, dem Glänzenden zustrebendes Thier; sie sucht als Standort mit
Vorliebe eine glatte schimmernde Fläche auf, Muschelschalen, kleine Kiesel¬
steine u. tgi. Die Ziegel der französischen Züchtungsparks, an Gestalt den
am Rhein gebräuchlichen Dachpfannen oder dem Halbschnitt einer Drainröhre
vergleichbar, sind mit einem Cement überstrichen, der sich leicht ablösen läßt,
wenn die darauf haftenden jungen Austern verpflanzt werden sollen. Wollte
man sie gleich vom Ziegel abnehmen, so liefe man Gefahr, ihre noch zarten
Schalen zu zerbrechen. Nach einiger Zeit aber müssen sie eben aus dem
Züchtungspark in den Mästungsteich, um fett genug für den Markt zu
werden. --

Von einer wirklichen Bewährung des französischen Systems zu sprechen
scheint noch zu früh. Professor Coste hat in Verbindung mit dem Dr. Kem-
merer zu Se. Martin auf der Insel R6, der die zahlreichen dortigen Austern-


Canal bei Se> Malo, in Concarneau bei Quimper, auf den Inseln R6 und
Olvron bei La Rochelle sind derartige Anlagen gemacht und neuerdings viel
von wißbegierigen Engländern besucht worden. Was sie an diesen Versuchen
nachcchmenswerth und erfolgversprechend gefunden haben, wird gegenwärtig
sowohl in irischen Buchten und Strommündungen als auf dem unvergleich¬
lichen Austerngrunde des Themseausflusses in größerem Maßstabe zur An¬
wendung gebracht, und bei der geschäftlichen Energie, die dem Engländer
meistens eigen ist, dürfen wir bald von bedeutenden Ergebnissen zu hören
erwarten.

Mit der künstlichen Austernzucht ist es nicht ganz dasselbe, wie z. B.
mit der künstlichen Lachszucht; man kann sich der lebensfähigen Eier nicht
bemächtigen, ehe oder unmittelbar nachdem sie den Mutterleib verlassen haben,
um sie dann in eine solche Lage zu versetzen, daß sie zu selbständiger Bewe¬
gung und Ernährung heranreifen können. Aber was man vermag, ist, ihnen
die unentbehrliche Basis weiterer Entwicklung darzubieten. In den Parks
an der französischen Westküste werden zu diesem Ende Scherben aller Art
und dann hauptsächlich eine besondere Art von Ziegeln ausgelegt. Ein
Grund, der auch beim tiefsten Ebbestand noch eben mit Wasser bedeckt ist,
wird eingefriedigt durch eine niedrige Mauer von halb hohlen Ziegeln, je
vier übereinander, welche zusammen nicht höher als einen Fuß sind. Um
auf keinen Fall weggeschwemmt zu werden, sind sie mit Steinen beschwert,
Theils unter diese Ziegel, theils auf die den Grund bedeckenden Scherben
von Töpfen und anderer irdener Waare liebt es die eben ausgeschlüpfte
Auster sich niederzulassen, um den einmal gefundenen sicheren Platz freiwillig
dann nicht mehr zu verlassen. Man legte anfangs Faschinen, Reisigbündel,
hat aber bald gefunden, daß in diesen sich zu viel Schlamm ansetzte, als daß
die Brut darin hätte gedeihen sollen. Die Auster ist ein auf Reinlichkeit
haltendes, dem Glänzenden zustrebendes Thier; sie sucht als Standort mit
Vorliebe eine glatte schimmernde Fläche auf, Muschelschalen, kleine Kiesel¬
steine u. tgi. Die Ziegel der französischen Züchtungsparks, an Gestalt den
am Rhein gebräuchlichen Dachpfannen oder dem Halbschnitt einer Drainröhre
vergleichbar, sind mit einem Cement überstrichen, der sich leicht ablösen läßt,
wenn die darauf haftenden jungen Austern verpflanzt werden sollen. Wollte
man sie gleich vom Ziegel abnehmen, so liefe man Gefahr, ihre noch zarten
Schalen zu zerbrechen. Nach einiger Zeit aber müssen sie eben aus dem
Züchtungspark in den Mästungsteich, um fett genug für den Markt zu
werden. —

Von einer wirklichen Bewährung des französischen Systems zu sprechen
scheint noch zu früh. Professor Coste hat in Verbindung mit dem Dr. Kem-
merer zu Se. Martin auf der Insel R6, der die zahlreichen dortigen Austern-


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[0326] Canal bei Se> Malo, in Concarneau bei Quimper, auf den Inseln R6 und Olvron bei La Rochelle sind derartige Anlagen gemacht und neuerdings viel von wißbegierigen Engländern besucht worden. Was sie an diesen Versuchen nachcchmenswerth und erfolgversprechend gefunden haben, wird gegenwärtig sowohl in irischen Buchten und Strommündungen als auf dem unvergleich¬ lichen Austerngrunde des Themseausflusses in größerem Maßstabe zur An¬ wendung gebracht, und bei der geschäftlichen Energie, die dem Engländer meistens eigen ist, dürfen wir bald von bedeutenden Ergebnissen zu hören erwarten. Mit der künstlichen Austernzucht ist es nicht ganz dasselbe, wie z. B. mit der künstlichen Lachszucht; man kann sich der lebensfähigen Eier nicht bemächtigen, ehe oder unmittelbar nachdem sie den Mutterleib verlassen haben, um sie dann in eine solche Lage zu versetzen, daß sie zu selbständiger Bewe¬ gung und Ernährung heranreifen können. Aber was man vermag, ist, ihnen die unentbehrliche Basis weiterer Entwicklung darzubieten. In den Parks an der französischen Westküste werden zu diesem Ende Scherben aller Art und dann hauptsächlich eine besondere Art von Ziegeln ausgelegt. Ein Grund, der auch beim tiefsten Ebbestand noch eben mit Wasser bedeckt ist, wird eingefriedigt durch eine niedrige Mauer von halb hohlen Ziegeln, je vier übereinander, welche zusammen nicht höher als einen Fuß sind. Um auf keinen Fall weggeschwemmt zu werden, sind sie mit Steinen beschwert, Theils unter diese Ziegel, theils auf die den Grund bedeckenden Scherben von Töpfen und anderer irdener Waare liebt es die eben ausgeschlüpfte Auster sich niederzulassen, um den einmal gefundenen sicheren Platz freiwillig dann nicht mehr zu verlassen. Man legte anfangs Faschinen, Reisigbündel, hat aber bald gefunden, daß in diesen sich zu viel Schlamm ansetzte, als daß die Brut darin hätte gedeihen sollen. Die Auster ist ein auf Reinlichkeit haltendes, dem Glänzenden zustrebendes Thier; sie sucht als Standort mit Vorliebe eine glatte schimmernde Fläche auf, Muschelschalen, kleine Kiesel¬ steine u. tgi. Die Ziegel der französischen Züchtungsparks, an Gestalt den am Rhein gebräuchlichen Dachpfannen oder dem Halbschnitt einer Drainröhre vergleichbar, sind mit einem Cement überstrichen, der sich leicht ablösen läßt, wenn die darauf haftenden jungen Austern verpflanzt werden sollen. Wollte man sie gleich vom Ziegel abnehmen, so liefe man Gefahr, ihre noch zarten Schalen zu zerbrechen. Nach einiger Zeit aber müssen sie eben aus dem Züchtungspark in den Mästungsteich, um fett genug für den Markt zu werden. — Von einer wirklichen Bewährung des französischen Systems zu sprechen scheint noch zu früh. Professor Coste hat in Verbindung mit dem Dr. Kem- merer zu Se. Martin auf der Insel R6, der die zahlreichen dortigen Austern-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/326>, abgerufen am 03.07.2024.