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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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gewicht hat, während das alte gewiß das unpraktischste aller Gewichte war,
jetzt das Handelsgewicht an Zweckmäßigkeit überflügelt. Die Decimaltheilung
ist bei ihm vollkommen durchgeführt; das Handelsgewicht jedoch laborirt
an dem unglücklichen Umstände, das man sich bei seiner Einführung nicht
hat entschließen können, von dem traditionellen Werthe des Loths noch mehr
abzuweichen, als es geschehen ist. Wenn nun auch die 30 besser ist. als die
32, so ist sie doch immer eine Zahl, die das Rechnen sehr erschwert und die
in einem guten Zahlensystem nicht vorkommen sollte. Da aber die Unter-
' abtheilungen des Loths, welche Decimaltheile desselben sind, von jenem ab¬
hängen, so muß bei Aenderung des Lothwerths auch ihr Werth ein anderer
werden. Dies wird ohne große Störung geschehen können, da Pfund und
Centner unverändert bleiben.

Um diese beiden Gewichte aber in ein Decimalsystem aufnehmen zu kön¬
nen, wird es zweckmäßig sein, Doppelpfunde und Doppelcentner hinzuzufügen.
Es ergibt sich dann auch eine vollständige Uebereinstimmung mit dem fran¬
zösischen, jetzt in allen Wissenschaften gebräuchlichen System. Ist diese aber
erreicht, so ist kein Grund vorhanden, weshalb wir die französischen Namen
annehmen sollen.

Zwischen Centner und Pfund bedarf es eines Mittelgliedes. Das alte
deutsche Gewicht hatte den Stein, und dieser Name wird sich für das ein¬
zuschiebende Zwischenglied am meisten eignen. Ein Stein würde gleich sein
20 Pfund, oder 10 Doppelpfund. Ebenso ist zwischen Pfund und Loth ein
Zwischenglied nöthig. Die Mark, das alte Silbergewicht dürfte, wenn ihr
Werth auch verändert wird, hier am bezeichnendsten sein. Die Namen für
die Unterabtheilungen des Loths, Quere und Korn, können, wenn ihre Werthe
auch kleiner werden, bleiben, da bei Einführung eines neuen Gewichts das
alte gänzlich verbannt und eine Verwechselung somit unmöglich gemacht
würde.

Das Zend, für das Hundertstel des Loths eine sehr bezeichnende Benen¬
nung, würde doch wohl besser durch einen andern Gewichtsnamen ersetzt wer¬
den, da kein Grund vorhanden ist, das Loth als Gewichtseinheit zu nehmen,
und das Hundertstel desselben Zend zu nennen, während sonst kein Gewicht
als Theil eines andern bezeichnet ist. Dazu kommt, daß das Hundertstel des
neuen Loths -- 1 Decigramm ist. Wenn man es nun mit Zend bezeich¬
nete, so würde bei Vergleichung mit dem französischen Gewicht dies zu Mi߬
verständnissen Veranlassung werden, da es nahe liegen würde, es für iden¬
tisch mit Centigramm zu halten.

An Werth am nächsten steht dem Hundertstel des neuen Loths der ab¬
geschaffte Gran des Medicinalgewichts. Er würde sich als Bezeichnung dafür
auch eignen.


gewicht hat, während das alte gewiß das unpraktischste aller Gewichte war,
jetzt das Handelsgewicht an Zweckmäßigkeit überflügelt. Die Decimaltheilung
ist bei ihm vollkommen durchgeführt; das Handelsgewicht jedoch laborirt
an dem unglücklichen Umstände, das man sich bei seiner Einführung nicht
hat entschließen können, von dem traditionellen Werthe des Loths noch mehr
abzuweichen, als es geschehen ist. Wenn nun auch die 30 besser ist. als die
32, so ist sie doch immer eine Zahl, die das Rechnen sehr erschwert und die
in einem guten Zahlensystem nicht vorkommen sollte. Da aber die Unter-
' abtheilungen des Loths, welche Decimaltheile desselben sind, von jenem ab¬
hängen, so muß bei Aenderung des Lothwerths auch ihr Werth ein anderer
werden. Dies wird ohne große Störung geschehen können, da Pfund und
Centner unverändert bleiben.

Um diese beiden Gewichte aber in ein Decimalsystem aufnehmen zu kön¬
nen, wird es zweckmäßig sein, Doppelpfunde und Doppelcentner hinzuzufügen.
Es ergibt sich dann auch eine vollständige Uebereinstimmung mit dem fran¬
zösischen, jetzt in allen Wissenschaften gebräuchlichen System. Ist diese aber
erreicht, so ist kein Grund vorhanden, weshalb wir die französischen Namen
annehmen sollen.

Zwischen Centner und Pfund bedarf es eines Mittelgliedes. Das alte
deutsche Gewicht hatte den Stein, und dieser Name wird sich für das ein¬
zuschiebende Zwischenglied am meisten eignen. Ein Stein würde gleich sein
20 Pfund, oder 10 Doppelpfund. Ebenso ist zwischen Pfund und Loth ein
Zwischenglied nöthig. Die Mark, das alte Silbergewicht dürfte, wenn ihr
Werth auch verändert wird, hier am bezeichnendsten sein. Die Namen für
die Unterabtheilungen des Loths, Quere und Korn, können, wenn ihre Werthe
auch kleiner werden, bleiben, da bei Einführung eines neuen Gewichts das
alte gänzlich verbannt und eine Verwechselung somit unmöglich gemacht
würde.

Das Zend, für das Hundertstel des Loths eine sehr bezeichnende Benen¬
nung, würde doch wohl besser durch einen andern Gewichtsnamen ersetzt wer¬
den, da kein Grund vorhanden ist, das Loth als Gewichtseinheit zu nehmen,
und das Hundertstel desselben Zend zu nennen, während sonst kein Gewicht
als Theil eines andern bezeichnet ist. Dazu kommt, daß das Hundertstel des
neuen Loths — 1 Decigramm ist. Wenn man es nun mit Zend bezeich¬
nete, so würde bei Vergleichung mit dem französischen Gewicht dies zu Mi߬
verständnissen Veranlassung werden, da es nahe liegen würde, es für iden¬
tisch mit Centigramm zu halten.

An Werth am nächsten steht dem Hundertstel des neuen Loths der ab¬
geschaffte Gran des Medicinalgewichts. Er würde sich als Bezeichnung dafür
auch eignen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/312>, abgerufen am 22.07.2024.