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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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Propaganda zu machen, von Nordamerika ganz abgesehen. Die südamerika-
nischen Republiken, deren herrschende Classen ohehin einen starken Zug nach
Paris haben, finden es gar so unmöglich nicht, den Franken zwischen den
We-ndekreisen heimisch zu machen. Die großen englischen Colonien Canada,
Australien und Indien denken über den Sovereign viel ketzerischer, als das
Mutterland und es könnte wohl sein, daß sie eines Tages entweder auf
dieses im Sinne des Anschlusses an das Goldfrankensystem zu drücken an¬
fangen, oder aber von ihrer verfassungsmäßigen Unabhängigkeit in Münz¬
sachen Gebrauch machen und allein dazu übergehen. Was endlich das pi¬
kanteste ist: nach einer Nachricht, die dem Congreß in Washington unlängst
durch einen offiziellen Bericht zuging, wünscht der Kaiser von China sein
erhabenes Bildniß an der Stelle zu sehen, wo jetzt der lorbeerumwundene
Kopf des Siegers von Magenta und Solferino prangt, d. h. auf Zwanzig¬
frankenstücken, und will diese Münzsorte daher bei den vierhundert Millionen
seiner fleißigen Unterthanen in Cours bringen. Der Napoleon hätte also
erreicht, was dem Sovereign nicht gelingen wollte: dem chinesisch-europäischen
Handel eine in beliebiger Menge zu habende Münze darzubieten, statt der
jetzt allein gangbaren alten, nicht nachgemachten Säulenpiaster. Der Ring
der werdenden Weltmünzeinheit biegt sich zusehends von beiden Seiten her
zusammen. Sehe Deutschland zu, daß es den günstigsten Augenblick für
seinen eigenen Eintritt in diesen Zusammenschluß der Völker nicht verfehle!




Wir nehmen die uns durch Abdruck des vorstehenden Artikels gebotene
Gelegenheit wahr, um die nachstehende, uns von anderer Seite her zugegan¬
gene Notiz über eine verwandte Materie, -- das Gewicht, der Oeffentlich-
keit zu übergeben.

"G. in. K. -- Im Laufe des verflossenen Jahres brachten die Grenz¬
boten eine Abhandlung über Münzen, Maße und Gewichte, welche den Ge¬
genstand mit großer Sachkenntniß behandelte. Die Nothwendigkeit und
Zweckmäßigkeit des Decimalsystems wurde in diesem Artikel aufs schlagendste
nachgewiesen, Hieran knüpfen wir die nachstehenden Zeilen, welche das Re¬
sultat einer längeren Beschäftigung mit den Gewichtssystemen insbesondere
mit Rücksicht auf das neue Medicinalgewicht sind, und welche sich auf eine
kurze Besprechung des deutschen Handelsgewichts beschränken. Ihr Zweck ist,
für die Abänderung desselben Vorschläge zu machen.

Das seit dem 1. Januar d. I. in Preußen eingeführte neue Medieinal-


Propaganda zu machen, von Nordamerika ganz abgesehen. Die südamerika-
nischen Republiken, deren herrschende Classen ohehin einen starken Zug nach
Paris haben, finden es gar so unmöglich nicht, den Franken zwischen den
We-ndekreisen heimisch zu machen. Die großen englischen Colonien Canada,
Australien und Indien denken über den Sovereign viel ketzerischer, als das
Mutterland und es könnte wohl sein, daß sie eines Tages entweder auf
dieses im Sinne des Anschlusses an das Goldfrankensystem zu drücken an¬
fangen, oder aber von ihrer verfassungsmäßigen Unabhängigkeit in Münz¬
sachen Gebrauch machen und allein dazu übergehen. Was endlich das pi¬
kanteste ist: nach einer Nachricht, die dem Congreß in Washington unlängst
durch einen offiziellen Bericht zuging, wünscht der Kaiser von China sein
erhabenes Bildniß an der Stelle zu sehen, wo jetzt der lorbeerumwundene
Kopf des Siegers von Magenta und Solferino prangt, d. h. auf Zwanzig¬
frankenstücken, und will diese Münzsorte daher bei den vierhundert Millionen
seiner fleißigen Unterthanen in Cours bringen. Der Napoleon hätte also
erreicht, was dem Sovereign nicht gelingen wollte: dem chinesisch-europäischen
Handel eine in beliebiger Menge zu habende Münze darzubieten, statt der
jetzt allein gangbaren alten, nicht nachgemachten Säulenpiaster. Der Ring
der werdenden Weltmünzeinheit biegt sich zusehends von beiden Seiten her
zusammen. Sehe Deutschland zu, daß es den günstigsten Augenblick für
seinen eigenen Eintritt in diesen Zusammenschluß der Völker nicht verfehle!




Wir nehmen die uns durch Abdruck des vorstehenden Artikels gebotene
Gelegenheit wahr, um die nachstehende, uns von anderer Seite her zugegan¬
gene Notiz über eine verwandte Materie, — das Gewicht, der Oeffentlich-
keit zu übergeben.

„G. in. K. — Im Laufe des verflossenen Jahres brachten die Grenz¬
boten eine Abhandlung über Münzen, Maße und Gewichte, welche den Ge¬
genstand mit großer Sachkenntniß behandelte. Die Nothwendigkeit und
Zweckmäßigkeit des Decimalsystems wurde in diesem Artikel aufs schlagendste
nachgewiesen, Hieran knüpfen wir die nachstehenden Zeilen, welche das Re¬
sultat einer längeren Beschäftigung mit den Gewichtssystemen insbesondere
mit Rücksicht auf das neue Medicinalgewicht sind, und welche sich auf eine
kurze Besprechung des deutschen Handelsgewichts beschränken. Ihr Zweck ist,
für die Abänderung desselben Vorschläge zu machen.

Das seit dem 1. Januar d. I. in Preußen eingeführte neue Medieinal-


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[0311] Propaganda zu machen, von Nordamerika ganz abgesehen. Die südamerika- nischen Republiken, deren herrschende Classen ohehin einen starken Zug nach Paris haben, finden es gar so unmöglich nicht, den Franken zwischen den We-ndekreisen heimisch zu machen. Die großen englischen Colonien Canada, Australien und Indien denken über den Sovereign viel ketzerischer, als das Mutterland und es könnte wohl sein, daß sie eines Tages entweder auf dieses im Sinne des Anschlusses an das Goldfrankensystem zu drücken an¬ fangen, oder aber von ihrer verfassungsmäßigen Unabhängigkeit in Münz¬ sachen Gebrauch machen und allein dazu übergehen. Was endlich das pi¬ kanteste ist: nach einer Nachricht, die dem Congreß in Washington unlängst durch einen offiziellen Bericht zuging, wünscht der Kaiser von China sein erhabenes Bildniß an der Stelle zu sehen, wo jetzt der lorbeerumwundene Kopf des Siegers von Magenta und Solferino prangt, d. h. auf Zwanzig¬ frankenstücken, und will diese Münzsorte daher bei den vierhundert Millionen seiner fleißigen Unterthanen in Cours bringen. Der Napoleon hätte also erreicht, was dem Sovereign nicht gelingen wollte: dem chinesisch-europäischen Handel eine in beliebiger Menge zu habende Münze darzubieten, statt der jetzt allein gangbaren alten, nicht nachgemachten Säulenpiaster. Der Ring der werdenden Weltmünzeinheit biegt sich zusehends von beiden Seiten her zusammen. Sehe Deutschland zu, daß es den günstigsten Augenblick für seinen eigenen Eintritt in diesen Zusammenschluß der Völker nicht verfehle! Wir nehmen die uns durch Abdruck des vorstehenden Artikels gebotene Gelegenheit wahr, um die nachstehende, uns von anderer Seite her zugegan¬ gene Notiz über eine verwandte Materie, — das Gewicht, der Oeffentlich- keit zu übergeben. „G. in. K. — Im Laufe des verflossenen Jahres brachten die Grenz¬ boten eine Abhandlung über Münzen, Maße und Gewichte, welche den Ge¬ genstand mit großer Sachkenntniß behandelte. Die Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Decimalsystems wurde in diesem Artikel aufs schlagendste nachgewiesen, Hieran knüpfen wir die nachstehenden Zeilen, welche das Re¬ sultat einer längeren Beschäftigung mit den Gewichtssystemen insbesondere mit Rücksicht auf das neue Medicinalgewicht sind, und welche sich auf eine kurze Besprechung des deutschen Handelsgewichts beschränken. Ihr Zweck ist, für die Abänderung desselben Vorschläge zu machen. Das seit dem 1. Januar d. I. in Preußen eingeführte neue Medieinal-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/311>, abgerufen am 22.07.2024.