Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.stellt, und Vitruv, selbst ein Künstler, (freilich ein sehr dummer) findet zwischen Der Verfasser handelt in diesem Abschnitt von den Arbeiten und Arbei¬ Obwohl die Römer für die Kunst nie ein wahres Verständniß gewonnen stellt, und Vitruv, selbst ein Künstler, (freilich ein sehr dummer) findet zwischen Der Verfasser handelt in diesem Abschnitt von den Arbeiten und Arbei¬ Obwohl die Römer für die Kunst nie ein wahres Verständniß gewonnen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0218" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117224"/> <p xml:id="ID_579" prev="#ID_578"> stellt, und Vitruv, selbst ein Künstler, (freilich ein sehr dummer) findet zwischen<lb/> der Schusterkunst, Walkerkunst und Baukunst keinen andern Unterschied, als<lb/> den der größern oder geringern Schwierigkeit." Der Grund der sehr ver¬<lb/> schiedenen Stellung, welche Kunst und Künstler bei Griechen und Römern<lb/> einnehmen, liegt zunächst in dem Umstände, daß in Griechenland die Kunst,<lb/> sich in dem Cultus entwickelte, in Rom aber nicht. Wie der Dichter (den<lb/> die alten Römer wie einen Bänkelsänger ansahen) den Griechen als gottbegei¬<lb/> sterter Seher gilt, so mußten die idealen Conceptionen der Maler und Bild¬<lb/> hauer, deren höchste Aufgabe die Vergegenwärtigung der Götter selbst war,<lb/> als religiöse Offenbarungen und die Künstler als Vermittler derselben be¬<lb/> trachtet werden. Malerei und Sculptur waren daher in hoher Achtung, ein<lb/> ehrenwerther Beruf freier Leute, nicht eine Beschäftigung für Sclaven. Die<lb/> römische Religion hatte dagegen ursprünglich gar keinen Zusammenhang mit<lb/> künstlerischer Darstellung (die Römer hatten lange Zeit keine Götterbilder),<lb/> und als im Laufe der Zeit griechische Göttergestalten auch in Rom Eingang<lb/> fanden, so waren dies eben fertige Kunstformen, an denen die römische Pro-<lb/> duction keinen Theil hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_580"> Der Verfasser handelt in diesem Abschnitt von den Arbeiten und Arbei¬<lb/> tern in Stein, Thon, Metall (Silber, Gold, Kupfer, Eisen, Blei) Holz, Leder<lb/> Elfenbein und Knochen, endlich Glas: also von allen Thätigkeiten, die zur<lb/> Herstellung von Wohnungen und häuslichen Einrichtungen im weitesten Um¬<lb/> fange gehören: von der Ausbeutung der Steinbrüche, dem Betrieb der<lb/> Ziegeleien auf großen Gütern (namentlich auch der Kaiser und Mitglieder<lb/> des kaiserlichen Hauses) bis zu Verfertigung der Schmuckgegenstände aller<lb/> Art, mit denen der Luxus der Kaiserzeit die Paläste decorirte.</p><lb/> <p xml:id="ID_581" next="#ID_582"> Obwohl die Römer für die Kunst nie ein wahres Verständniß gewonnen<lb/> haben, Kunst und Kunsthandwerk immer gering achteten und beides (mit<lb/> alleiniger Ausnahme der Architectur) im Ganzen den Fremden, Sclaven und<lb/> Freigelassenen überlassen blieb, so haben sie doch in großartiger Weise die<lb/> Kunst zur Erhöhung und Verfeinerung des Lebensgenusses, zur Verschönerung<lb/> der Existenz zu verwenden verstanden, und die griechische Kunst hat den un¬<lb/> geheuern Anforderungen, die an sie namentlich für decorative Zwecke gestellt<lb/> wurden, in der römischen Kaiserzeit eine Nachblüte verdankt, die bis ins<lb/> zweite Jahrhundert hinein dauerte. Die Entdeckung von Pompeji und Her-<lb/> culanum hat gelehrt, wie allgemein das Bedürfniß war, i>as Dasein durch<lb/> den Schmuck der Kunst zu veredeln, und wie dies selbst in kleineren Orten,<lb/> mit bescheidenen Mitteln erreicht wird. Ein so allgemeiner Kunstluxus war<lb/> freilich nur durch die Sclaverei möglich, welche auch in der Kunst und dem<lb/> Kunsthandwerk eine Wohlfeilheit der Arbeit bewirkte, die in der modernen<lb/> Welt undenkbar ist. Wir haben z. B. zahlreiche Angaben von Preisen für</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0218]
stellt, und Vitruv, selbst ein Künstler, (freilich ein sehr dummer) findet zwischen
der Schusterkunst, Walkerkunst und Baukunst keinen andern Unterschied, als
den der größern oder geringern Schwierigkeit." Der Grund der sehr ver¬
schiedenen Stellung, welche Kunst und Künstler bei Griechen und Römern
einnehmen, liegt zunächst in dem Umstände, daß in Griechenland die Kunst,
sich in dem Cultus entwickelte, in Rom aber nicht. Wie der Dichter (den
die alten Römer wie einen Bänkelsänger ansahen) den Griechen als gottbegei¬
sterter Seher gilt, so mußten die idealen Conceptionen der Maler und Bild¬
hauer, deren höchste Aufgabe die Vergegenwärtigung der Götter selbst war,
als religiöse Offenbarungen und die Künstler als Vermittler derselben be¬
trachtet werden. Malerei und Sculptur waren daher in hoher Achtung, ein
ehrenwerther Beruf freier Leute, nicht eine Beschäftigung für Sclaven. Die
römische Religion hatte dagegen ursprünglich gar keinen Zusammenhang mit
künstlerischer Darstellung (die Römer hatten lange Zeit keine Götterbilder),
und als im Laufe der Zeit griechische Göttergestalten auch in Rom Eingang
fanden, so waren dies eben fertige Kunstformen, an denen die römische Pro-
duction keinen Theil hatte.
Der Verfasser handelt in diesem Abschnitt von den Arbeiten und Arbei¬
tern in Stein, Thon, Metall (Silber, Gold, Kupfer, Eisen, Blei) Holz, Leder
Elfenbein und Knochen, endlich Glas: also von allen Thätigkeiten, die zur
Herstellung von Wohnungen und häuslichen Einrichtungen im weitesten Um¬
fange gehören: von der Ausbeutung der Steinbrüche, dem Betrieb der
Ziegeleien auf großen Gütern (namentlich auch der Kaiser und Mitglieder
des kaiserlichen Hauses) bis zu Verfertigung der Schmuckgegenstände aller
Art, mit denen der Luxus der Kaiserzeit die Paläste decorirte.
Obwohl die Römer für die Kunst nie ein wahres Verständniß gewonnen
haben, Kunst und Kunsthandwerk immer gering achteten und beides (mit
alleiniger Ausnahme der Architectur) im Ganzen den Fremden, Sclaven und
Freigelassenen überlassen blieb, so haben sie doch in großartiger Weise die
Kunst zur Erhöhung und Verfeinerung des Lebensgenusses, zur Verschönerung
der Existenz zu verwenden verstanden, und die griechische Kunst hat den un¬
geheuern Anforderungen, die an sie namentlich für decorative Zwecke gestellt
wurden, in der römischen Kaiserzeit eine Nachblüte verdankt, die bis ins
zweite Jahrhundert hinein dauerte. Die Entdeckung von Pompeji und Her-
culanum hat gelehrt, wie allgemein das Bedürfniß war, i>as Dasein durch
den Schmuck der Kunst zu veredeln, und wie dies selbst in kleineren Orten,
mit bescheidenen Mitteln erreicht wird. Ein so allgemeiner Kunstluxus war
freilich nur durch die Sclaverei möglich, welche auch in der Kunst und dem
Kunsthandwerk eine Wohlfeilheit der Arbeit bewirkte, die in der modernen
Welt undenkbar ist. Wir haben z. B. zahlreiche Angaben von Preisen für
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